Einwohnerversammlung Viel Gegenwind für Windenergie im Chemnitzer Ortsteil Euba

14. Juni 2023, 19:29 Uhr

Wenn die Pläne des Dresdner Unternehmens VSB genehmigt werden, will der Windanlagenbauer im Chemnitzer Ortsteil Euba drei Windräder errichten. Mit 250 Metern Höhe wären sie die höchsten in Sachsen. Am Dienstag haben Einwohner, Investor und Verwaltung bei einer Einwohnerversammlung über das Projekt diskutiert. Da gab es viel Gegenwind, nicht nur von der gleichnamigen Bürgerinitiative.

Die Hälfte der schätzungsweise 250 interessierten Einwohnerinnen und Einwohner aus Euba mussten bei der Bürgerversammlung am Dienstag draußen zuhören. Die Fahrzeughalle der Freiwilligen Feuerwehr des Chemnitzer Ortsteils war schlicht zu klein, um alle zu fassen. Geduldig warteten die Leute auf ein Bier, eine Bratwurst und schließlich auf den Beginn der Bürgerversammlung. Eingeladen hatte der Ortschaftsrat zum Termin, bei der die Firma VSB Neue Energien Deutschland GmbH (VSB) ihr Windpark-Projekt vorstellen sollte. Anschließend sollte Zeit für Antworten auf Fragen zum Projekt sein.

Klein aber hoch: Drei Windräder, fast so hoch wie Berliner Fernsehturm

Die VSB will auf dem Katzenberg westlich des Ortes drei Windräder bauen. Die Anlagen sollen mit einer Gesamthöhe von 250 Metern fast so hoch wie der Berliner Fernsehturm werden. Nach VSB-Angaben würde die Leistung von insgesamt 19,8 Megawatt ausreichen, um 15.000 Drei-Personen-Haushalte mit Strom zu versorgen. In Euba selbst wohnen etwa 2.000 Menschen.

Projektleiter Björn Roscher verteidigte das Windkraft-Projekt und den Bürgerdialog. "Wir wollen erfahren, wo die einzelnen Sorgen und Probleme der Anwohner liegen und wollen darüber auf Augenhöhe diskutieren." Gerade im Bereich Bürgerbeteiligung ließen sich unter Umständen Kompromisse finden, um den Windenergie-Ausbau gemeinsam zu gestalten.

Wir wollen erfahren, wo die einzelnen Sorgen und Probleme der Anwohner liegen und wollen darüber auf Augenhöhe diskutieren.

Björn Roscher VSB Neue Energien Deutschland GmbH

Gegenwind erhält das Projekt aus Euba

Überall im Ort hat die Bürgerinitiative "Gegenwind Euba" gegen die geplante Windanlage plakatiert. Frank Hirsch, einer der Vertreter der Initiative, kritisiert die Kommunikation vor den geplanten Bauarbeiten. "Der Ortschaftsrat wurde nie darüber informiert, dass es schon seit April 2022 Gespräche zwischen Investor und Stadt gegeben hat." Es habe den Anschein, dass das Projekt schon im Vorfeld "in Sack und Tüten" gebracht und die Bürgerinnen und Bürger erst im Planfeststellungsverfahren kurz gehört werden sollten.

"Bedenken gibt es zum Beispiel in Sachen Nachhaltigkeit der Windkraftanlagen." Außerdem sei das Erzgebirge Weltkulturerbe. "Wenn die Anlagen in Sichtachse zur Augustusburg rund 200 Meter höher sind, ist das für uns auch nicht akzeptabel. Wir haben hier eine unberührte Natur mit vielen seltenen Tierarten." Ein Naherholungsgebiet wie das Umland von Euba mit Industrieanlagen zu bestücken, sei fehl am Platz.

Diskussion ohne greifbare Ergebnisse

Nach der Vorstellung des Windpark-Projektes durch den Investor folgte eine fast eineinhalbstündige, teils heftig geführte Diskussion, die aber nie "die Augenhöhe" vermissen ließ. Augenscheinlich waren die Betroffenen gut vorbereitet. Aber auf die konkreten Fragen der Anwohner nach Brandschutz, Schalldruck, Wertverlust ihrer Grundstücke, in den Anlagen verwendete Materialien wie Neodym oder Quecksilber und den Einfluss einer solchen Anlage auf das lokale Klima gab es aus der Sicht der Einwohnerinnen und Einwohner dann aber keine entsprechenden Antworten.

Noch seien keine konkreten Bauanträge gestellt, die eine Prüfung der einzelnen Belange durch die Verwaltung nach sich ziehen würde, hieß es mehrfach am Abend. Erst dann könnten konkrete Aussagen getroffen werden. Die abschließende Frage aus dem Publikum, wie hoch die Chance sei, das Projekt zu kippen, zeigte die Stimmungslage des Abends. Auch diese Frage blieb unbeantwortet, wurde aber mit lang anhaltendem Beifall bedacht.

Wie hoch ist die Chance, das Projekt noch zu kippen?

Frage eines Einwohners aus Euba am Ende der Einwohnerversammlung

VSB: Wir wollen im Gespräch bleiben

Am Ende des Abends sagt Björn Roscher, dass die ablehnende Reaktion der Anwohner nichts Ungewöhnliches sei. "Wir suchen aber den Kontakt mit den Leuten vor Ort." Das habe er auch den besonders betroffenen Anwohnern angeboten. "Gern hätten wir mehr unserer Expertise vorgestellt, aber das war in diesem Rahmen nur eingeschränkt möglich." Nach der Veranstaltung sei ihm auch bewusst, dass die Bürgerinitiative das Projekt verhindern wolle. "Wir wollen aber in jedem Fall im Gespräch bleiben."

Bei einer erfolgten Genehmigung rechnet die VSB mit einem Baustart in Euba Ende 2026. Das Dresdner Unternehmen hat in Sachsen weitere Windkraft-Standorte geplant, so zum Beispiel südlich von Geithain und im Elterleiner Ortsteil Hermannsdorf. Bisher hat das Unternehmen nach eigenen Angaben in Sachsen 66 Anlagen in Betrieb genommen, die eine Leistung von reichlich 100 Megawatt erbringen.

MDR (tfr)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Regionalnachrichten aus dem Studio Chemnitz | 14. Juni 2023 | 12:30 Uhr

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