Erkenntnisse der Datenwoche Was Sie über Trockenheit in Sachsen-Anhalt wissen müssen
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07. Juni 2020, 16:51 Uhr
In den vergangenen Tagen haben wir uns bei MDR SACHSEN-ANHALT schwerpunktmäßig mit dem Thema Trockenheit beschäftigt. Im siebten und damit letzten Teil der Wochenserie fassen wir für Sie unsere wichtigsten Erkenntnisse zusammen.
Inhalt des Artikels:
- Sachsen-Anhalt, das trockenste aller Bundesländer
- Was ein weiteres Trockenjahr für Sachsen-Anhalt bedeuten würde
- Auf der Suche nach dem trockensten Ort in Sachsen-Anhalt
- So lebt es sich in Bad Lauchstädt – einem der trockensten Orte Sachsen-Anhalts
- Geringe Wassermengen wirken sich auf die Qualität natürlicher Gewässer aus
- Was an Bauernregeln dran ist
- Trockener Boden und Starkregen: keine gute Kombination
- Was Trockenheit für die Wälder in Sachsen-Anhalt bedeutet
Sachsen-Anhalt, das trockenste aller Bundesländer
Sachsen-Anhalt ist im Durchschnitt das trockenste Bundesland in Deutschland – und das schon seit fast 140 Jahren. Auch im Frühling 2020 ist Sachsen-Anhalt wieder bundesweit das niederschlagsärmste Gebiet. Das zeigt eine Datenauswertung von Niederschlagswerten des Deutschen Wetterdienstes (DWD).
Aber: Es gab in Sachsen-Anhalt schon immer im Deutschland-Vergleich wenig Regen und Schnee – laut DWD reichte der Niederschlag, um ein gesundes Pflanzenwachstum zu ermöglichen. Trotzdem treffen Dürrejahre, wie im Jahr 2018 und in der Folge 2019, die Land- und Forstwirtschaft hart.
Laut DWD liegt das daran, dass der Niederschlag in den letzten Jahren zunehmend zur falschen Jahreszeit fällt. Und wenn es Niederschlag gibt, dann in zu großen Mengen und in zu kurzer Zeit. DWD-Meteorologe Thomas Deutschländer erklärt: "Das Mehr an Wasser, was im Winter runterkommt, ist vermutlich für die Landwirtschaft nicht so hilfreich. Während im Sommer der etwa gleichbleibende Niederschlag und eine deutlich gestiegene Verdunstung dazu führen, dass es trockener wird", so DWD-Meteorologe Deutschländer.
Außerdem gebe es erste Indizien dafür, dass es in den Sommermonaten möglicherweise weniger Landregen und dafür öfter Starkregen gibt. Das sei aber in den Daten noch nicht belegt.
Die ganze Datenanalyse zu den Niederschlägen in Sachsen-Anhalt seit 1881 und den Folgen können Sie hier nachlesen.
Was ein weiteres Trockenjahr für Sachsen-Anhalt bedeuten würde
2018 und 2019 waren Dürrejahre. Sollte sich das in diesem Jahr wiederholen, wären ähnliche Auswirkungen zu erwarten wie schon in den beiden Vorjahren, teilte das Landesamt für Umweltschutz (LAU) auf Anfrage von MDR SACHSEN-ANHALT mit. Zu diesem Folgen gehören demnach vor allem Ernteausfälle, sowohl in der Land- als auch in der Forstwirtschaft, denn Bäume könnten vermehrt von Schädlingen befallen werden.
Hinzu kommt dem LAU zufolge auch eine höhere Waldbrandgefahr. Niedrigwasser in Flüssen und Talsperren könnte Probleme bei der Binnenschifffahrt und der Trinkwasserversorgung auslösen. Zudem könnten sich hohe Temperaturen und gestaute Hitze auf die Gesundheit auswirken, insbesondere von Stadtbewohnern.
Wenn 2020 auch ein Dürrejahr werden sollte, geht das LAU darüber hinaus davon aus, dass all diese Folgen noch gravierender ausfallen könnten als in den beiden Vorjahren. Denn es gebe keinen abmildernden Puffer mehr, die Wasserspeicher im Boden etwa seien nicht ausreichend aufgefüllt und Bäume seien durch die Vorjahre bereits geschwächt.
Im Video zu sehen: die durchschnittlichen jährlichen Niederschläge von 2000 bis 2019 im Vergleich mit dem 30-jährigen Referenzzeitraum 1961-1990 aus dem "Deutschen Klimaatlas". Mehr Videos und Grafiken finden Sie auf dem Instagram-Kanal von #mdrklärt.
Auf der Suche nach dem trockensten Ort in Sachsen-Anhalt
In weiten Teilen Sachsen-Anhalts haben Regen und Schnee fast schon Seltenheitswert. Einige Regionen des Landes zählen sogar zu den trockensten Deutschlands. Das geht aus langjährigen Niederschlagsmessungen des Deutschen Wetterdienstes (DWD) hervor.
Diese Beobachtungszeiträume umfassen in der Regel 30 Jahre und werden Referenzperioden genannt. Damit soll sichergestellt werden, dass die statistischen Kenngrößen von Niederschlag, Temperatur und weiteren Parametern mit ausreichender Genauigkeit bestimmt werden können.
Den DWD-Messungen zufolge waren während der jüngsten Referenzperiode (Zeitraum von 1981-2010) Rothenburg – heute Ortsteil von Wettin-Löbejün im Saalekreis – und die Goethestadt Bad Lauchstädt – ebenfalls im Saalekreis – die niederschlagsärmsten Orte in Sachsen-Anhalt und sogar in ganz Deutschland. Im Zeitraum 1981-2010 fielen in Rothenburg und Bad Lauchstädt pro Jahr durchschnittlich 473 l/m² Niederschlag. Zum Vergleich: Im selben Zeitraum summierte sich der durchschnittliche Jahresniederschlag auf dem Brocken auf 1.879 l/m².
Die ganze Datenrecherche zu den trockensten Orten in Sachsen-Anhalt und warum diese so schwierig zu finden sind, lesen Sie hier.
So lebt es sich in Bad Lauchstädt – einem der trockensten Orte Sachsen-Anhalts
In Bad Lauchstädt, 20 Kilometer südwestlich von Halle, fallen durchschnittlich gerade einmal 473 Liter Niederschlag pro Quadratmeter im Jahr. Zum Vergleich: Der niederschlagreichste Ort im gleichen Messzeitraum ist das bayerische Balderschwang mit 2.464 Litern.
In Bad Lauchstädt wurde für den Zeitraum von Mai bis September extra ein großer Wasseranhänger gekauft, der die Bewässerung der städtischen Grünanlagen unterstützt. Täglich werden in dieser Zeit durch den Anhänger 60.000 Liter Wasser zur Bewässerung eingesetzt – aufgrund der Trockenheit.
"Bei Getreide und Co. werden wir in diesem Jahr aufgrund der Trockenheit etwa 50 bis 60 Prozent Ertragseinbußen haben", erzählt Landwirt Jörg Schröder. Die Lebewesen im Boden können durch die Trockenheit nicht überleben. Regenwürmer gäbe es kaum noch und auch Bakterien und Kleinstlebewesen, welche die Feuchtigkeit zum Vermehren brauchen, fallen weg.
Auch für die Feuerwehr bringen die Witterungsbedingungen zusätzliche Probleme: Durch die Trockenheit seien in den vergangenen zwei Jahren 40 bis 50 Einsätze für die Feuerwehr zusätzlich entstanden.
Die Reportage aus Bad Lauchstädt und wie die Menschen vor Ort mit dieser Situation umgehen, das lesen Sie hier.
Geringe Wassermengen wirken sich auf die Qualität natürlicher Gewässer aus
Die Pegel der Flüsse und Seen im Land sowie Grundwasserstände liegen unter dem langjährigen Durchschnitt. Ein Niederschlagsdefizit gibt es aber 2020 bisher nicht. Gewässer haben sich noch nicht von den letzten Trockenjahren erholt.
Mit den Wasserständen in Fließgewässern sinkt aber auch die Qualität des Wassers. Die Trinkwasserbestände sind aber vorerst gesichert und zuständige Behörden gehen nicht von einem Trend aus.
Warum der Handlungsspielraum des Menschen in diesem Zusammenhang eingeschränkt ist, die Natur sich aber bisher im Hinblick auf Gewässer immer wieder erholt, können Sie hier nachlesen.
Was an Bauernregeln dran ist
Bauernregeln sind aus Beobachtungen und Erfahrungswerten entstanden und halfen bei der Planung der Arbeit. Heute spielen sie im landwirtschaftlichen Alltag keine Rolle mehr.
Einerseits bieten Wissenschaft und Technologie viel effektivere Mittel, andererseits gibt es langfristige Veränderungen im Wetter, die die eh schon eingeschränkte Aussagekraft noch schmälern. Stichwort Klimawandel. Dass der Mai ein wichtiger Monat ist, wussten aber auch die Bauernregeln.
Inwiefern Bauernrregeln heute noch gültig sind, erklären Landwirte und ein Wissenschaftler für Sie in diesem Artikel.
Trockener Boden und Starkregen: keine gute Kombination
Wenn Starkregen auf ausgetrockneten Boden trifft, kann das gefährlich werden – einerseits zerstört er den Boden, andererseits fließt das Wasser nicht dorthin, wo es hin soll: nämlich in den Boden. Vor allem auf Mais- und Zuckerrübenfeldern ist das ein Problem.
Landwirte können Maßnahmen ergreifen, aber auch die Politik hat noch Handlungsspielraum. Denn die Trockenheit geht in der Landwirtschaft weiter als einfach Mangel an Wasser etwa im Hinblick auf das Pflanzenwachstum.
In diesem Interview Agrarwissenschaftler Richard Beisecker, wie Landwirte und Kommunen mit dieser Problematik umgehen können.
Was Trockenheit für die Wälder in Sachsen-Anhalt bedeutet
Die zunehmende Trockenheit und Wärme in Sachsen-Anhalt setzt einigen Baumarten besonders stark zu. So sind zum Beispiel die Fichten-Monokulturen im Harz in den vergangenen Jahren großflächig abgestorben.
Die Wetterbedingungen haben sie geschwächt, Borkenkäfer dagegen konnten sich besonders gut vermehren und die Fichten befallen. Die Folge: großflächig abgestorbene Fichten im Harz, die so wohl auch nicht mehr nachwachsen werden.
Denn Mischwälder aus verschiedenen, unterschiedlich alten Bäumen sind klimaresistenter als Monokulturen. Daher setzt der Nationalpark Harz jetzt darauf, dass im Nationalpark eher Laubbäume wie zum Beispiel Buchen oder Ebereschen nachwachsen.
Aber auch ältere Buchen kommen mit extremer Hitze und Trockenheit nicht gut zurecht. Welche Baumarten genau also in Zukunft in Sachsen-Anhalts Wäldern stehen, angepasst an die sich verändernden Klimabedingungen, ist noch unklar.
Die ganze Analyse zur aktuellen Situation der Wälder in Sachsen-Anhalt können Sie hier nachlesen.
Und wenn Sie zum Abschluss noch wissen möchten, wie viel Niederschlag es in den vergangenen Jahren in Ihrer Region gab, dann schauen Sie einfach in folgende Grafik und wählen Sie einen Ort Ihrer Wahl aus:
Über die Daten
Die Daten stammen aus den Aufzeichnungen und Zeitreihen des Deutschen Wetterdienstes. Die Werte sind laut DWD Gebietsmittel – also Mittelwerte eines Rasterfeldes mit einer Auflösung von einem Kilometer.
Um zu ermitteln, wie viel Niederschlag in einer Region oder an einem bestimmten Ort gefallen ist, werden die Messdaten der einzelnen Wetterstationen aufgezeichnet. Danach werden sie zu einem durchschnittlichen Wert für ein Rasterfeld mit einer Auflösung von einem Kilometer berechnet. Aus diesen kleinteiligen Werten können danach die durchschnittlichen Niederschlagsmengen für ein Bundesland oder ganz Deutschland errechnet werden.
Der Deutsche Wetterdienst gibt an, dass die Zeitreihen der Gebietsmittel gegenüber Zeitreihen einzelner Stationen solider und repräsentativer sind, da Messstationen in der Vergangenheit gelegentlich verlegt worden sind oder sich das Umfeld verändert haben könnte.
Laut DWD ist das Messnetz in Deutschland für die Temperatur und die Niederschlagshöhe seit Ende des 19. Jahrhunderts dicht genug, um Rasterfelder für die einzelnen Monate und daraus abgeleitete Mittelwerte zu gewinnen.
Quelle: MDR/mm
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT HEUTE | 31. Mai 2020 | 19:00 Uhr
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