Landtagswahl Vorläufiges Ergebnis: CDU deutlich stärkste Kraft – Haseloff kann sich Koalitionspartner aussuchen

07. Juni 2021, 07:28 Uhr

Nach dem deutlichen Wahlsieg bei der Landtagswahl hat Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) Gespräche "mit allen demokratischen Parteien" angekündigt. Eine Vielzahl von Koalitionen ist möglich. Sogar ein Bündnis nur von CDU und SPD käme momentan auf eine knappe Mehrheit. Von der Bundespolitik will sich Haseloff bei den Sondierungsgesprächen nicht reinreden lassen.

Vorläufiges Ergebnis: CDU stärkste Kraft, Verluste für AfD, Linke und SPD

Die CDU bleibt die stärkste politische Kraft im Landtag von Sachsen-Anhalt. Laut dem vorläufigen Ergebnis haben die Christdemokraten bei der Landtagswahl 37,1 Prozent erreicht – ein deutlicher Zuwachs von mehr als sieben Prozentpunkten (2016: 29,8 Prozent). Die AfD bleibt der Hochrechnung zufolge zweitstärkste Kraft im Parlament und kommt auf 20,8 Prozent. Die Linke verliert im Vergleich zu 2016 gut fünf Prozentpunkte und kommt nun auf 11 Prozent, die SPD auf 8,4 Prozent.

Die Grünen verbessern ihr Ergebnis von vor fünf Jahren nur leicht – auf nun 5,9 Prozent. Die FDP hat es mit 6,4 Prozent demnach wieder ins Parlament geschafft.

Dreierkoalition – oder Bündnis nur zwischen CDU und SPD?

Mit diesen Ergebnissen sind verschiedene Dreier-Koalitionen im Land möglich. Die bislang regierende Koalition von CDU, SPD und Grünen können ihre Mehrheit im Landtag verteidigen. Möglich sind auch Koalitionen der CDU mit SPD und FDP oder mit Grünen und FDP.

Aber auch eine Koalition nur zwischen CDU und SPD ist möglich. Die CDU bei 37,1 Prozent, was im Landtag von Magdeburg 40 Mandate ergibt Die SPD kommt auf 8,4 Prozent und damit neun Sitze im Parlament. Somit haben beide Parteien zusammen eine hauchdünne Mehrheit von 49 Sitzen.

Haseloff signalisierte, dass er sich bei den anstehenden Sondierungsgesprächen von der Bundespolitik nicht reinreden lassen will. "Was nicht passieren wird, ist, dass wir uns in der Konstellation instrumentalisieren lassen von bundespolitischen Vorgaben", sagte Haseloff. Es wolle faire und ergebnisoffene Gespräche führen.

Schwarzes Land mit blauem Punkt: die Erststimmen im Land

Haseloff "völlig beeindruckt von dieser Zahl", AfD "sehr zufrieden"

CDU-Spitzenkandidat und Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) zeigte sich bei MDR SACHSEN-ANHALT hocherfreut über das Ergebnis seiner Partei. Der Ministerpräsident sagte: "Ich bin völlig beeindruckt von dieser Zahl. Eigentlich kann ich es noch nicht richtig fassen." Ihm sei weiter an einer Integration im demokratischen Spektrum gelegen. Die AfD schloss er ausdrücklich davon aus.

Das Ergebnis zeige, dass eine "klare Abgrenzung nach rechts" erfolgreich sein könne. Dennoch sei es sicherlich schwierig, eine tragfähige Koalition zu bilden. Er wolle mit allen demokratischen Parteien reden. Wichtig bei den Gesprächen sei, "was gut für das Land ist".  

Er habe "vor allen Dingen den Kampf gegen rechts geführt und an dieser Stelle auch eine klare Abgrenzungsstrategie gefahren". Trotzdem "müssen wir zur Kenntnis nehmen, dass es immer noch Wählerinnen und Wähler gibt, die der AfD zuneigen". Es könne für Sachsen-Anhalt auf Dauer jedenfalls nicht gut sein, "wenn wir in Teilen größere Wähleranteile nicht mehr bei uns wissen". 

CDU-Landeschef Schulze: "Ergebnis macht uns stolz und gibt Rückenwind"

Sachsen-Anhalts CDU-Landeschef Sven Schulze hat sich erleichtert über das Wahlergebnis der Union gezeigt. "Dieses Ergebnis macht uns stolz, und es gibt auch Rückenwind für Armin Laschet und die Bundestagswahl", sagte Schulze im Gespräch mit MDR SACHSEN-ANHALT. Die Furcht sei bei vielen Menschen groß gewesen, dass Sachsen-Anhalt als das Bundesland bekannt werde, in dem die AfD zum ersten Mal in Deutschland als stärkste Kraft aus einer Landtagswahl hervorgeht. "Wir haben das klar verhindert", sagte Schulze.

Jetzt gehe es darum, eine stabile Regierung zu bilden: "Ich werde meiner Partei morgen vorschlagen, Sondierungsgespräche mit allen Parteien, die nicht AfD und Linkspartei heißen, aufzunehmen." Schulze betonte allerdings, dass man sich dabei nicht von der anstehenden Bundestagswahl im September zeitlich unter Druck setzen lasse: "Wir werden uns die nötige Zeit nehmen."

Auch AfD-Spitzenkandidat Oliver Kirchner zeigte sich trotz Stimmverlusten "sehr zufrieden". Er könne sich sowohl eine "knallharte Opposition" als auch die Tolerierung einer Minderheitsregierung vorstellen. Voraussetzung für Letzteres sei, dass die CDU wieder "konservative Politik" mache. Die Landtagswahl sei auf jeden Fall ein Test für die Bundestagswahl gewesen. Weiter sagte er: "Die AfD ist stabil. Wir haben unsere Arbeit gemacht, wir haben die Arbeiter zurückgeholt von der Linken. Das ist schon in Ordnung und ein gutes Zeichen für uns für die Bundestagswahl."

Linke: "herbe Niederlage", SPD: "Natürlich nicht zufrieden"

Linken-Spitzenkandidatin Eva von Angern sprach hingegen von einer "herben Niederlage": "Die Verluste tun weh." Obwohl die Linke weiter die drittgrößte Partei im Parlament sei, habe sie "Hausaufgaben zu machen". Der Bundestrend, der derzeit gegen die Linken spreche, habe nicht gebrochen werden können. Dennoch glaube sie, auf die richtigen Themen wie soziale Gerechtigkeit gesetzt zu haben. Ihre Forderung sei nun, dass Ministerpräsident Haseloff "zeitnah" eine Koalition bildet.

Für die Linke sieht von Angern die Aufgabe jetzt darin, eine starke Opposition zu sein. "Wir werden uns deutlich von der CDU abheben", sagte sie. Von Angern kritisierte in diesem Zusammenhang Ministerpräsident Reiner Haseloff, der sich im Wahlkampf als "Ost-Vertreter" dargestellt habe. Das sei "albern, wenn man bedenkt, wie viele Chancen er gehabt hat, den Osten zu stärken".

Die Spitzenkandidatin der SPD, Katja Pähle, sagte MDR SACHSEN-ANHALT kurz nach 18 Uhr: "Wir haben natürlich ein Ergebnis, mit dem wir auf keinen Fall zufrieden sein können. Ich rechne aber damit, dass sich das Ergebnis im Lauf des Abends noch verändern wird, insbesondere, wenn auch die Briefwahlen ausgezählt sind".

Dass die SPD ein einstelliges Ergebnis erzielt habe, deute auf eine Polarisierung zwischen CDU und AfD zu tun. Viele Wähler hätten sich "dann für die CDU entschieden, um ein stärkeres Ergebnis für die AfD abzuwenden". Das freue sie einerseits, weil "es ein Sieg für die Demokratie" sei. Andererseits habe ihre Partei "dadurch Wählerinnen und Wähler verloren". Haseloff obliege nun die "Einladung der demokratischen Parteien" zu Koalitionsverhandlungen. Pähle dazu: "Wir sind zu diesen Gesprächen bereit."

SPD-Wirtschaftsminister Willingmann: "Hatten uns mehr versprochen"

SPD-Wirtschaftsminister Armin Willingmann sagte MDR SACHSEN-ANHALT, seine Partei habe sich mehr versprochen, weil sie von einer sehr soliden Regierungsarbeit ausgegangen sei. Vielleicht habe man diese nicht ganz so sehr auf die Straße gebracht, vielleicht seien aber auch andere Themen dominanter gewesen. Das Verhindern eines übergroßen Einflusses der AfD habe offenbar für sehr viele Wähler eine Rolle gespielt, so Willingmann.

"Es war die sichere Bank, den Ministerpräsidenten zu wählen, dem man an dieser Stelle nur gratulieren kann zu diesem für ihn großartigen Erfolg." Haseloff habe damit natürlich auch eine große Verantwortung und stehe jetzt in der Pflicht.

Grüne: "Hätten uns mehr gewünscht" – FDP: "Liberale Politik gestalten"

Grünen-Spitzenkandidatin Cornelia Lüddemann zeigte sich "froh, dass wir zugelegt haben". Zwar habe sich die Partei mehr Stimmen gewünscht. Aber die Wahl sei für viele Sachsen-Anhalter eine taktische Wahl gewesen. Der Ministerpräsident sei gegen die AfD gestärkt worden. "Ich hätte mir natürlich mehr gewünscht für Klimaschutz, aber der Abend ist noch lang", so Lüddemann weiter.

Anders als vor fünf Jahren gebe es dieses Mal "mehrere demokratische Optionen" für eine neue Regierung." Es liege jetzt bei Ministerpräsident Haseloff, zu entscheiden, "ob er eine Koalition fortsetzen will, die pro Klimaschutz ist (...) oder ob er sich eine andere Option öffnet, die nicht so viel für den Klimaschutz tut."

FDP-Spitzenkandidatin Lydia Hüskens betonte im Gespräch mit MDR SACHSEN-ANHALT, sehr zufrieden mit dem Ergebnis zu sein. Nach zehn Jahren in der außerparlamentarischen Opposition kehre ihre Partei in den Landtag zurück und wolle dort Politik gestalten. In den nächsten Tagen werde sich zeigen, ob sich die FDP an einer Regierung beteiligen könne und wolle.

Wahlbeteiligung in etwa auf dem Niveau wie vor fünf Jahren

Die Wahlbeteiligung liegt nach Angaben von Infratest Dimap bei 61,6 Prozent. Das entspricht in etwa der Beteiligung von vor fünf Jahren.

MDR/Gero Hirschelmann, Luca Deutschländer

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 06. Juni 2021 | 18:00 Uhr

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