Landtagswahl CDU-Kreisvorsitzender setzt sich in Havelberg-Osterburg gegen Ex-Parteifreund durch
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07. Juni 2021, 00:42 Uhr
Im Wahlkreis Havelberg-Osterburg im Landkreis Stendal ging es bei der Landtagswahl nicht nur um das Direktmandat. Vielmehr kämpfte der 40-jährige CDU-Kreisvorsitzende Chris Schulenburg um seine politische Karriere. Und das ausgerechnet gegen einen Ex-CDU-Mann, der aufgrund des Wahlskandals von 2014 auf politisch neu Pfade gekommen war und die Freien Wähler erstmals in den Landtag hieven wollte.
Im wohl spannendsten Wahlkreis des Landes hat sich Chris Schulenburg (CDU) in Havelberg-Osterburg durchgesetzt und bei der Landtagswahl sein Direktmandat verteidigt. Bereits 2016 hatte der 40 Jahre alte ehemalige Polizist mit 40,1 Prozent der Stimmen den Wahlkreis gewonnen. Diesmal holte er 26,66 Prozent. Auf Platz zwei landete der Osterburger Bürgermeister Nico Schulz. Dieser war jahrelang selbst für die CDU ein Zugpferd bei Wahlen, trat diesmal aber als Spitzenkandidat für die Freien Wähler an und hatte sich große Hoffnungen auf den Einzug in den Landtag gemacht. Schulz kam auf 25,03 Prozent der Stimmen. Der 47-Jährige verwies damit die AfD-Kandidatin Sandra Madzat, die auf 21,09 Prozent der Stimmen kam, auf den dritten Rang.
Weit abgeschlagen kam am Ende das dritte politische Schwergewicht in diesem Wahlkreis ein. Wulf Gallert (Die Linke), der in den vergangenen Jahrzehnten dreimal als Spitzenkandidat seiner Partei in Sachsen-Anhalt angetreten war, kam auf 11,39 Prozent.
Herbe Enttäuschung für Freie Wähler
Für die Freien Wähler ist das verfehlte Direktmandat von Co-Spitzenkandidat Nico Schulz eine herbe Enttäuschung. Den Verantwortlichen war von vornherein klar, dass sie es schwer haben würden, im Land über die Fünf-Prozent-Hürde zu kommen. Der 47-Jährige, der bereits von 2002 bis 2011 für die CDU im Landtag gesessen hatte, war die große Hoffnung auf ein Direktmandat. Auch wenn er es als Einzelkämpfer sicherlich im Landtag nicht einfach gehabt hätte, so hätte er zumindest für die Partei Flagge zeigen können.
Chris Schulenburg blieb mit 26,66 Prozent weit hinter dem Gesamtergebnis seiner Partei sowohl im Land (37 Prozent) als auch im Wahlkreis (32,7) zurück. "Mir haben rund 350 Stimmen gefehlt", sagte Nico Schulz, als das Wahlergebnis feststand. Er sei froh, dass er gerade in seiner Heimatstadt Osterburg überdurchschnittlich gut abgeschnitten habe. "Die Leute stehen hinter mir", sagte der 47-Jährige. Er könne jetzt erhobenen Hauptes das Bürgermeisteramt ausfüllen. Er werde auch für die Freien Wähler weiter kämpfen. Chris Schulenburg war am Wahlabend leider nicht erreichbar. Wenn er das Direktmandat nicht geholt hätte, wäre seine politische Karriere wohl beendet gewesen. Da die CDU fast alle Direktmandate geholt hat, hätte Schulenburgs Listenplatz elf wohl nicht für den Einzug in den Landtag gereicht.
Schulenburg vs. Schulz
Der Kampf um das Direktmandat in Osterburg zwischen Chris Schulenburg und Nico Schulz hat eine lange Vorgeschichte und am Ende auch mit dem Stendaler Wahlskandal von 2014 zu tun, als ein CDU Stadtratskandidat viele Briefwählerstimmen gefälscht hatte. Als 2017 der Wahlfälscher zu einer zweieinhalbjährigen Gefängnisstrafe verurteilt wurde und es innerhalb der CDU im Landkreis Stendal auch darum ging, wie man mit den Ereignissen umgehen solle, wurde Nico Schulz aktiv. Er trat mit dem Anspruch bei der Wahl zum Kreisvorsitzenden an, den Skandal auch innerparteilich aufarbeiten zu wollen – und fiel durch. Vorsitzender wurde damals Chris Schulenburg. Der war der politische Ziehsohn des Stendaler CDU-Urgesteins Hardy Peter Güssau, der 2016 als Landtagspräsident zurücktreten musste, weil er seine Unschuld an dem Wahlskandal nicht plausibel erklären konnte.
Nico Schulz, der nicht nur dreimal mit guten Ergebnissen als CDU-Landtagsabgeordneter gewählt worden war und später auch dreimal die Bürgermeisterwahl in Osterburg souverän für sich entschied, entfremdete sich von seiner Partei, aus der er schließlich 2019 austrat. Er war schon zur Kreistagswahl 2019 mit der neuen Formation "Pro Altmark" angetreten und konnte mit dem zweitstärksten Stimmenanteil hinter der CDU in den Kreistag einziehen. Anderthalb Wochen vor der Landtagswahl hatte Schulz sogar seinen Kontrahenten und CDU-Kreisvorsitzenden Schulenburg bei der Polizei angezeigt. Es ging um verleumderische Beiträge, die der CDU-Ortsverband Arneburg-Goldbeck auf Facebook geteilt hatte. Im August werden sich beide dann auch noch vor Gericht wiedersehen, es geht um angeblich nicht gezahlte Mandatsbeiträge von Schulz an die CDU.
CDU gewinnt zwei Wahlkreise in Stendal
Auch in den beiden anderen Wahlkreisen im Landkreis Stendal konnten die CDU-Kandidaten wie schon vor fünf Jahren gewinnen. Aus Stendal wird die 40 Jahre alte Anwältin Xenia Schüßler dem nächsten Landtag angehören. Sie hatte sich vor einem Jahr bei der Nominierung des Stendaler Stadtverbandes mit 28 zu 20 Stimmen gegen Hardy Peter Güssau durchgesetzt, der seit 2006 im Landtag gesessen hatte. Sie holte 29,8 Prozent (Stand: 63 von 65 ausgezählte Wahllokale) und verwies Matthias Büttner von der AfD auf den zweiten Platz. Der bisherige Bundestagsabgeordnete kommt auf 22,7 Prozent der Stimmen.
Aus dem Wahlkreis 5 (Genthin/Tangermünde) wird der 47 Jahre alte Tangermünder Handwerker Thomas Staudt in den Landtag einziehen. Es war ein sehr knappes Ergebnis. Staudt setzte sich gegen den ebenfalls aus Tangermünde kommenden AfD-Landtagsabgeordneten Ulrich Siegmund durch.
Sowohl Büttner als auch Siegmund werden über die Landesliste der AfD in den Landtag einziehen. Siegmund war als Nummer zwei hinter dem Spitzenkandidaten Oliver Kirchner angetreten. Büttner rangiert auf Platz 9.
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MDR/Bernd-Volker Brahms, Fabienne von der Eltz
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 06. Juni 2021 | 18:00 Uhr