Wintersport versus Klimaschutz Mitten im Sommer: Streit in sächsischer Regierung um Schneekanonen
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30. Juni 2023, 19:30 Uhr
Mit 4,9 Millionen Euro will Sachsen den organisierten Wintersport unterstützen. Doch ein geplantes Sonderprogramm für das Jahr 2023 trifft auf Widerstand. Das Umweltministerium hat eine erste Kabinettsvorlage dazu abgelehnt und konkrete Auflagen für den Klimaschutz angemahnt. Besonders kritisch sieht die Behörde demnach die Investitionen in Beschneiungsanlagen.
- Das sächsische Innenministerium will den Wintersport im Jahr 2023 mit einer zusätzlichen Millionensumme fördern.
- Das Umweltministerium hat in einem internen Brief die fehlenden Umweltauflagen bei der Förderung des Wintersports kritisiert.
- Besonders eine Einrichtung zur künstlichen Beschneiung stößt im sächsischen Umweltministerium auf wenig Zustimmung.
Das Land Sachsen will seine Wintersportorte mit knapp fünf Millionen Euro im Jahr 2023 unterstützen. Das hat Sachsens Innen- und Sportminister Armin Schuster (CDU) am Dienstagabend mitgeteilt. Mithilfe eines "Sonderprogrammes für den organisierten Wintersport" sollen seinen Worten zufolge in erster Linie Sportstätten des Spitzensports gefördert werden. Zuvor gab es nach Informationen von MDR SACHSEN Streit um die Klimafreundlichkeit der einzelnen Vorhaben.
Umweltministerium mahnt Klimaschutzregeln an
Wie aus einem dem MDR vorliegenden Schreiben des sächsischen Umweltministeriums (Smekul) an das Ministerium Schusters hervorgeht, hatte Smekul-Staatssekretär Gerd Lippold zunächst seine Unterschrift unter eine Kabinettsvorlage zum Förderprogramm verweigert. Als Begründung nannte Lippold ungenügende Vorgaben für den Klimaschutz und die Energieeffizienz. Demnach sah er besonders eine Förderung von Beschneiungsanlagen kritisch.
Millionen Euro für Scheekanonen im Erzgebirge
Das von Schuster verkündete Förderprogramm sieht mehr als 2,5 Millionen Euro für eine Erweiterung der Beschneiungsanlage samt Schneiwasserteichspeicher des Wintersportclubs Erzgebirge Oberwiesenthal vor. Insgesamt sollen laut Schuster fünf Wintersporteinrichtungen gefördert und damit auch "Wintersportler, Vereine und der Tourismus gestärkt" werden.
Was fördert das "Sonderprogramm organisierter Wintersport"?
- Bobbahn Altenberg: 328.000 Euro für Kurvenüberdachung
- Biathlonarena Altenberg: 600.000 Euro für behindertengerechten Ausbau
- Fichtelbergschanze: 450.000 Euro für eine neue Stromschiene für die Aufstiegshilfe
- Vogtland Arena: 800.000 Euro für Ausbau, Reparatur- und Sanierungsarbeiten auch an der Beschneiungsanlage und der Vogtlandschanze
Quelle: Sächsische Staatsregierung
Konkrete Klimavorgaben fehlen
Das Umweltministerium wünsche sich für die Vorhaben konkrete Aussagen und Auflagen zum Umgang mit dem Klimawandel, heißt es in Lippolds Schreiben. Auf Anfrage von MDR SACHSEN wollte ein Smekul-Sprecher "keine laufenden Mitzeichnungsverfahren kommentieren". Inzwischen hat es offenbar eine Einigung gegeben. Laut Sportminister Schuster will Sachsen von 2024 bis 2027 durch das Sonderprogramm weitere 33 Millionen Euro in Sachsens Wintersport investieren.
Moderne Beschneiungsanlagen sind heute durchaus sehr nachhaltig. Außerdem entfallen weite Fahrten für Sportler und Touristen in die Wintersportgebiete der Alpen oder ähnliche Gebiete. Damit sparen wir so viel CO2.
Bürgermeister: Künstlicher Schnee "überlebensnotwendig"
Laut Altenbergs Bürgermeister Markus Wiesenberg (CDU) sind Beschneiungsanlagen für Sachsens Wintersportgebiete "überlebensnotwendig". Ohne sie könne man "heute keinen organisierten Wintersport und Tourismus mehr anbieten", sagte Wiesenberg MDR SACHSEN. Schneekanonen könnten demnach "durchaus sehr nachhaltig" sein. Wiesenberg zufolge ersparen sie Sportlern und Touristen weite Fahrten etwa in die Alpen und damit auch CO2.
Ministerium: Fördergeld bereit zur Auszahlung
Die eingeplanten Mittel für das Wintersport-Sonderprogramm sind im aktuellen Haushalt eingeplant. Sie stehen nach der Freigabe am vergangenen Dienstag durch das Kabinett zur Verfügung, sagte eine Sprecherin des sächsischen Innenministeriums MDR SACHSEN. Die Mittelempfänger erhalten demnach nun einen rechtskräftigen Zuwendungsbescheid. "Damit entsteht ein Auszahlungsanspruch, den sie dann auch direkt abfordern können", sagte die Sprecherin. Dem Vernehmen nach habe das Smekul zuletzt seine Einwände nicht mehr vorgebracht.
MDR (wim)/dpa
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Regionalnachrichten aus dem Studio Chemnitz | 28. Juni 2023 | 06:30 Uhr