Datenwoche Trockenheit Bad Lauchstädt – da, wo der Boden bröckelt
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05. Juni 2020, 18:32 Uhr
Bad Lauchstädt ist laut einer MDR-Recherche einer der trockensten Orte in Sachsen-Anhalt. Das ist nicht nur für die Landwirte eine große Herausforderung. Eine Reportage. Teil 4 der Datenwoche von MDR SACHSEN-ANHALT zum Thema Trockenheit.
Die knapp 9.500 Einwohner der Stadt Bad Lauchstädt, 20 Kilometer südwestlich von Halle, sehnen sich nach Regen. Klar ist es schön, wenn es trocken ist und man unbeschwert Sachen im Freien unternehmen kann. Doch Bad Lauchstädt ist eine der trockensten Städte Deutschlands – und das im Durchschnitt der letzten 30 Jahre. Gerade einmal 473 Liter Niederschlag pro Quadratmeter gibt es dort durchschnittlich im Jahr. Keine einfache Situationen vor Ort. Zum Vergleich: In Balderschwang, in Bayern, fallen im gleichen Messzeitraum durchschnittlich 2.464 Liter Niederschlag pro Quadratmeter im Jahr.
Der Regen biegt kurz vorher ab
Christian Runkel ist Bürgermeister von Bad Lauchstädt. Er sagt: "Für unsere Landwirte ist diese Situation eine Katastrophe. In den letzten Jahren gab es hier erhebliche Ernteeinbußen durch die Trockenheit."
Über einen Grund für dieses extreme Wetter könne man bislang nur mutmaßen. Zum einen liegt die Stadt im Regenschatten des Harzes. Zum anderen sei in den letzten Jahren durch den Geiseltalsee eine Art Grenzlinie für das Regenwetter entstanden. "Wir sehen oftmals dunkle Wolken aus Südwesten kommen – aber die Biegen dann am Geiseltalsee ab und ziehen weiter in Richtung Leipzig."
Den Regentanz machen wir Bürger von Bad Lauchstädt nicht ganz so häufig – aber unsere Bauern tanzen glaube ich täglich.
Wer sich quer durch Bad Lauchstädt bewegt, dem fällt das Problem mit der Trockenheit im ersten Moment gar nicht so sehr auf. Man sieht viel Grün, was ein idyllisches Gefühl in der langgezogenen Stadt hervorruft. Doch dieser Schein trügt: Schnell fallen einem die befremdlich aussehenden Plastiksäcke an den Bäumen auf. In den letzten zwei Jahren hat die Stadt verstärkt in Bewässerungsanlagen investiert, um auch weiterhin die Bäume und das Grün in der Stadt instand zu erhalten.
Für den Zeitraum von Mai bis September wurde sogar extra ein großer Wasseranhänger gekauft, der die Bewässerung der städtischen Grünanlagen unterstützt. Täglich werden in dieser Zeit durch den Anhänger 60.000 Liter Wasser zur Bewässerung eingesetzt - aufgrund der Trockenheit. Durch die klimatischen Bedingungen wählt die Stadt für ihre Grünanlagen nur noch Pflanzen aus, die mit der Trockenheit gut zurechtkommen.
50 bis 60 Prozent Ertragseinbußen durch Trockenheit
Die Trockenheit ist insbesondere für die Landwirtschaft ein großes Problem. Der fehlende Niederschlag führt dazu, dass die Felder in keinem guten Zustand sind. Es fehlt vor allem das Wasser im Boden und dadurch können sich beispielsweise beim Getreide die Körner nicht richtig füllen – mit gravierenden Auswirkungen für die Landwirte. "Bei Getreide und Co. werden wir in diesem Jahr aufgrund der Trockenheit etwa 50 bis 60 Prozent Ertragseinbußen haben", erzählt Ackerbauer Jörg Schröder, der insgesamt etwa 300 Hektar Land bewirtschaftet.
Die Lebewesen im Boden können durch die Trockenheit nicht überleben. Regenwürmer gäbe es kaum noch und auch Bakterien und Kleinstlebewesen, welche die Feuchtigkeit zum Vermehren brauchen, fallen weg. Somit sei das Leben im Boden ziemlich tot, erläutert Schröder.
Man braucht nur einige Orte weiterschauen und schon habe man eine ganz andere Situation. "Die Trockenheit ist schon ein schweres Los. Man darf da nicht viel drüber nachdenken – es ist einfach nur traurig", klagt der Landwirt. Über Investitionen müsse man derzeit immer intensiver nachdenken, denn Gewinne durch den Ackerbau rund um Bad Lauchstädt seien in den letzten zwei Jahren nicht zu erzielen gewesen.
Erhöhte Einsätze für die Feuerwehr
Auch der Feuerwehr in Bad Lauchstädt macht der fehlende Niederschlag zu schaffen. Brände können auf Feldern oder im Gebüsch schnell entstehen und sich ebenso rasch ausbreiten. Es reicht eine Unaufmerksamkeit oder zum Beispiel ein Zigarettenstummel, der aus Fahrzeugen der nahegelegenen Autobahn herausgeworfen wird. Aufgrund der extremen Trockenheit können in der Region rund um Bad Lauchstädt größere Flächenbrände binnen kurzer Zeit entstehen.
Es herrscht generell eine erhöhte Waldbrandgefahr, erklärt Thomas Werner von der freiwilligen Feuerwehr Bad Lauchstädt. Er ergänzt: "Durch die Trockenheit sind in den vergangenen zwei Jahren 40 bis 50 Einsätze für die Feuerwehr zusätzlich entstanden."
Die Goethestadt – ein historisch, grüner Kurort
Bad Lauchstädt hat in der Vergangenheit vor allem durch seine Grünanlagen gepunktet. Die Stadt, deren Geschichte bis ins 9. Jahrhundert zurückgeht, erlangte im 17. Jahrhundert große Bekanntheit durch die heilende Wirkung ihres Wassers und wurde zu einem bekannten Kurort. Eine Kur ist hier allerdings schon seit einigen Jahrzehnten nicht mehr möglich.
Der Mittelpunkt der historischen Kuranlagen ist der Kurparkteich. Ein malerisches Ambiente, was durch einige Fontänen den Wassermangel ringsherum vergessen lässt. Doch auch bei der Pflege des Teichs ergeben sich Probleme. Aufgrund der Trockenheit brauche man ein neues Bewässerungssystem. Aktuell werde versucht, den Wasserspiegel durch das Grundwasser zu halten, erklärt René Schmidt vom Kurpark. Die gesamte Pflege des Parks habe sich verändert. So werde der Rasen nicht mehr so oft gemäht, um eine Austrocknung zu verhindern.
Bad Lauchstädt ist eine der trockensten Städte in Sachsen-Anhalt. Der Besuch in der Stadt zeigt, für Land und Leute ist die Situation eine große Herausforderung.
Das sind die Themen der Datenwoche Trockenheit
MDR SACHSEN-ANHALT sucht in der Datenwoche zum Thema Trockenheit in Sachsen-Anhalt nach Antworten, spricht mit Landwirten und Wissenschaftlern über Trockenheit und Dürre.
- Wir beschäftigen uns zu Beginn mit den Niederschlagsdaten des Deutschen Wetterdienstes.
- Wir fragen danach, wie abhängig Gewässer, Seen und Flüsse vom Niederschlag sind.
- Wir suchen nach den trockensten Orten in Sachsen-Anhalt und fragen die Menschen vor Ort, wie sie mit dieser Situation umgehen.
- Wir sprechen mit Bauern über ihre Erfahrungen, ob Bauernregeln doch stimmen.
- Und wir schauen uns an, wie die Wissenschaft Landwirten helfen kann, mit Extremwetterereignissen umzugehen.
- Darüber hinaus haben wir bereits analysiert, inwiefern Sachsen-Anhalt ein weiteres Dürrejahr droht und warum der Wald trotz Trockenheit nicht stirbt.
Über den Autor Kevin Poweska arbeitet trimedial im Funkhaus von MDR SACHSEN-ANHALT. Aktuell ist er im sechsten Semester seines Bachelor-Studiengangs Journalismus an der Hochschule Magdeburg-Stendal. Während seines Studiums absolvierte er bereits ein Praktikum bei der Braunschweiger Zeitung. In seiner Freizeit ist Kevin gerne sportlich aktiv: Seine Hauptambitionen liegen in den Sportarten Basketball, Tennis und Fußball – aber auch da probiert er sich gerne immer wieder neu aus. Zudem ist er journalistisch sportlich voll dabei: Kevin führt einen Blog zu den Deutschen Tennisherren und steht dabei mit den Spielern für Postgame-Interviews in regem Kontakt.
Quelle: MDR/pow
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT | 31. Mai 2020 | 19:00 Uhr
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