Warnstreik
Weil 2024 viele Tarifverhandlungen anstehen, könnten die Beschäftigten in vielen Branchen und Unternehmen in den Warnstreik oder sogar Streik treten. (Archivbild) Bildrechte: IMAGO/aal.photo

Studierende schreiben für den MDR Streik, Warnstreik und Tarifverhandlungen: Die wichtigsten Infos im Überblick

31. März 2024, 15:56 Uhr

Achtung, Streik! – Das könnte in diesem Jahr eine häufige Meldung sein, denn 2024 finden viele Tarifverhandlungen statt. Laut DGB werden die Tariverträge von rund 12 Millionen Beschäftigten in Deutschland verhandelt. Welche Branchen betroffen sind, was die Gewerkschaften fordern und was überhaupt ein Tarifvertrag ist: ein Gastbeitrag einer Studentin aus Halle.

Dieser Text ist im Rahmen des Projekts "Studierende schreiben" in Zusammenarbeit mit der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg entstanden.

In den vergangenen Monaten sind die Beschäftigten vieler Berufszweige immer wieder in den Streik oder Warnstreik getreten. Einer der Gründe waren die auslaufenden Tarifverträge, über die die Gewerkschaften und Arbeitgeber neu verhandelt haben. Auch im Jahr 2024 enden in vielen Branchen die Tarifverträge. Welche Informationen dabei wichtig werden – ein Überblick.

Was ist ein Tarifvertrag?

Laut dem Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) sind Tarifverträge Vereinbarungen zwischen Gewerkschaften und einzelnen Arbeitgebern oder Arbeitgeberverbänden zu den konkreten Arbeitsbedingungen der beschäftigten Gewerkschaftsmitglieder. Wenn Gewerkschaften mit einzelnen Arbeitgebern Tarifverträge aushandeln, dann handle es sich um sogenannte Haustarifverträge beziehungsweise Firmentarifverträge. Diese gelten demnach ausschließlich für die Beschäftigten des Unternehmens, mit dem der Haustarifvertrag geschlossen wurde.

Wenn Gewerkschaften mit Arbeitgeberverbänden Tarifverträge aushandeln, handle es sich um sogenannte Branchentarifverträge beziehungsweise Flächentarifverträge, so der DGB. Diese Tarifverträge gelten dann "flächendeckend" für eine gesamte Branche, wie zum Beispiel für die Metall- und Elektroindustrie oder, wie kürzlich, für den öffentlichen Dienst der Länder. Branchentarifverträge werden dabei häufig für einzelne Bundesländer geschlossen, sie können jedoch auch bundesweit gelten. 

In sogenannten Rahmen- und Manteltarifverträgen werden laut Verdi die "Rahmenbedingungen" des Arbeitsverhältnisses festgelegt, also unter anderem die Anzahl der Urlaubstage für die Beschäftigten, die wöchentliche Arbeitszeit oder auch Kündigungsregelungen. Die Bezahlung werde wiederum häufig in einem Entgelttarifvertrag festgelegt. Die Entgelthöhe werde in regelmäßigen Abständen, normalerweise alle ein bis zwei Jahre, verhandelt, so Verdi. Manteltarifverträge würden hingegen seltener verhandelt, weswegen diese auch eine längere Laufzeit haben könnten.

Warum gibt es Tarifverträge?

Laut dem Referatsleiter für Tarifpolitische Koordinierung und Mindestlohn beim Deutschen Gewerkschaftsbund, Robby Riedel, haben Tarifverträge sowohl für Arbeitgeber als auch für Arbeitnehmer Vorteile. Für die Beschäftigten sei einer der Vorteile, dass viele Bestandteile des Arbeitslebens geregelt würden, wie Löhne, Arbeitszeiten oder Sonderzahlungen wie Urlaubs- oder Weihnachtsgeld. "So sind die Löhne von Beschäftigten, die unter Tarifverträgen arbeiten im Schnitt zwölf Prozent höher [und] wir haben auch die Situation, dass Beschäftigte, die in tarifgebundenen Unternehmen im Schnitt eine Stunde weniger Wochenarbeitszeit haben", erklärt Riedel

Wir beobachten auch, dass in tarifgebundenen Unternehmen die Beschäftigten länger im Betrieb bleiben.

Robby Riedel Referatsleiter beim DGB
Pressefoto eines Mannes in Anzug 1 min
Bildrechte: Simone Neumann/DGB

Für Unternehmen würden Tarifverträge hingegen Planungssicherheit bedeuten und ihnen faire Wettbewerbsbedingungen ermöglichen. Insbesondere in Branchen mit Flächentarifverträgen habe kein Unternehmen die Möglichkeit, sich Wettbewerbsvorteile durch Lohndumping zu generieren. "Wir beobachten auch, dass in tarifgebundenen Unternehmen die Beschäftigten länger im Betrieb bleiben", sagt Riedel, "Es gibt also eine geringere Fluktuation und dadurch bleibt das betrieblich gebundene Know-How länger im Unternehmen."

Weiterhin würden durch regelmäßige Tarifverhandlungen Konflikte, die die Arbeitsbedingungen betreffen, nicht im Unternehmen ausgehandelt, sondern neutral in den Tarifverhandlungen mit den Arbeitgeberverbänden. Laut der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände wird so das Klima im Betrieb verbessert.

Wie werden Forderungen festgelegt und was passiert bei Tarifverhandlungen?

Was genau bei Tarifverhandlungen gefordert wird, legen die Gewerkschaftsmitglieder selbst fest, so der Deutsche Gewerkschaftsbund. Vor den Tarifrunden befragen die Gewerkschaften ihre Mitglieder zu ihren Wünschen. Mit diesem Input erarbeite dann eine Tarifkommission die konkreten Forderungen. Anschließend begeben sich die Tarifvertragsparteien – Gewerkschaftsvertreter und Arbeitgeber oder Arbeitgeberverbände – in die Verhandlungen. Um Druck aufzubauen, werden diese laut DGB häufig von Warnstreiks der Beschäftigten begleitet.

Was ist ein Warnstreik?

Die Gewerkschaft Erziehung und Bildung definiert Warnstreiks als Streiks, welche nur kurz andauern und räumlich begrenzt sind. Sie werden demnach von Gewerkschaften ausgerufen und sollen den Arbeitgebern beziehungsweise Arbeitgeberverbänden demonstrieren, dass die Beschäftigten auch zu längeren Streiks bereit wären, sollten die Tarifverhandlungen scheitern.

In welchen Branchen stehen 2024 Tarifverhandlungen an?

Laut Daten des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung werden in diesem Jahr Tarifverträge von rund 12 Millionen Beschäftigten in Deutschland neu ausgehandelt. 2024 werden damit die Arbeitsbedingungen und Löhne von rund einer Million Menschen mehr verhandelt, als im Jahr 2023. Unter anderem stehen dabei Tarifverhandlungen in der Leiharbeit, im Bauhauptgewerbe, in der chemischen Industrie und auch in der Metall- und Elektroindustrie an, so das WSI-Tarifarchiv. Für das Jahr 2024 ist somit vermehrt mit Streiks zu rechnen.

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Über die Autorin Nicole Scheermann studiert seit Oktober 2023 den Master Multimedia und Autorschaft in Halle. Vor dem Masterstudium absolvierte sie einen Zweifachbachelor in den Fachrichtungen Politikwissenschaft und Germanistik in Halle. Ihre journalistischen Fähigkeiten baute sie in Praktika sowie in ihrer Mitarbeit bei der Studierendenredaktion von "Radio Corax" in Halle aus, wo sie weiterhin regelmäßig Beiträge veröffentlicht.

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MDR (Maren Wilczek)

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