Antje Erhard, ARD-Börse
Antje Erhard berichtet für die ARD von der Börse in Frankfurt. Bildrechte: ARD-Finanzredaktion/Rüdiger Jürgensen

Verkauf von Krypto-Währung Ist Sachsen schuld am Bitcoin-Kursrutsch?

10. Juli 2024, 17:17 Uhr

Kryptowährungen gehören eher nicht zum Tagesgeschäft der sächsischen Staatsregierung. Momentan ist das aber anders. Weil Sachsens Justiz in einem Strafverfahren 50.000 Bitcoin sichergestellt hat. Ein Teil der Coins im aktuellen Wert von 2,6 Milliarden Euro ist offenbar auf den Markt gelangt. Welche Auswirkungen der massenhafte Verkauf auf den Bitcoin-Kurs hat, erklärt ARD-Börsenexpertin Antje Erhard im Interview.

Hat der Verkauf der vom Freistaat Sachsen sichergestellten Bitcoin den aktuellen Kursrutsch ausgelöst?

Antje Erhard: Zumindest ist der Freistaat Sachsen mit daran beteiligt, dass der Bitcoin-Kurs gefallen ist. Im Januar hatten Behörden sage und schreibe 50.000 Bitcoin sichergestellt. Die hatten einem illegalen Downloadportal namens movie2k gehört, das illegal Kopien von Filmen und TV-Serien verkauft hatte. Die Betreiber hatten die Einnahmen in Bitcoin investiert. Irgendwann sind sie aufgeflogen und einer von ihnen hat die Bitcoins dann an das Bundeskriminalamt übertragen.

Zu der Zeit hatte ein Bitcoin einen Wert von ungefähr 40.000 Euro. Damit war im Januar dieses Jahres das gesamte Paket etwa zwei Milliarden Euro wert. Aber der Bitcoinpreis stieg und stieg. Auf über 70.000 Dollar Anfang Juni. Und: knickte dann plötzlich ein. Auslöser einerseits: Die sächsische Regierung, die begonnen hatte Bitcoins zu verkaufen. Seit Mitte Juni rund 10.000 Bitcoin.

Auf der Analyseplattform Arkham kann man deren Transaktionen tatsächlich nachvollziehen - und Arkham bestätigte auch auf dem Kurznachrichtendienst X, ehemals Twitter, entsprechende Transaktionen. Arkham beobachtet Krypto-Konten sogenannter Wale.

Was sind denn Wale?

Wale sind Konten mit vielen Bitcoins. Das sind so viele, dass Käufe oder Verkäufe kursbewegend sind. Die Dresdner Generalstaatsanwaltschaft ist nun so ein Wal. Ein weiterer Grund für den Kursrutsch findet sich in Japan: Die Krypto-Börse Mt. Gox aus Japan, früher eine der größten Handelsplattformen für Krypto-Währungen der Welt, zahlt seinen einstigen Kunden Bitcoins zurück. "Einstige" deshalb, weil Mt. Gox seit 2014 pleite ist.

Der Insolvenzverwalter, so berichten verschiedene Medien, zahlt ihnen 140.000 Bitcoin aus. Die Kunden von Mt. Gox bekommen damit zwar nur einen Bruchteil ihrer Bitcoins zurück, aber die sind jetzt viel mehr wert. Ende 2014 kostete ein Bitcoin 320 US-Dollar. Jetzt sind es 57.000 Dollar. Wir sprechen also von Bitcoins im Wert von über acht Milliarden Dollar.

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Ist mit anhaltenden Verkäufen des Bitcoins zu rechnen?

Die Angst am Krypto-Markt ist, dass die einstigen Kunden von Mt. Gox ihre Bitcoins tatsächlich verkaufen. Acht Milliarden - das wäre ein Drittel dessen, was ungefähr pro Tag weltweit an Bitcoin gehandelt wird. Wobei man davon ausgehen kann, dass jetzt nicht alle ihre Krypto-Bestände verkaufen, aber ja, es werden einige auf den Markt kommen.

Offensichtlich wird aber auch der Freistaat Sachsen nach und nach die sichergestellten Bitcoins weiter veräußern. Normalerweise machen gerade große Akteure so was über einen Zeitraum von ein bis zwei Jahren, ganz vorsichtig. Das federt große Kursschwankungen ab. Aber Staaten oder Behörden haben mit solchen Dingen meist keine Erfahrung. Schließlich sind sie keine Vermögensverwalter. Deshalb betreten sie häufig Neuland und probieren erst einmal aus, wie es funktioniert.

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Der Preisverfall beim Bitcoin wird also weitergehen?

Grundsätzlich ist es das normale Spiel aus Angebot und Nachfrage. Und wo viel Angebot ist, fällt der Preis. Der Kryptomarkt ist da keine Ausnahme. Langfristig dürften die Verkäufe keinen anhaltenden Preisverfall nach sich ziehen. Das hat die Vergangenheit gezeigt, als größere Mengen Kryptos aus Insolvenzen auf den Markt gekommen sind. Außerdem ist das Ganze an den Börsen - wie man in der Fachsprache sagt - schnell eingepreist, also in den Kursen berücksichtigt.

Die Kursentwicklung von Krypto-Währungen wie dem Bitcoin hängt aber von ganz vielen Faktoren ab. Dazu gehört die Angst, dass der Bitcoin verboten werden könnte. Das erscheint derzeit aber unwahrscheinlich. Ein weiterer Einflussfaktor ist die Angst, dass eine andere Krypto-Währung den Bitcoin ablöst. Aber auch hier ist derzeit keine Krypto-Währung angetan, die Akzeptanz des Bitcoins zu brechen. Auch Konjunkturdaten wie die Inflation und Entscheidungen der Notenbanken beeinflussen Krypto-Kurse. Und Achtung: Krypto-Währungen schwanken stark im Wert, das muss man aushalten können.

Worauf sollten Anleger achten, die in Bitcoin investieren wollen?

Investments in Krypto-Währungen sind sehr spekulativ und damit sehr risikoreich. Krypto-Währungen schwanken stark. Dessen müssen sich Anleger bewusst sein. Manchmal genügt ein Tweet eines Prominenten wie Tesla-Chef Elon Musk, um den Kurs zu beeinflussen. Grundsätzlich kann man einen kleinen Teil des Vermögens in Krypto-Währungen investieren. Eine praktikable Regel ist hier: Investiere nur so viel, dass Du mit einem Verlust des gesamten Geldes leben kannst. Ob jemand in Kryptos investieren möchte oder nicht, muss jeder selbst entscheiden. Eine verlässliche Altersvorsorge sind sie nicht. Aber sie können einen kleinen Teil im Depot ausmachen.

MDR (sth)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Radioreport | 10. Juli 2024 | 13:02 Uhr

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