Halsbrecherische Manöver Auf alten Holzbrettern den Hang runter: Beim Nostalgie-Skirennen am Fichtelberg
Hauptinhalt
26. März 2023, 13:01 Uhr
Holprige Holzbretter, historische Hüte und kuriose Klamotten - das alles gab es am Samstag am Fichtelberg zu sehen. Auf dem Haupthang fährt schon seit einigen Tage keiner mehr Ski. Für das Nostalgie-Skirennen wurden die letzten Schneereste zusammengekratzt.
- Beim 7. Nostalgie-Skirennen am Fichtelberg sind 69 Teilnehmerinnen und Teilnehmer dabei.
- Katrin Nestler traut sich mit langem Rock und schickem Hut auf die Piste.
- Die Holz-Ski von Stefan Groß sind mindestens 100 Jahre alt.
Am Fichtelberg ist mehr grün als weiß zu sehen. Das Thermometer zeigt Plusgrade und der Skihang wurde bereits vor einigen Tagen offiziell geschlossen. Trotzdem soll das Nostalgie-Skirennen stattfinden. Am Abend vor dem Rennen wurden alle Schneereste zusammengekratzt, um zumindest eine 300 Meter lange Strecke zu präparieren. Diese ist damit zwar rund 100 Meter kürzer als im Vorjahr, aber alle Anwesenden sind sichtlich froh, dass das Rennen stattfinden kann.
Bereits um 11 Uhr haben sich viele Menschen in historischer Kleidung, die oft an die 1920er-Jahre erinnert, am Fuß des Skihangs versammelt. An dem Rennen teilnehmen darf nur, wer Holz-Ski mit oder ohne Stahlkanten und mit originaler Seilzug- oder Lederriemenbindung dabei hat. Außerdem sind Schnürschuhe Pflicht. Moderne Ski und Skistiefel sind an diesem Tag tabu. Insgesamt 69 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus der Region, aber auch aus Berlin, Frankfurt/Oder und aus der Nähe von München sind dabei.
Erstes Nostalgierennen vor neun Jahren
Ausgedacht hat sich das Ganze Michael Süß von der Vereinigten Skischule Oberwiesenthal vor neun Jahren. "Wir hatten damals Jubiläen der Skischule und der Schwebebahn und haben gedacht, dass dazu ein historisches Nostalgierennen passt", erzählt er. "Außerdem gibt es in Oberwiesenthal seit vielen Jahren eine Gruppe, die sich mit alten Skitraditionen beschäftigt."
Natürlich hat sich auch Süß dem Motto entsprechend herausgeputzt. Seinen Anzug hat er aus seinem mittlerweile sehr großen Fundus geholt. "Beim ersten Rennen musste ich noch suchen, aber dann hat es sich herumgesprochen und viele bieten mir seitdem alte Dinge von ihrem Dachboden an", erzählt er. Aus seiner großen Sammlung verleiht er auch Sachen und Ausrüstung an das Team seiner Skischule. Viele von ihnen sind beim Rennen dabei.
Mit Hut und Rock auf der Skipiste
Katrin Nestler und ihre Mitstreiter sind ein echter Hingucker. Sie sind mit einem alten VW Bully angereist und posieren davor für Erinnerungsfotos. Sie ist zum zweiten Mal beim Nostalgie-Rennen dabei. Sichtlich stolz präsentiert sie ihr Outfit, das sie von Verwandten und Freunden bekommen hat. "Im Erzgebirge findet man überraschend viel auf Dachböden", erzählt sie lachend. Ihr erklärtes Ziel ist es, in diesem Jahr schneller als im letzten den Hang herunterzusausen. "Ich habe extra schon einmal vorher am Hang geübt", verrät sie.
"Man hat einfach nicht den gleichen Halt wie auf modernen Ski", sagt Nestler. Trotzdem traut sie sich mit schickem Hut statt Helm und mit langem Rock statt Skihose auf die Piste. "Ich fahre ja sonst auch Ski und mir geht es nicht ums Gewinnen", sagt sie. "Es geht nur um den Gaudi." Die Männer ihrer Gruppe seien da ehrgeiziger. Sie sei eher vorsichtig und selbst so bleibe ein gewisses Restrisiko.
100 Jahre alte Skier am Start
Risikofreudig ist auch der 73 Jahre alte Stefan Groß eingehen. Er ist von Anfang an jedes Jahr beim Rennen dabei und sehr stolz auf seine Holzskier. "Die sind geerbt und mindestens 100 Jahre alt", erzählt er. Das Einstellen der Lederbindung gehe inzwischen schnell. "Meine Schuhgröße bleibt ja gleich über die Jahre", lacht er. Die Strecke schätzt er als machbar aber schwer ein. "Ich mache aber mit, solange ich noch fit bin", so Groß. Das gehöre für ihn als Erzgebirger einfach dazu. Die Zeit beim Rennen sei ihm egal, solange er ohne Schaden unten ankommt.
Nix Skilift: Zu Fuß den Hang hinauf
Zuerst müssen aber alle Skifahrer zu Fuß den Hang durch Matsch und Schneereste hinauf. Der Skilift fährt nicht mehr und die Piste ist nur am unteren Teil des Hanges. Die Rennstrecke ist auch kürzer und schmaler als sonst. Für mehr hat der Schnee nicht gereicht. Da heißt es Daumen drücken, dass niemand über die Kurven hinausschießt.
Doch alle Fahrer erweisen sich als alte Hasen und auch wenn es einige Stürze gibt, hat sich am Ende niemand verletzt. Die Zuschauer bejubeln laut jeden Zieleinlauf. Und auch Katrin Nestler und Stefan Groß laufen sichtlich stolz, ohne Sturz und mit viel Spaß ins Ziel.
MDR (ali)
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Regionalnachrichten aus dem Studio Chemnitz | 24. März 2023 | 17:30 Uhr