Tradition Wie das Schnitzen ins Erzgebirge kam
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02. Dezember 2023, 13:30 Uhr
Wo hat das Schnitzen seinen Ursprung und wann ist es entstanden? Die Holzexponate sind heute Volkskunst und in vielen Weihnachtsstuben alljährlich ein Muss. Typisch erzgebirgisch sind dabei vor allem die Motive, das Handwerk selbst ist viel älter und existiert wohl, seit die Menschheit Werkzeuge zur Holzbearbeitung besitzt. Das Erzgebirge war da noch vom Miriquidi-Urwald bedeckt und nicht besiedelt.
Für einen neugeborenen Buben wird ein Bergmann ins Fenster gestellt, für ein Mädchen ein Engel. So verraten die Fenster in der Adventszeit im Erzgebirge viel über die Familien, die in den Häusern wohnen. Viele der hölzernen Figuren sind gedrechselt, typisch Erzgebirge eben. Aber auch geschnitzte Figuren sind lange schon Volkskunst im Erzgebirge. Aber wie ist diese Tradition entstanden?
Schnitzkunst im Erzgebirge wohl nicht bergmännischen Ursprungs
Wie und wann die Schnitzkunst ins Erzgebirge kam, lässt sich nicht mehr mit Sicherheit sagen, erklärt Karsten Jahnke. Der wissenschaftliche Mitarbeiter im Museum für Sächsische Volkskunst in Dresden erzählt MDR SACHSEN, dass die "ältesten, in etwa datierbaren Figuren im Bestand des Museums vermutlich aus dem Raum Freiberg stammen - entstanden in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts". Es handelt sich um zwei Bergmannsleuchter.
Natürlich können auch Bergmänner geschnitzt haben, vor allem im Nebenerwerb, doch nicht alles kommt vom Bergwerk her und auch jede andere Person konnte mit dem Schnitzen Geld verdienen, übrigens auch Frauen.
Vermutlich gibt es ältere Krippenschnitzereien aus dem böhmischen Erzgebirge. Namentlich bekannt sind keine Schnitzkünstler aus jener Zeit. Jahnke ist sich aber sicher, dass es in diesem Fall keine Bergleute waren.
Hohe Zeit des Figurenschnitzens begann vor weniger als 100 Jahren
Figürlich geschnitzt habe die Menschheit, seit Bearbeitungsgerät (Stein, Metall) und Material (Holz, Knochen, Elfenbein etc.) gleichzeitig zur Hand waren, wie ungezählte prähistorische Funde belegen, erläutert Jahnke. Zu einem wahren Boom des Schnitzens kam es im Erzgebirge erst im 20. Jahrhundert, zunächst befördert durch die diversen Schnitz- und Krippenvereine, die es seit dem ausgehenden 19. Jahrhundert gibt.
Mit den beiden "Feierohm-Schauen" in den Jahren 1937 in Schwarzenberg und 1938 in Schneeberg verhalfen seinerzeit die Nationalsozialisten der erzgebirgischen Volkskunst und dem Schnitzen zu einem weiteren, zu dem bis heute entscheidenden Boom, so der Wissenschaftler.
Von Kirchenschmuck und Holzmöbeln zu Weihnachtsfiguren
Schnitzen ist vor allem im Westerzgebirge verbreitet, während das Drechseln zuerst im Osterzgebirge aufkam. Auch das Fertigen von Holzspielzeug hat im östlichen Erzgebirge seinen Ursprung. Erste Schnitzarbeiten, so vermutet der Fachmann, waren Figuren vor allem für Kirchen und aufwändigere Möbelstücke aus der Hand von Holzbildhauern.
MDR (lam)