Welttag der Buchhandlungen Vom Bücherfreund zum Buchhändler: Die Geschichte von "Lessing und Kompanie"
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08. Oktober 2023, 08:00 Uhr
Deutschlandweit nehmen rund acht Millionen Menschen über 14 Jahren täglich ein Buch zur Hand. Einige dieser Bücher werden in Chemnitz bei "Lessing und Kompanie" verkauft. Doch die kleine Buchhandlung ist längst mehr als "nur" ein Laden. Zum Welttag der Buchhandlungen hat sich MDR SACHSEN mit dem Inhaber Klaus Kowalke getroffen.
Mitten auf dem Kaßberg in Chemnitz liegt die Buchhandlung "Lessing und Kompanie". Seit 15 Jahren leben Klaus Kowalke und seine Frau hier ihre Leidenschaft für Literatur. "Es fing eigentlich als lustige Idee unter Freunden an", erzählt Kowalke. "Wir wohnen genau gegenüber und haben immer auf diesen leerstehenden Laden geschaut." Ihm habe immer eine gut sortierte Buchhandlung vor Ort gefehlt und da er selbst in Berlin in der Verlagsebene tätig war, lag die Idee nahe, einfach selbst aktiv zu werden.
"Eine Buchhandlung muss voll sein"
Im Verkaufsraum gibt es für Bücherwürmer viel zu entdecken. Ob Belletristik, Kinder- oder Sachbücher, Kowalke will eine große Auswahl bieten. "Eine Buchhandlung muss voll sein", sagt er. "Der Kunde muss aus dem Vollen schöpfen können." Alles, was nicht im Laden vorrätig sei, könne umgehend bestellt werden. Auch eine kleine Sitzecke findet sich im Laden, wo die Kunden bei einer kostenfreien Tasse Tee oder Kaffee in Ruhe schmökern können. "Das führt aber manchmal zu lustigen Missverständnissen", erzählt Kowalke. "Manche wollten dann auch noch ein Stück Kuchen bestellen."
Für Themen begeistern, an die die Kunden selbst nicht gedacht haben
Doch wie kann eine kleine Buchhandlung überleben, wenn es in der gleichen Stadt auch Standorte von großen Ketten gibt? "Wir konkurrieren nicht mit Thalia", erzählt Kowalke. "Die haben eine völlig andere Zielgruppe." In seiner Buchhandlung gebe es viele Bücher von kleinen unabhängigen Verlagen, die die Kunden gar nicht so auf dem Schirm haben. Sich ein Stammpublikum aufzubauen, sei aber ein steiniger Weg gewesen und genug Umsatz zum Leben zu erwirtschaften, habe lange gedauert. "Ich versuche die Leute für Themen zu begeistern, an die sie selbst gar nicht gedacht haben", sagt er. Und für seine Empfehlungen bekomme er oft sehr positive Rückmeldungen.
Die eigentliche Schwierigkeit sei der Trend, nur noch digital einzukaufen. "Aber es gibt auch viele junge Leute, die ganz bewusst im Einzelhandel kaufen", sagt Kowalke. "Ihnen ist bewusst, dass die Innenstädte sonst irgendwann leer sind."
Ich wünsche mir, dass die Kunden wieder Zeit und Muße zum Entdecken und Stöbern finden.
Trotzdem hat "Lessing und Kompanie" auch einen eigenen Webshop, bei dem die Kunden sich die Bücher entweder schicken lassen oder sie vor Ort im Laden abholen können. "Viele kaufen nachts online ein", erzählt Kowalke. "Aber das Stöbern vor Ort nimmt leider immer mehr ab. Obwohl einige Kunden dann beim Abholen zugeben, dass eine Beratung beim Kauf besser gewesen wäre." Eine Buchhandlung böte Orientierung im großen Angebot. Sein Hauptwunsch sei es, dass die Kunden zum Entdecken und Stöbern wieder Zeit und Muße fänden.
Lesungen und Konzerte vor der Tür
Neben dem regulären Buchverkauf zeichnet sich "Lessing und Kompanie" vor allem durch seine zahlreichen Veranstaltungen aus. Rund zehn Lesungen finden pro Jahr in einem kleinen Raum für knapp 30 Gäste statt. Außerdem gibt es seit der Corona-Pandemie den "Freitagsluk". "Das fing an, als in der Pandemie die Musiker nicht mehr regulär auftreten konnten", erzählt Kowalke. Kurzerhand wurden auf dem Platz vor der Buchhandlung Stühle aufgestellt, um mit Abstand Musik an der frischen Luft genießen zu können.
Aus dem wöchentlichen Konzert ist inzwischen eine monatliche Veranstaltung von Mai bis September geworden. "Die Musiker sind fast alle von der Philhamonie", sagt Kowalke. Für den "Freitagsluk" spielen sie Rock, Pop, Klezmer, Jazz oder Blues. Rund 80 bis 100 Gäste kommen jedes Mal vor der Buchhandlung zusammen und entlohnen die Musiker mit einer Spende in den Hut.
Einhundert Meter Weihnachtsmarkt
Außerdem kam Kowalke mit anderen Händlern vor zehn Jahren auf die Idee, einen kleinen Weihnachtsmarkt im Wohngebiet zu etablieren. Einhundert-Meter-Weihnachtsmarkt nennt sich die Veranstaltung, die einmal im Jahr an einem Tag stattfindet. "Zunächst waren es es wirklich nur 100 Meter, auf denen der Markt stattgefunden hat, daher kommt der Name", sagt er. "Mittlerweile sind wir etwas gewachsen und der Markt zieht sich fast über die gesamte Länge der Franz-Mehring-Straße." Seit 2018 gibt es auch eine Sommerausgabe.
Treibende Kraft hinter den Veranstaltungen sei seine Frau. "Ich muss sie manchmal sogar ein bisschen bremsen", lacht Kowalke. "Aber bestimmte Sachen macht man, weil man sie selbst toll findet." Insgesamt brauche man viel Leidenschaft, um eine Buchhandlung zu führen.
MDR (ali)