Kliniken in Sorge Erzgebirgsklinikum ist in finanzieller Notlage
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26. Juli 2024, 19:38 Uhr
Die wirtschaftliche Situation der Krankenhäuser in Deutschland hat sich nicht verbessert. Fast alle klagen über zu wenig Geld, viele sehen sogar eine Insolvenz auf sich zukommen. Hier reiht sich auch eine aktuelle Videobotschaft des Chefs des Erzgebirgsklinikums ein. Zum Jahresende könnte das Klinikum pleite sein.
- Das Erzgebirgskrankenhaus ist wegen gestiegener Kosten in finanzieller Schieflage.
- Der Geschäftsführung sieht einen Kostenfaktor etwa im aktuellen Tarifvertrag.
- Für die Gewerkschaft Verdi sind nicht die Tarife, sondern die chronische Unterfinanzierung der Kliniken das Problem.
Das Erzgebirgskrankenhaus mit den Standorten Annaberg-Buchholz, Zschopau, Olbernhau und Stollberg ist in finanzielle Schieflage geraten. Die Kosten bei Löhnen und Energie seien seit der Corona-Pandemie stark gestiegen, sagte der Geschäftsführer des Erzgebirgsklinikums, Marcel Koch. "Die Energiepreise, Sachkosten und Tarife sind stärker gestiegen als die Vergütung der Krankenhäuser", erklärte er dazu.
Dreiviertel der deutschen Krankenhäuser schlittern Koch zufolge in eine ähnliche Situation. "Die Not der Krankenhäuser hat sich dramatisch vergrößert."
Sanierungskonzept wird Ende August bekannt
Um diese Probleme anzugehen, will Koch bis Ende August ein Sanierungskonzept mit drei Schwerpunkten vorlegen. Das Konzept solle speziell auf jedes der Häuser zugeschnitten sein. So gebe es noch Potenzial bei der Betten-Belegung, weil nicht alle Kliniken ausgelastet seien.
Die Not der Krankenhäuser hat sich dramatisch vergrößert.
Kostensenkungen sorgen für Diskussionen
Als weiteren Schwerpunkt nannte Koch Kostensenkungen: "Ich glaube, wegen des Aspekts der Kostensenkung gibt es jetzt gerade Unruhe im Unternehmen." Mit dem gegenwärtigen Personalbestand könnten 1.000 Patienten mehr pro Jahr behandelt werden, erklärte Koch. Es kämen aber immer weniger Patienten.
Das habe zur Folge, dass manche Beschäftigten viel arbeiten, andere Klinik-Mitarbeiter dagegen nicht ausgelastet seien, meinte Koch. Außerdem sei der aktuelle Tarifvertrag des Öffentlichen Dienstes für das Erzgebirgsklinikum zu teuer.
Verdi: Unterfinanzierung der Kliniken ist Schuld an Schieflage
Dieses Argument lässt der Verdi-Gewerkschaftssekretär Robin Rottloff nicht gelten: "Das ist nichts, wofür Tarifverträge verantwortlich sind. Die Unterfinanzierung ist verantwortlich dafür, dass es den Kliniken so schlecht geht und nicht die Tarifverträge."
Die Unterfinanzierung ist verantwortlich dafür, dass es den Kliniken so schlecht geht und nicht die Tarifverträge.
Die Tarifverträge enthalten Rottloff zufolge angemessene Ansprüche für eine anspruchsvolle Arbeit, bei der die Beschäftigten an ihre Belastungsgrenze gingen. "Wir haben keine Fantasie-Tarifverträge, die utopische Gehälter beinhalten, wir haben auch keine utopischen Forderungen", sagte Rottloff.
Beschäftigte sollten nicht wieder auf Gehalt verzichten müssen
Die Verantwortung für die prekäre Lage dürfe nicht auf die Beschäftigten abgewälzt werden. "Wir sehen es nicht ein, dass die Beschäftigten, wieder auf etwas verzichten sollen, obwohl sie seit Jahren durch Gehaltsverzicht sparen", erklärte Rottloff.
Wichtig sei, dass die Politik endlich für eine angemessene finanzielle Ausstattung der Kliniken sorge. Verdi werde nun ein Schreiben an alle Fraktionen des Erzgebirgs-Kreistages schicken, mit der Bitte, sich zum Thema zu positionieren. kündigte der Gewerkschafter Rottloff an.
Fronten verhärtet wegen offenen Brief
Zuvor hatten sich die Fronten zwischen der Gewerkschaft Verdi und der Klinik-Leitung verhärtet. Mitarbeiter des Erzgebirgsklinikums hatten einen offenen Brief mit Unterstützung von Verdi an Erzgebirgs-Landrat Rico Anton (CDU) geschrieben, um auf ihre Lage aufmerksam zu machen und um Unterstützung gebeten.
Klinik-Geschäftsführer Marcel Koch reagierte auf diesen mit einer Video-Botschaft auf Youtube, mit der Aussage, dass dieser Brief vor "Un- und Halbwahrheiten" nur so strotzen würde. So sei unter anderem die Aussage falsch, dass der Landrat die Tarifautonomie in Frage gestellt habe. "Dazu hatte er sich gar nicht geäußert", so Koch.
Rico Anton habe sein Unverständnis zeigen wollen, dass die Beschäftigten eines Klinikums in wirtschaftlicher Notlage nach nur einem Tag Tarifverhandlungen im Mai gestreikt hatten, erklärt Koch.
MDR (phb/mwa/sdo)
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN | MDR SACHSENSPIEGEL | 26. Juli 2024 | 19:00 Uhr