Flutprognose Darum war das Neißehochwasser schneller in Görlitz als erwartet
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20. September 2024, 05:00 Uhr
Die Prognosen des Landeshochwasserzentrums von Sachsen treffen so ziemlich ins Schwarze. Für Einsatzkräfte sind sie ein wichtiger Anhaltspunkt, um beim Hochwasserschutz zur rechten Zeit am rechten Ort zu sein. In Görlitz allerdings musste die Feuerwehr ordentlich auf die Tube drücken: Der Scheitel des Hochwassers kam zweieinhalb Stunden eher als über das Frühwarnsystem angekündigt. Warum?
Die Einsatzkräfte von Görlitz haben in der Nacht vom Sonntag auf Montag einen kleinen Hochwasserkrimi erlebt. Nach Prognosen des sächsischen Landeshochwasserzentrums sollte der Scheitelpunkt des Neißehochwassers am Montag gegen 10 Uhr die Stadt passieren. Doch die Fluten kamen schneller.
Viel Wasser aus Witka-Stausee abgelassen
"Wir haben die Landestalsperrenverwaltung in der Nacht noch gebeten, Kontakt mit Polen aufzunehmen", sagte Kreisbrandmeister Björn Mierisch MDR SACHSEN. Daraufhin erhielt er die Information, dass beim grenznahen Witka-Stausee deutlich mehr Wasser abgelassen wurde. "Da wurde uns klar: Die Welle ist viel eher bei uns." Es sei für seine Leute sportlich geworden, die ganzen Sachen noch zu regeln, so Mierisch.
Da wurde uns klar: Die Welle ist viel eher bei uns.
Der höchste Wasserstand wurde in Görlitz bereits am Montagmorgen um 7:30 Uhr mit 5,57 Meter gemessen. Einen großen Einfluss hatten Wassermengen aus der Witka. Das ist ein Nebenfluss der Neiße, der aus Polen kommt und beim Tagebau Turów zu einem See angestaut ist. Bei starken Regenfällen trägt er große Wassermassen in die Neiße hinein. Das war auch am Wochenende der Fall.
Messpegel in Polen fiel aus
Problematisch wurde allerdings, dass ein wichtiger Messstand auf polnischer Seite von Sonnabend auf Sonntag mehr als 24 Stunden ausfiel. "Die Datenübertragung vom Pegel Reczyn an der Witka hatte am 14. September um 6:30 Uhr ausgesetzt. Am 15. September 12:10 Uhr begann die Datenfernübertragung wieder", teilte das Landeshochwasserzentrum auf Anfrage mit.
Übermittelte Wassermengen "unplausibel niedrig"
Um die Flut dennoch abschätzen zu können, kontaktierten die Hydrologen ihre polnischen Kollegen in Breslau. Die wichtigste Frage war dabei, wieviel Wasser aus dem Witka-Stausee abgelassen wird. Die übermittelten Mengen seien "unplausibel niedrig" gewesen. "Unter diesen Umständen war die Hochwasservorhersage für den Pegel Görlitz sehr kompliziert."
Natürlich arbeite man immer an Möglichkeiten, Prognosen zu verbessern, sagte der Sprecher des Landeshochwasserzentrums Falk Hofer MDR SACHSEN. Seine Kollegen leisteten tolle Arbeit und auch mit Tschechien und Polen sei man ein eingespieltes Team.
Aus Sicht des Landeshochwasserzentrums hake es jedoch beim polnischen Neißezufluss an der Tatsache, dass der Witka-Stausee, auch Speicher Niedow genannt, durch ein Privatunternehmen gemanagt werde. Das Energieunternehmen PGE (Polska Grupa Energetyczna) zieht hier ihr Brauchwasser für das Kraftwerk Turów heraus. Zwischen PGE und der polnischen Wasserbehörde gibt es aus sächsischer Sicht Verbesserungsbedarf beim Informationsaustausch. Das soll beim nächsten Treffen der Grenzgewässerkommission angesprochen werden.
MDR (ama)
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Regionalreport aus dem Studio Bautzen | 17. September 2024 | 16:30 Uhr