Zwei Frauen und ein Mann stehen in einem Laden und blicken in die Kamera und lächeln.
Elke und Stefan Schädlich mit Gabriele Günther (li.), einer ihrer treuen Stammkundinnen. Bildrechte: MDR/Matthias Wetzel

Nachfolger gefunden Schuh-Schädlich in Aue: Geschäftsaufgabe, aber kein Ende

01. Juli 2024, 19:31 Uhr

Schuhe kauft man in Aue schon seit 125 Jahren im Geschäft der Familie Schädlich. Der Laden am Markt hat alle Höhen und Tiefen der jüngeren deutschen Geschichte mitgemacht. Jetzt gehen die Inhaber, Elke und Stefan Schädlich, in den Ruhestand - Schuhmode wird es hier aber weiter geben.

"Irgendwann ist halt mal Schluss", lacht Stefan Schädlich. Der 74-Jährige steht heute das letzte Mal "dienstlich" in seinem Laden. Gerade hat er den symbolischen Schlüssel an seine Nachfolgerin übergeben und nun kann der Rentner wirklich ins Leben eines Ruheständlers starten. Ehefrau Elke ist ebenso gut drauf. Denn das traditionsreiche Geschäft "Schuhmoden Schädlich" wird es weiterhin geben. Nur jetzt eben unter der neuen Chefin Arite Mayhof-Plewe.

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Stefan Schädlich hat sein Schuhgeschäft in dritter Generation geführt. Jetzt hören er und seine Frau auf. Trotzdem geht es weiter.

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Textilien und Schuhe - die ideale Kombination

Dass sie den Laden übernehmen würde, war ziemlich naheliegend. Und das im Wortsinne. Denn ihr Modegeschäft ist der Nachbarladen von Schädlichs: "Wir kennen und schätzen uns seit Jahren. Und als die beiden mir sagten, sie suchen jemanden, der das Geschäft übernimmt, musste ich überhaupt nicht überlegen. Erfahrungen als Geschäftsfrau habe ich und das Angebot von 'Schuhmoden Schädlich' ergänzt ideal die Ware in unserem Modegeschäft." Bammel habe sie keinen, denn der Laden laufe gut und sie bekomme zwei erfahrene Mitarbeiterinnen und - nicht zu vergessen - eine treue Stammkundschaft.

Ich musste überhaupt nicht überlegen.

Arite Mayhof-Plewe neue Chefin von "Schuhmoden Schädlich"

Zwei Frauen und ein Mann stehen vor einem Schaufenster. Eine Frau übergibt einen großen Schlüssel aus Metall.
Für Nachbarin Arite Mayhof-Plewe (li.) ist die Übernahme des Traditionsgeschäfts der Schädlichs die perfekte Ergänzung zu ihrem eigenen Laden. Bildrechte: MDR/Matthias Wetzel

Traurig und froh

Für Elke Schädlich waren zwei Punkte wichtig: Dass die Tradition von 125 Jahren "Schuhmoden Schädlich" fortgeführt wird und dass ihre zwei Mitarbeiterinnen ihren Job behalten. Manuela Seidel ist seit ihrer Lehrzeit in Schädlichs Schuhladen. "Das ist jetzt 33 Jahre her, Wahnsinn", sagt sie.

"Heute bin ich traurig und froh zugleich. Leider hören die Schädlichs auf, aber ich freue mich auch, dass es weitergeht, denn ich liebe meine Arbeit. Das hier ist mehr als ein Job." Das sieht auch die scheidende Chefin so: Elke Schädlich will auch in Zukunft hin und wieder hinter der Ladentheke stehen, wenn mal "Not am Mann" ist.

Die Schädlichs sind eine Institution.

Heinrich Kohl Oberbürgermeister von Aue-Bad Schlema

Bilder vom Anfang des 20. Jahrhunderts in einem Fotoalbum
1909 eröffnete Hermann Schädlich seinen Schuhladen am Marktplatz von Aue. Bildrechte: MDR/Matthias Wetzel

OB Kohl: Schaffen günstiges Umfeld

"Schuhmoden Schädlich" ist offenbar mehr als ein normaler Schuhladen. Denn auch der Oberbürgermeister von Aue-Bad Schlema ist mit einem Strauß Blumen angerückt. "Die Schädlichs sind eine Institution", erklärt Heinrich Kohl. Deshalb sei es schön, dass diese Nachfolge-Lösung gefunden worden sei.

Auch Aue kämpfe mit den Problemen des Einzelhandels: "Wir brauchen eine lebendige Innenstadt. Aber das Rathaus kann den Leuten nicht verbieten, im Internet einzukaufen. Wir können nur günstige Rahmenbedingungen für unsere Händler schaffen." So sei ein großer Supermarkt im Zentrum und nicht auf der grünen Wiese angesiedelt worden, der Markt wurde neu gestaltet und zweimal im Jahr gebe es ein besonderes Verkaufsevent in der Stadt.

Das Rathaus kann den Leuten nicht verbieten, im Internet einzukaufen. Wir können nur günstige Rahmenbedingungen für unsere Händler schaffen.

Heinrich Kohl Oberbürgermeister von Aue-Bad Schlema

Gute Qualität und schwaches Netz

Auch viele Stammgäste sind gekommen. Gabriele Günther ist schon seit Jahren Kundin bei den Schädlichs. "Ich bin froh, dass es weitergeht", sagt die 72-Jährige. "Es ist sicher etwas teurer als bei den Schuhdiscountern, dafür bekommt man hier Top Beratung und Qualität."

Auch für Frieder Flechsig ist der Laden am Markt von Aue die erste Adresse: "Ich unterstütze den Einzelhandel. Und: Schuhe muss man anprobieren. Ich bestelle mir doch nicht online drei verschiedene Größen, um zwei wieder zurückzuschicken. Das ist doch ökologischer Wahnsinn." Außerdem sei das Internet bei ihm in Lößnitz viel zu schlecht, lacht Flechsig.

Bilder aus den 1970er Jahren in einem Fotoalbum.
Stefan Schädlich hat viele Fotos aus der Geschichte des Familiengeschäftes gesammelt. Bildrechte: MDR/Matthias Wetzel

Jedes Ende ist ein neuer Anfang

Für die Schädlichs geht eine Ära zu Ende. Stefan Schädlich steht seit seiner Lehrzeit Ende der 1960er Jahre hinter der Ladentheke. Seither haben er und seine Frau alles dem Geschäft untergeordnet. Jetzt will sich das Ehepaar um die Familie und den Garten kümmern und einige Reisen unternehmen. "Die Decke wird uns nicht auf den Kopf fallen", sind sie sich sicher.

Jetzt blättern sie aber nochmal in ihrem alten Fotoalbum. Bilder von Großvater Hermann, der den Laden 1909 gründete, aus den Nachkriegsjahren und der DDR, als der Laden mit der HO zusammenarbeitete. "Wir haben die beiden Weltkriege überstanden, die DDR-Planwirtschaft, die Euroeinführung und sogar die Corona-Zeit. Schön, dass es mit 'Schuhmoden Schädlich' weitergeht."

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