Autobahnverkehr Verkehrswissenschaftler sieht Ausbau der A4 skeptisch
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18. Juli 2023, 05:00 Uhr
Der Bund zählt aktuell das Verkehrsaufkommen auf der A4. Die Ergebnisse werden Ende des Jahres bekanntgegeben. Die aktuellen Zahlen sprechen dagegen, die Strecke auszubauen. Der Freistaat Sachsen allerdings fordert den Ausbau auf sechs Spuren im Bereich zwischen Dresden und Görlitz. Die Wissenschaft empfiehlt kleinere Maßnahmen, um den Verkehr zu reduzieren. Insbesondere das hohe Aufkommen an Lkws führt auf dieser Strecke zu Verzögerungen.
- Verkehrswissenschaftler Reinhard Koettnitz empfiehlt kleinere Maßnahmen, um die Stauungen auf der A4 zu reduzieren.
- Die Ergebnisse der Verkehrszählung werden Ende des Jahres veröffentlicht. Der Bund entscheidet über einen Ausbau der Strecke.
Je nach Wochentag dreht sich der Frust der Autofahrer auf der A4. Abhängig vom Tag fahren die langen Kolonen an Lkws mal in Richtung Polen, mal in die Gegenrichtung. Die Autofahrer schlängeln sich auf der Überholspur an ihnen vorbei. Wenn ein Trucker seine Kollegen überholt, geht es auch für die Pkws nur langsam voran. Deswegen stellt Sachsens Verkehrsminister Martin Dulig klar: "Wir wollen mehr Güterverkehr auf die Schienen bringen, und trotzdem ist der Ausbau der A4 notwendig, denn das ist eine Transitstrecke, die vor allem den Westen Europas mit dem Osten Europas verbindet."
40.000 Fahrzeuge täglich zwischen Dresden und Görlitz
So ist die A4 durchaus eine der am stärksten befahrenden Autobahnen Richtung Polen. Laut Zahlen des Landesamts für Straßenbau und Verkehr befahren die Strecke zwischen Dresden und Görlitz Montag bis Freitag etwas über 40.000 Fahrzeuge täglich.
Einen Ausbau der Autobahn rechtfertigten diese Zahlen aber noch nicht, sagt Professor Reinhard Koettnitz von der TU Dresden: "Das Regelwerk sagt aus, dass man durchaus einen weiteren Ausbau bringen kann, wenn man so beispielsweise bis zu 102.000 Fahrzeuge hat. Zwischen 60.000 und 102.000 Fahrzeugen kann man durchaus dann eine Erweiterung des Verkehrsraumes in Betracht ziehen."
Allerdings haben die Fahrzeugzahlen auf der A4 zugenommen. Laut dem Verkehrswissenschaftler steigt vor allem die Zahl der Lkws auf der Autobahn: "Die Transportkapazitäten steigen auch immer noch an, also bis zum Jahr 2030 ist davon auszugehen, dass noch mal 30 Prozent mehr Lkws auf unseren Autobahnen rumfahren."
Experte: Kleinere Eingriffe lohnenswert
Doch ein Autobahn-Ausbau sei die teuerste und langwierigste Art, den Staus und Verzögerungen auf der Strecke Herr zu werden. Und sie führe zu weiteren Versiegelungen des Bodens. Stattdessen seien auch kleinere Eingriffe lohnenswert, wie zum Beispiel Untersuchungen zu Unfallschwerpunkten und deren Ausbesserungen, die den Verkehrsfluss bereits verbessern könnten. Auch eine Freigabe des Standstreifens sei schneller umsetzbar als ein Neubau.
Vor allem müsse aber der hohen Zahl an Lkws entgegengesteuert werden. Zum Beispiel, indem man den Lkw-Transport für die Logistiker unattraktiver mache, sagt Koettnitz: "Da ist für mich die Frage, ob man dort nicht auch Ansatzpunkte einfach findet, um die Verkehre zu reduzieren. Das ist ein Thema zum Beispiel durch noch mehr Fahrverbote, damit dann unter Umständen auch die Unternehmen nicht immer bloß die Autobahn als Lagerplatz sehen, also durch mehr Überholverbote für Lkws, auch für eine größere Überwachung in dieser Form, bevor man dann überhaupt mit Ausbau hantiert."
Ergebnisse der Verkehrszählung werden Ende des Jahres veröffentlicht
Der Bund wolle erste Ergebnisse zur neuen Verkehrszählung Ende des Jahres veröffentlichen, sagt Minister Dulig. Ob diese Zahlen für oder gegen einen Ausbau sprächen, könne nicht das Land entscheiden, sondern der Bund. Für den Verkehrsminister ist aber klar, dass nicht nur die Zahl der Fahrzeuge auf der Strecke entscheidet, sondern auch, welche dort fahren: "Wir verweisen nur darauf, dass der Bund eben in seiner Bewertung zum einen den hohen Anteil des Schwerlastverkehrs auf der Strecke und zum anderen die Perspektive durch den erhöhten Bedarf von Transit aufgrund des Wiederaufbaus der Ukraine mitberücksichtigen soll."
Denn mit einem Ende des Krieges würde die Strecke schnell an zusätzlicher Bedeutung gewinnen, ist sich der Verkehrsminister sicher.
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 18. Juli 2023 | 06:00 Uhr