Osterburg Plattdeutsches Theater Gladigau: Menschen campen für Karten
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02. Februar 2025, 13:18 Uhr
Es ist das Schauspiel vor dem Schauspiel: Für die Vorstellungen des plattdeutschen Dorftheaters Gladigau werden nur an einem Tag Eintrittskarten verkauft – und das auch nur persönlich vor Ort. Deshalb standen seit Freitagabend Menschen an, um Tickets für die Spielzeit zu ergattern. Am Samstagmorgen waren sie schon vor dem offiziellen Verkaufsstart ausverkauft.
Es ist früh am Morgen, noch dunkel in Gladigau, einem Ortsteil von Osterburg. Vor dem Eingang zum "Dörpschen Krug" hat sich eine beachtliche Menschentraube gebildet. Manche stehen seit Stunden vor dem Gasthof. Hier werden am Samstag die Tickets für die 18 Vorstellungen der aktuellen Spielzeit des plattdeutschen Dorftheaters verkauft. Es gibt nur diese Chance, an Karten zu kommen. Telefonische oder Online-Bestellungen gibt es nicht.
Die ersten Kunden stehen deshalb seit Freitagnachmittag, 17 Uhr vor dem Eingang des "Dörpschen Krugs". Mit Campingstühlen, in Caravans, gemummelt in dicke Decken, ausgestattet mit Stullen, Brötchen, heißem Tee in Thermosflaschen harren die Menschen aus. Sie kommen miteinander ins Gespräch, lachen, erinnern sich an vorangegangene Aufführungen.
"Superstars in't Achterhuus" – Theater auf Altmärker Platt
Das Dorftheater Gladigau – das einzige plattdeutsche Dorftheater in Sachsen-Anhalt – spielt in diesem Jahr seine 23. Saison. Immer wird eine Komödie gegeben, die zuvor zumeist aus anderem Plattdeutsch ins Altmärker Platt übersetzt wird. Auf der Bühne stehen Gladigauer Laienschauspieler. Technik, Kulissen, Kostüme – alles wird in ehrenamtlicher Arbeit geleistet. Seit September sind die Mitglieder des Ensembles dabei, die Aufführung einzustudieren. Premiere in diesem Jahr für "Superstars in't Achterhuus" ist am 1. März.
Karten für plattdeutsches Theaterstück noch vor Verkaufsstart ausverkauft
Weil die Temperaturen frostig sind, zeigt Intendant Horst Bannehr Herz und lässt den Saal schon vor der eigentlichen Öffnungszeit aufschließen. Die Ticketkäufer lassen sich namentlich von Norbert Lazay auf eine Liste setzen: Wer zuerst kommt, mahlt zuerst. Ganz Optimistische lassen sich auf die Warteliste setzen; sie haben eine Chance, wenn jemand seine Karten zurückgeben muss.
Lazay, bis Oktober auch Pfarrer in Gladigau, ist eigentlich und seit etlichen Jahren Regisseur des Dorftheaters. Ihm obliegt die Stückauswahl genauso wie die Inszenierung. Jetzt unterstützt er das Organisationsteam. Es hätte, berichtet er, schon einmal fast eine Prügelei um die Karten gegeben. Seitdem sitze er bem Kartenverkauf dabei. "Ich bin eine Respektsperson hier vor Ort. Da geht das schon." Kurz vor acht, kurz vor dem eigentlichen Verkaufsstart verkündet er, das Ticket-Kontingent sei erschöpft.
Ehrenamtliche erhalten Altmärker Platt am Leben
Intendant Bannehr freut das natürlich. Der alljährliche Ansturm auf die Eintrittskarten bestätige alle im Dorftheater-Verein, dass sie das Richtige tun. Die Besucher schwärmen von der wohligen Atmosphäre im "Dörpschen Krug", den witzigen Stücken, die gegeben werden, und von der plattdeutschen Sprache.
Im Alltag ist sie nahezu verschwunden, aber viele ältere Menschen genießen den Schnack auf der Bühne: Sie kennen das Plattdeutsche noch aus ihrer Kindheit. Eltern, Großeltern haben platt geschnackt, bis der DDR-Staat die Mundart als eine von Bauern und Hinterwäldlern verunglimpfte und sie – zum Beispiel in Schulen – offiziell verbot. Heute kämpfen Enthusiasten wie die Mitglieder des Dorftheater-Ensembles – ihr Regisseur Lazay sogar im Bundesrat für Niederdeutsch und im Landesheimatbund – für das Überleben des Altmärker Platt.
MDR (Katharina Häckl, Cynthia Seidel) | Erstmals veröffentlicht am 01.02.2025
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 01. Februar 2025 | 10:40 Uhr
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