Doppelhaushalt Oberbürgermeister von Chemnitz: "Sparmaßnahmen werden nicht ausreichen"

13. März 2025, 15:39 Uhr

Der Chemnitzer Stadtrat hat am Mittwoch den Rekordhaushalt für dieses und nächstes Jahr beschlossen, trotz eines drohenden dreistelligen Millionendefizits. Oberbürgermeister Sven Schulze (SPD) und Kämmerer Ralph Burghart (CDU) zeigten sich enttäuscht über die Beschlüsse im Stadtrat. Viele Sparvorschläge der Verwaltung bekamen keine Mehrheit in der mehr als zehnstündigen Marathonsitzung.

Ein Mann im Anzug und mit Brille kreuzt seine Hände vor dem Bauch
Sven Schulze, Oberbürgermeister von Chemnitz, sieht die Stadtratsbeschlüsse zu Sparmaßnahmen als zu wenig an. Er befürchtet, dass der Haushalt von der Landesdirektion nicht genehmigt werden wird. (Archivbild) Bildrechte: Stadt Chemnitz/Kristin Schmidt

Wir sehen das Ergebnis der Haushaltsberatungen als kritisch an.

Oberbürgermeister Sven Schulze und Kämmerer Ralph Burghart

Oberbürgermeister sieht Haushaltsgenehmigung in Gefahr

"Aller Voraussicht nach werden die beschlossenen Maßnahmen nicht für eine Genehmigung des Haushaltes ausreichen", teilten Schulze und Burghart in einer Mitteilung der Stadt mit. "Es steht daher zu befürchten, dass wir uns in einigen Wochen erneut mit Konsolidierungsmaßnahmen beschäftigen müssen."

Was bedeutet Konsolidierung? - Der Begriff Haushaltskonsolidierung oder auch Konsolidierung beschreibt alle Maßnahmen, die getroffen werden, um ein bestehendes Haushaltsdeifzit zu verringern oder ein drohendes Haushaltsdefizit abzuwenden.
- Haushaltskonsolidierungsmaßnahmen können grundsätzlich sowohl an der Einnahmen-/Ertragsseite als auch der Ausgaben-/Aufwandsseite ansetzen.
- Beispiele für einnahme-/ertragsbezogene Konsolidierungsmaßnahmen sind Steuer-, Beitrags- und Gebührenerhöhungen.
- Ausgabe-/aufwandsbezogene Maßnahmen sind beispielsweise im kommunalen Bereich die Schließung freiwilliger Einrichtungen (z.B. Theater, Museen, Hallenbäder) und die Hinauszögerung/Vermeidung von Investitionen und den damit einhergehenden Folgelasten. Quelle: Lexikon zur öffentlichen Haushalts- und Finanzwirtschaft

Warum muss die Landesdirektion einen Stadthaushalt genehmigen? (zum Ausklappen)

Die Genehmigung eines städtischen Haushalts durch die Landesdirektion Sachsen ist erforderlich, wenn bestimmte gesetzliche Vorgaben nicht eingehalten werden oder außergewöhnliche finanzielle Belastungen bestehen. Die Genehmigung erfolgt meist unter strengen Auflagen, um die zukünftige Zahlungsfähigkeit sicherzustellen:

  • Wenn eine Kommune Kredite plant, prüft die Landesdirektion die Tragfähigkeit und genehmigt diese unter Auflagen. So müssen etwa Einsparungen getroffen und Investitionen gestrichen werden.
  • Städtische Haushalte mit finanziellen Defiziten oder fehlendem Ausgleich benötigen eine Genehmigung. Das geht einher mit Auflagen zur Haushaltskonsolidierung.
  • In besonderen Krisensituationen, wie der Energiekrise oder Corona, wurden Ausnahmeregelungen genutzt, um Haushalte genehmigungsfähig zu machen.

Die jetzige Entscheidung heiße deshalb vorerst Stillstand. "Es bedeutet weitere Unsicherheit für Vereine, für Träger, für Unternehmen und für all jene, die auf eine handlungsfähige Stadt angewiesen sind", so Schulze und Burghart. Aus ihrer Sicht liege das in der Verantwortung des Stadtrates. Dieser habe auch in den vergangenen Monaten versäumt, selbst konstruktive Vorschläge für Sparmaßnahmen zu machen.

Viele beliebte Einrichtungen bleiben offen

Beschlossen wurde in der Stadtratssitzung unter anderem das Freibad Wittgensdorf, das Wildgatter und die Stadtteilbibliotheken zu erhalten. Außerdem lehnten die Stadträte es ab, die Grundsteuer, die Hundesteuer und die Elternbeiträge für Krippen, Kitas und Horte zu erhöhen.

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Die Freie Szene hatte einen großen Spar-Hammer befürchtet. Nun kommt es offenbar nicht ganz so heftig. Hanna Romanowsky fasst zusammen.

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Leipzig beschließt ebenfalls Haushalt mit Millionendefizit

Die Stadtratsfraktionen sprachen zu Beginn der Sitzung über die schwierige finanzielle Lage vieler deutscher Kommunen. Dabei ging es vor allem um die Erhöhung der Pflichtaufgaben ohne ausreichende finanzielle Ausstattung durch Land und Bund.

Im Stadtrat Leipzig wurde am Mittwoch ebenfalls ein Doppelhaushalt mit hohem Defizit beschlossen. Die Stadt hofft dennoch auf eine Genehmigung durch die Landesdirektion, weil sie eigenen Angaben zufolge zugleich ein freiwilliges Haushaltssicherungskonzept beschlossen hat. Der Landkreis Görlitz konnte sich Anfang März nicht auf einen Haushaltsbeschluss einigen.

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MDR (ali/mla)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Regionalreport aus dem Studio Chemnitz | 13. März 2025 | 14:30 Uhr

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