Podcast "Extrem rechts" Zum Nachlesen: Folge 3, Führungskader
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06. Juni 2023, 00:01 Uhr
Bevor es losgeht, ein Hinweis. In dieser Folge zitieren wir an einigen Stellen rassistische und antisemitische Aussagen und NS-Verherrlichung. Wir tun das, weil diese Aussagen notwendig sind, um das Problem zu verstehen. Wenn ihr euch damit nicht wohl fühlt, hört euch diesen Podcast bitte nicht oder nicht allein an.
Sprecherin und Sprecher: Jana Merkel und Thomas Vorreyer
00:29
Thomas Vorreyer: "Und hier war es?"
Zahnarzt: "Das war der Laden. Und zuvor war ein Besitzer, der hatte Getränke verkauft, und danach wurde das dann eben an diese Personen vermietet. Und wir haben dann im Nachgang rausbekommen, um wen es sich eigentlich handelt. Also um wen, wissen wir eigentlich nicht. Sondern um welche Szene es sich handelt."
00:51
Mein Kollege Thomas Vorreyer und ich stehen zwischen zahllosen Kartons und Ordnern und - Gebissabdrücken. Ein Zahnarzt zeigt uns nämlich sein Lager: Zwei große Räume in einem Souterrain in Halle. Zwei Etagen darüber liegt seine Zahnarztpraxis. Und hier unten bewahrt er alles auf, was oben keinen Platz mehr findet.
01:12
Das Haus ist ein schmuck sanierter Altbau: Hohe Decken, Stuck - ein paar Wohnungen, die Praxis des Zahnarztes und eine Tierarztpraxis. Im Tiefparterre zwei Schaufenster und dahinter die Lagerräume, durch die uns der Zahnarzt führt.
01:29
Warum wir uns für die Lagerräume eines halleschen Zahnarztes interessieren? Weil in diesen Räumen früher etwas anderes war: Ein Klamottenladen, ein spezieller Klamottenladen. Und auch wenn das schon 15 Jahre her ist, kann sich der Zahnarzt lebhaft daran erinnern:
01:47
Zahnarzt: "Und als wir dann die Sachen gesehen haben, dachte ich: Naja, da hast du dir, da wurde dir vielleicht eine Laus in den Pelz gesetzt. Aber mit denen hatten wir eigentlich in der Hinsicht eigentlich keine Schwierigkeiten"
Jana Merkel: "Aber Sie haben schon gemerkt, aus welcher politischen Richtung das kommt?
Zahnarzt: "Ja, richtig. Also dann wäre man bissel plemplem, wenn man das nicht mitkriegen würde. Mit diesen Leuten will man ja dann wirklich nichts zu tun haben."
Thomas Vorreyer: "Was ist denn das hier?"
Zahnarzt: "Und andere Aufkleber. Sehen Sie, da hab ich schon mal versucht, etwas abzuruppen. Das war ich. Hätte ich das gewusst, dass Sie kommen."
Jana Merkel: "Hätten Sie es drangelassen?"
Zahnarzt: "Ach, na klar."
Jana (lacht): "Damit wir was zu gucken haben."
02:24
Mein Kollege Thomas entdeckt einen alten Aufkleber. Offenbar Werbung für eine rechtsextreme Zeitschrift, noch mit D-Mark-Angaben. Außer diesem Aufkleber finden sich keine Spuren mehr.
Aber wir wissen aus unserer Recherche: Hier in diesem Tiefparterre in einem Altbau in Halle - hier haben sich früher Neonazis mit Szeneklamotten eingedeckt. Der Zahnarzt erinnert sich daran, wie die Kunden ausgesehen haben. Es waren meistens Männer, mit kahlgeschorenen Köpfen.
Der Mann, der den Laden geführt hat, sei immer höflich gewesen, nicht besonders auffällig.
02:59
Zahnarzt: "Ich weiß, als es sich dann rumsprach, was es denn nun ist, kam hier eine gewisse, ich sage mal, Angst hoch oder wie auch immer so auch. Aber Probleme hatten die eigentlich nicht gemacht. Ob's denn wirklich woanders Probleme gab, das kann ich nicht sagen, das weiß ich nicht."
Thomas Vorreyer: "Haben Sie die mal gesehen? Haben die sich bei Ihnen die Zähne machen lassen?"
Zahnarzt: "Nee, nee, nee. Ich muss Ihnen sagen, ich weiß gar nicht mal, wie der hieß. Weder, wie er aussah."
Thomas Vorreyer: "So ein kleiner Mann. Herr Liebich."
Zahnarzt: "Ich weiß es nicht, ich – ach, der war das?!"
Thomas Vorreyer und Jana Merkel: "Ja."
Zahnarzt: "Ach, der war das?!"
Jana Merkel: "Bei dem Namen klingelt was bei Ihnen?"
Zahnarzt: "Ja, klar."
03:32
Der Zahnarzt ist baff, als wir ihm sagen, dass es Sven Liebich war, der damals den Laden betrieben hat. Der Zahnarzt weiß, wer Sven Liebich ist – den kennt in Halle quasi jeder. Zumindest heute.
03:46
Zahnarzt: "Ja, von heute. Aufgrund seiner Dinge da auf dem Markt et cetera. Aber ich wusste nicht, dass es Herr Lie - das wusste ich nicht. Wusst ich nicht. Ich weiß, dass die dann aus dem ganzen Bundesland gekommen sind, aus Magdeburg und wie auch immer. Das habe ich mitgekriegt. Dass die sich hier eingekleidet haben und vielleicht auch noch etwas anderes. Aber das sind alles Spekulationen. Keinen Kontakt. Null."
04:08
Sven Liebich – der Rechtsextremist, der seit Jahren in Halle auf dem Markt und im Internet Hass verbreitet. Der ständig Demos veranstaltet. Dieser Sven Liebich hat hier Szeneklamotten an Neonazis verkauft. Der Zahnarzt hat die Räume hier unten gemietet, nachdem der Klamottenladen geschlossen worden war. Er brauchte den Platz, weil die Praxis oben zu klein wurde.
04:30
Der Szeneladen lief ab dem Jahr 2000. Damals war Sven Liebich noch längst nicht so bekannt wie heute. Zumindest nicht in der breiten Öffentlichkeit.
04:40
Jana Merkel: "Aber das Interessante ist ja, dass Ihnen der Name sofort was gesagt hat. Oder?"
Zahnarzt: "Richtig. Ja, aber ich hätte Ihnen nicht sagen können, dass er das war. Erst als sie mich auf die Spur gebracht haben, vorher nicht."
Jana Merkel: "Und was verbinden Sie mit dem Namen heute?"
Zahnarzt: "Hetze. Einfach Hetze."
05:08
Ihr hört: "Extrem rechts – Der Hass-Händler und der Staat". Ein Podcast des Mitteldeutschen Rundfunks.
Folge 3: Führungskader
05:28
Sven Liebich und der Rechtsstaat, das ist eine wirklich lange Geschichte. Viel länger als wir zunächst dachten: Sie reicht nicht nur ein paar Jahre zurück, sondern fast drei Jahrzehnte. Bis in die 90er Jahre. Dorthin führt uns diese dritte Folge. Wir wollen verstehen, wie Sven Liebich damals zu einem führenden Kader der Neonazi-Szene aufsteigen konnte.
05:53
Wir – das sind meine Kollegen Thomas Vorreyer, Tim Schulz und ich, Jana Merkel.
05:58
Wir schauen uns an, wie Sven Liebich zuerst im Hintergrund agiert hat und dann immer mehr die öffentliche Bühne suchte. Wir suchen nach den Anfängen seiner Hass-Geschäfte. Und wir wollen wissen: Wie viel wussten Behörden und Justiz darüber? Und was haben sie unternommen?
Die 90er
06:20
Tauchen wir ein in die 90er Jahre. Das ist eine Zeit der Umbrüche. Die DDR ist Geschichte, viele Menschen im ostdeutschen Teil des wiedervereinigten Deutschlands sortieren ihr Leben neu. Müssen sie. Alles ist anders. Freie Wahlen, die D-Mark, Westprodukte, Reisefreiheit.
06:39
Und gleichzeitig: die Treuhand, massenhaft Betriebe werden dichtgemacht, hunderttausende Menschen werden arbeitslos. Ganze Lebensentwürfe zerbrechen. Viele ziehen weg. Die meisten Ostdeutschen müssen sich neu erfinden. Und manche erfinden sich mit Gewalt neu, mit Glatze, Springerstiefeln und Bomberjacken.
07:00
Sprecher: "Hier ist das erste deutsche Fernsehen mit der Tagesschau."
Sprecherin: "Guten Abend meine Damen und Herren, vor dem zentralen Aufnahmeheim für Asylbewerber in Rostock ist es gestern Abend zu schweren ausländerfeindlichen Krawallen gekommen. Rechtsextremisten lieferten sich mehrere Stunden lang eine Straßenschlacht mit der Polizei."
Quelle: Tagesschau vom 23.08.1992
07:29
Sprecherin: "Auch heute Nachmittag glich die Thomas-Müntzer-Straße im sächsischen Hoyerswerda wieder einer Festung. Mehrere hundert Polizisten riegelten einen Wohnkomplex ab, in dem rund 300 Asylbewerber untergebracht sind. Seit Tagen wird in der sächsischen Kreisstadt Jagd auf Ausländer gemacht."
Quelle: Tagesschau vom 22.09.1991
07:45
Sprecher: "Die Jagd auf Ausländer begann gestern Nachmittag um halb vier. Etwa 40 betrunkene Skins und Hooligans sorgten für ein Desaster in der Magdeburger Innenstadt. Menschenjagd am helllichten Tag, eine ganz neue Komponente in der Geschichte der Gewaltkriminalität."
Quelle: Tagesschau vom 13.05.1994
07:58
Eine Welle rechtsextremer Gewalt erfasst Deutschland. In Ost und West gibt es Krawalle und rechtsextreme Anschläge. In Mölln und Solingen ermorden Rechtsextremisten aus rassistischen Motiven insgesamt acht Menschen. Rechtsextreme Parteien wie die DVU und die Republikaner werden in mehrere Landesparlamente gewählt. Das sind die 90er Jahre.
08:24
Und in dieser Zeit steigt in Halle ein Mann Stück für Stück zu einer zentralen Figur der Neonaziszene auf.
08:34
Aber bevor wir über Sven Liebich sprechen, müssen wir über den NSU reden. Den so genannten Nationalsozialistischen Untergrund. Eine Gruppe von rechtsextremistischen Terroristen, die sich in den 90ern in Thüringen radikalisieren, die dann 1998 abtauchen und über Jahre aus dem Untergrund heraus Anschläge verüben und morden – sie töten zehn Menschen.
08:59
Der NSU – das war ein mörderisches Terrortrio: Beate Zschäpe, Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt, alle aus Jena in Thüringen. Und um sie herum ein Netzwerk aus Unterstützern. Aus Rechtsextremisten, die Papiere beschafften, Unterkünfte, Jobs, Informationen – und Waffen.
09:20
Wer den Terroristen geholfen hat, ob die Mordserie hätte verhindert werden können und welche Fehler die Behörden gemacht haben, wie sehr sie zum Teil sogar verstrickt waren – diese Fragen haben nicht nur den NSU-Prozess vor Gericht, sondern auch zahlreiche Untersuchungsausschüsse beschäftigt: im Bundestag und in acht Landtagen.
10:15
Wir haben vertrauliche Dokumente aus einem dieser NSU-Untersuchungsausschüsse zugespielt bekommen. Es sind diverse Ordner, sogenannte Beweismittelordner. Darin finden sich Strafakten, Zeugenvernehmungen, Vermerke über Hausdurchsuchungen, Einschätzungen der Verfassungsschutzbehörden zu verschiedenen Neonazi-Organisationen – und zu einzelnen Personen.
10:11
In diesen Ordnern tauchen hunderte Namen aus der rechtsextremen Szene auf. Und einer dieser Ordner ist für unsere Recherche besonders relevant. Denn auf dem Deckblatt steht der Name Sven Liebich. Es sind 56 Seiten. Und diese 56 Seiten sind erstaunlich aufschlussreich.
10:30
Um das klarzustellen: Sven Liebich war nicht Mitglied des NSU. Wir wissen nicht, ob er das Mördertrio überhaupt kannte, Liebich bestreitet das. Aber wir wissen, dass die NSU-Terroristen sich in Kreisen bewegt haben, mit denen auch Sven Liebich zu tun hatte. Und Sven Liebich kannte einen der wichtigsten V-Männer im Umfeld des NSU: Thomas Richter, alias CORELLI. Richter war damals ein enger Mitstreiter von Sven Liebich. Und gleichzeitig kannte er offenbar die NSU-Mörder. Der Fall Corelli sorgte für Schlagzeilen. 2014 wurde Richter tot aufgefunden. Sven Liebich behauptet, von Richters V-Mann-Tätigkeit nichts gewusst zu haben.
11:08
In den 56 Seiten aus dem Beweismittelordner mit dem Namen "Sven Liebich" geht es um die Zeit, die wir uns in dieser Folge genauer anschauen wollen: Die Phase von Mitte der 90er bis in die frühen 2000er Jahre.
11:20
Diese 56 Seiten belegen also, wie weit Sven Liebichs rechtsextreme Laufbahn zurückreicht, sie belegen, dass er in der Szene aufgestiegen ist. Und sie zeigen vor allem, wie lange die Behörden ihn schon im Blick haben.
11:46
Alles fängt an mit Hassmusik:
12:00 "Hängt dem Adolf Hitler den Nobelpreis um, hisst die rote Fahne mit dem Hakenkreuz" - Das ist ein Auftritt einer Gruppe namens “Radikahl”, einer sogenannten Rechtsrock-Band. Die Rechtsrock-Szene - das ist ein Rekrutierungsfeld. Es geht darum, über Musik junge Leute an die Szene heranführen, an die Neonazi-Ideologie. Auf Konzerten und am heimischen CD-Player.
12:28
Und Sven Liebich ist in den 90er Jahren mittendrin. Er besucht nicht nur Konzerte und hört diese Musik. Nein, er fängt selbst an, die Szene mit Hassmusik zu versorgen.
12:41
Das beginnt nach unseren Recherchen 1995. Liebich ist Mitte 20 und macht zum ersten Mal einen Versandhandel auf. Er nennt ihn "Ultima Tonträgervertrieb". Abgekürzt: "Ultima TV". Und diese Firma, dieser "Ultima Tonträgervertrieb", ist der Auftakt zu etwas, das Liebichs rechtsextreme Laufbahn bis heute prägt: Liebich verbindet seinen rechtsextremen Aktivismus mit seinem Geschäft – Ideologie und Geld verdienen gehen bei ihm Hand in Hand. In dieser Phase tritt Liebich aber nirgendwo öffentlich auf. Er macht seine Geschäfte eher im Hintergrund. Das bekommen nur Eingeweihte mit, Leute aus der Szene.
13:26
Damals, Mitte der 90er, gibt es noch keine Webseiten oder Downloads. Sondern Kataloge und Bestellung per Post. Und es gibt sogenannte Fanzines, das sind Heftchen in Kleinstauflagen, mit Konzertberichten und Interviews. Und darin Werbung für rechtsextreme Musikversandhändler, inkl. Bestelllisten. Auf den Listen von Liebichs "Ultima T" gibt es CDs von Bands mit Namen wie "Kraft durch Froide", mit O I geschrieben, "Störkraft" und "Radikahl", die wir eben schon gehört haben.
14:00
Einige Texte und Alben sind so volksverhetzend und gewaltverherrlichend, dass sie indiziert, also verboten werden. Das hält Sven Liebich aber nicht davon ab, solche CDs zum Kauf anzubieten.
14:12
Ein Beispiel: Im Oktober 1996 wird die Wohnung eines Jugendlichen durchsucht. Es geht eigentlich um Diebstahl. Laut Akte finden die Beamten in der Wohnung aber auch eine indizierte CD der Gruppe "Volkszorn". Der Jugendliche erzählt den Beamten, wo er die CD gekauft hat: Beim "Ultima Tonträgervertrieb" in Halle. Also bei Sven Liebich. Dieser zufällige Fund bei einer Hausdurchsuchung führt zum ersten Ermittlungsverfahren gegen Sven Liebich, das wir in unserer Recherche belegen können. Das passiert 1996.
14:52
Auch der Verfassungsschutz hat Liebichs Geschäfte inzwischen offenbar registriert. Im Verfassungsschutzbericht für das Jahr 1997 wird der "Ultima Tonträgerversand" namentlich genannt. Sven Liebich selbst aber nicht. Noch nicht. In dieser Zeit, Ende der 90er Jahre, boomt das Geschäft mit rechtsextremer Musik. Noch nicht. In dieser Zeit, Ende der 90er Jahre, boomt das Geschäft mit rechtsextremer Musik. Aber zumindest verläuft es nicht ganz ungestört:
15:17
Im Juli 1997 stehen Polizeibeamte vor Sven Liebichs Tür: Hausdurchsuchung. Es ist die erste Razzia beim "Ultima TV", von der wir wissen. Die Beamten beschlagnahmen Kundenlisten und 300 CDs, darunter auch verbotene.
15:33
Spätestens jetzt dürfte Liebich wissen, dass seine Geschäfte nicht mehr im Verborgenen ablaufen. Dass die Polizei ihn im Blick hat. Wie geht er damit um?
15:47
Um diese Frage zu beantworten, graben wir in Archiven. Und finden ein altes Neonazi-Magazin von 1997. Es heißt "Axtschlag". Zwei Monate nach der ersten Durchsuchung erscheint in diesem Neonazi-Heft ein Interview mit Sven Liebich. Seinen Nachnamen nennt er dort nicht. Er wird als "Sven von Ultima-TV" vorgestellt. Liebich erklärt, er wolle nicht nur selbst Konsument sein, sondern aus der Szene für die Szene verkaufen. Deshalb habe er den Ultima-Versand aufgezogen. Zitat:
16:19
Sven Liebich (nachgesprochen): "Ich meine aber die Meinung, die man vertritt, kann man nicht nur durch den Besuch von Konzerten und durch Hören von Musik verteidigen. Es gehört einfach mal mehr zum Kampf. Und das halte ich auch durch meine private Betätigung so. Und dies verlange ich aber auch von anderen. Ich betätige mich auf diesem Feld nun schon fast 2 Jahre und da ist es selbstverständlich, daß der Staatsschutz auf einen aufmerksam wird. Aber das werte ich eher positiv als negativ. Sozusagen als Gütesiegel, daß ich mit meinem Versand doch auf dem richtigen Weg bin. Man muß natürlich sehr vorsichtig sein."
Quelle: Quelle: "Axtschlag – Hildesheimer Skinhead-Zine", September 1997
16:48
Mitte der 90er reist Liebich nach England, zu Konzerten. Er trifft Kader der englischen Neonaziszene. Posiert mit ihnen auf Fotos. Über all das schreibt er selbst immer wieder Berichte in Neonazi-Zeitschriften. Nicht unter seinem vollen Namen, aber als "Sve" und mit Fotos, auf denen wir ihn eindeutig erkennen können. Sein "Ultima"- Versand gehört inzwischen zu den wichtigsten rechtsextremen Anbietern in Mitteldeutschland.
17:16
Und die Behörden? Die sind weiter an ihm dran:
17:23
Im November 1998 erlebt Liebich die zweite Hausdurchsuchung. Dieses Mal ist die Razzia den Behörden offenbar so wichtig, dass sie den Fund auch den Medien präsentieren. Der MDR berichtet damals:
17:36
Sprecher: "In den frühen Morgenstunden des 3. November griffen 30 Fahnder des Magdeburger Landeskriminalamtes zu. Im Hallenser Karpfenweg residierte der rechtsextreme Musikversand "Ultima TV". Nur in der Szene war diese Adresse bekannt. 0:16 Jetzt präsentiert das LKA seinen spektakulären Fund. Wochenlang war die Aktion generalstabsmäßig vorbereitet worden. Denn die Beamten witterten von Anfang an fette Beute. Und tatsächlich stießen sie nicht nur auf Musikaufnahmen. Alles, was das völkische Herz anscheinend begehrt, war bei Ultima TV zu haben. Plakate, Sticker und Buttons mit Nazi-Motiven und sogar bedruckte T-Shirts."
Quelle: MDR Sachsen-Anhalt heute vom 08.12.1998
18:11
Die Kamera schwenkt über Schallplatten, CDs, diverse Hakenkreuze, Plakate mit dem Konterfei von Adolf Hitler und den Symbolen der Waffen SS. All das hat die Polizei also dem MDR-Bericht zu Folge bei Ultima TV beschlagnahmt. Laut den Akten, die uns vorliegen, sind es: insgesamt rund 2.700 CDs, 100 Videos, 100 T-Shirts und Drucktechnik zum Bedrucken von Textilien.
18:39
Sprecher: "Verkaufswert: geschätzte 90.000 Mark. Ein großes Geschäft für die Dealer des braunen Unrats. Ein Geschäft, das vermutlich weiterlaufen wird, nur unterbrochen von der ein oder anderen Razzia."
Quelle: MDR Sachsen-Anhalt heute vom 08.12.1998
18:49
Und genau so kommt es auch für Sven Liebich. Mittlerweile ist er nicht mehr nur einfach ein Szene-Händler in Halle. Nein, er hat für sein Geschäft einflussreiche Verbündete, in Deutschland und im Ausland. Sven Liebich ist Mitglied eines internationalen Neonazi-Netzwerks: Es heißt "Blood and Honour". Der Name steht für Blut und Ehre, das war die Losung der Hitlerjugend. "Blood and Honour" ist die Organisation für Rechtsrock, für rechtsextreme Konzerte, Platten, CDs und Bands. Ende der 80er Jahre wird "Blood and Honour" in Großbritannien gegründet, von einem Rechtsrock-Musiker. Es entstehen bald Ableger in vielen europäischen Ländern, in den USA und Australien. Mitte der 90er auch in Deutschland.
19:43
Sprecher: "Deutschland den Deutschen, Ausländer raus, und dazu der Hitlergruß – eines der vielen von "Blood and Honour" veranstalteten Konzerten mit rechtsextremistischen Skin-Gruppen. Rund einhundert Skinhead-Bands gibt es inzwischen, die in ihren Texten zu Hass und Gewalt aufrufen."
Quelle: MDR Aktuell vom 14.09.2000
19:57
Doch bei "Blood and Honour" geht es nicht ausschließlich um Rechtsrock. Mit den Jahren stellt sich heraus: Es geht auch um Gewalt und Terrorismus. Zu dem Netzwerk zählt ein bewaffneter Arm, der sich Combat 18 nennt. Die 18 steht in der rechtsextremen Szene als Code für die Buchstaben A und H – also für Adolf Hitler. In Schriften von "Blood and Honour" wird das Prinzip des sogenannten führerlosen Widerstands propagiert. Demnach sollen sich Rechtsextremisten in kleinen Zellen organisieren und Anschläge verüben. Das ist exakt das Prinzip, nach dem die NSU-Terroristen agiert haben. Und sie wurden von "Blood-and-Honour"-Mitgliedern unterstützt: Ein sächsischer "Blood-and-Honour"-Funktionär besorgte den Terroristen Sprengstoff und half ihnen beim Untertauchen.
20:47
Und in diesem Netzwerk ist Sven Liebich nicht nur Mitglied. Er steigt zum Führungskader auf. Und wird Leiter der "Blood and Honour"-Sektion Sachsen-Anhalt. Sektionen, so heißen die regionalen Gruppen. Als Sektionsleiter gibt Sven Liebich Ende der 90er auch ein eigenes gedrucktes Magazin für "Blood and Honour" Sachsen-Anhalt mit heraus. Auf der ersten Seite steht fett gedruckt der folgende Hinweis.
21:12
"An den geneigten Leser: Diese Streitschrift ist der Weißen Rasse, Mutter Europa und dem Gewissen verpflichtet. Und nur diesen!!!"
Quelle: „The New Dawn - Rundbrief der Blood & Honour Sektion S.A.“
21:21
Mit drei Ausrufezeichen. Liebich zeigt sich in diesem Heft auf Fotos, kürzt seinen Nachnamen aber ab: Sven L. Einen Text in diesem Heft unterschreibt er mit "Eight-y-eight Sven L." Also mit dem Zahlencode 88. Der steht unter Neonazis für Heil Hitler. Wir haben uns natürlich gefragt, wie Sven Liebich heute zu all dem steht. Also sprechen wir ihn im Februar 2023 darauf an. In Halle auf dem Markt. Er bereitet dort gerade seine montägliche Demo vor.
21:57
Jana Merkel: "Hallo, Herr Liebich, guten Abend, Herr Liebich, hallo."
Sven Liebich: "Sie wissen, dass ich mit Ihnen nicht rede."
Jana Merkel: "Herr Liebich, Sie waren ja damals, Sie haben damals bei "Blood and Honour" von der weißen Rasse gesprochen, die gerettet werden müsste. Ist das, wie stehen Sie denn heute zu solchen Aussagen? Hat sich da in ihrer politischen Haltung was geändert von damals zu heute?"
Sven Liebich: (leise) "Das ist 30 Jahre her, ich bin jetzt Linkspartei-Mitglied, wissen Sie doch auch."
22:24
Dass er Mitglied der Linkspartei sei, das behauptet Liebich schon seit Jahren. Es stimmt aber nicht. Die Partei selbst hat das mehrfach dementiert.
22:34
Unsere Frage, wie er heute zu seiner Rolle bei "Blood and Honour" steht, will Liebich uns aktuell nicht beantworten. Vor ein paar Jahren war das anders. 2016 haben wir ihn schon einmal in einem Interview auf "Blood and Honour" angesprochen.
22:47
Sven Liebich: "Es ist in England gegründet worden. Ich habs als Musikformation wahrgenommen. Und hier in Deutschland hab ich jetzt da auch nichts – es waren zwar harte Jungs dabei, aber man fühlte sich irgendwie elitär. Was man nicht wirklich war. Man trug ne schicke, damals schicke, schwarze Jacke und wurde von anderen Nicht-Mitgliedern halt so ein bisschen nach oben angeguckt. Vielleicht war das für viele, auch für mich, der einzige Grund da überhaupt dabei zu sein. Aber die waren mir damals viel zu, viel zu unpolitisch. Also das war jetzt wirklich. Also ich war ja damals eher so die politische und das war eindeutig nur Musik. Die Rädelsführer dort waren in meinen Augen überhaupt nicht politisch. Sondern auch Geschäftsleute in Sachen Musik."
23:26
Nur Musik? Nur Geschäftsleute? Nicht politisch? Das sehen die Behörden damals ganz anders. Sie finden "Blood and Honour" so gefährlich, dass die Vereinigung in Deutschland sogar verboten wird. Das passiert im September 2000. Damals ist Otto Schily von der SPD Bundesinnenminister.
Otto Schily: "Das ist eine neonazistische Organisation, die ganz ausgesprochen die nationalsozialistische Ideologie propagiert, Rassenwahn propagiert, Fremdenfeindlichkeit. Und ähm sich in der Musikszene betätigt, also gerade den emotionalen Zugang versucht zu Jugendlichen zu finden und offenbar da einen unheilvollen Einfluss ausübt."
Quelle: MDR Aktuell vom 14.09.2000
24:10
Sven Liebich behauptet, "Blood and Honour" sei unpolitisch gewesen, nur Musik. Aber Fakt ist: Er war dort "Sektionsleiter". Bei einer Vereinigung, die vom Bundesinnenministerium verboten wurde. Und das passiert nun wirklich nicht oft. Wir fragen uns: Wie ist Sven Liebich überhaupt Führungskader von "Blood and Honour" geworden? Wie sah seine Rolle dort genau aus? Hier kommen wir nicht weiter. Wir brauchen Insiderwissen. Wir müssen mit jemandem reden, der dabei war. Wir durchforsten die 56 Seiten auf Hinweise. Und werden fündig.
24:48
Unter dem Stichwort "Blood and Honour" Sektion Sachsen-Anhalt steht neben dem Namen von Sven Liebich noch ein Name: Nennen wir ihn Jens M*. Mit diesem Jens M. hat Liebich damals laut Akten die "Blood and Honour" Sektion Sachsen-Anhalt gemeinsam angeführt.
25:05
Wir machen uns auf die Suche nach Jens M. Mein Kollege Tim Schulz und ich finden nach langer Suche tatsächlich eine aktuelle Adresse in Halle.
25:14
Jana Merkel: "Hallo!"
Tim Schulz: "Hallo, Jana!"
Jana Merkel: "Na?"
Tim Schulz: "Na?"
25:23
Tim hat in Archiven recherchiert. Er hat zahlreiche Texte gefunden, an denen Jens M. mitgewirkt hat. In mehreren rechtsextremen Heften taucht Jens M. als Autor und Mitherausgeber auf. Die Hefte sind in den frühen 2000er Jahren entstanden.
25:40
Tim Schulz: "Sommer 2000. Das müsste in der August-Ausgabe gewesen sein.
Jana Merkel: "Tim und seine Berge von Papier."
Tim Schulz: "Ich bin da ein bisschen zu tief eingetaucht in das Ganze. Ich bin quasi Abonnent, (lacht) nein."
25:56
Tim zitiert aus einer rechtsextremen Zeitschrift. Darin ist Jens M. in einer Art Impressum als Kontakt angegeben.
26:04
Tim Schulz: "Hier ein Zitat: 'Es ist der gläubige – Es ist der die gläubigen Juden auf die Erlangung der Weltherrschaft durch Geldleihe ausrichtende Jahwe-Kult.' Also auch wieder klassische antisemitische Verschwörungstheorien, würde ich sagen."
Jana Merkel: "Es klingt alles so kompliziert, ne? Unterm Strich ist es einfach schlicht die Judenfeindlichkeit."
Tim Schulz: "Ja, die Juden und die Erlangung der Weltherrschaft. Das ist, glaube ich, der, die Quintessenz des Ganzen."
Jana Merkel: "Wir wissen aber nicht, wo er heute steht, politisch oder?"
Tim Schulz: "Also die, die Schriften hier sind aus dem Jahr 2000, 2001, 2002. Ist lange her."
Jana Merkel: "Ist natürlich auch kein – Also ist für uns jetzt einfach unbekanntes Terrain, weil wir nicht wissen. Also A) wissen wir nicht, ob wir ihn treffen. Wir wissen vor allem nicht, wie er auf uns reagiert und wo er heute politisch weltanschaulich steht, ja."
26:51
Ein bisschen unbehaglich ist uns zumute – Jemanden an seiner privaten Adresse aufzusuchen, den wir kaum einschätzen können. Wir sind in einem Wohngebiet mit sanierten Altbauten, ziemlich bürgerlich und unauffällig.
27:17
Tim Schulz: "Ich glaube, das ist noch eins weiter."
Jana Merkel: "Da! Ok. Also das ist, der Name stimmt."
Tim Schulz: "Der Name stimmt."
Jana Merkel: "Steht noch ein zweiter Name dran. Lebensgefährtin, Mitbewohner, Mitbewohnerin. Klingeln?Gut, ich klingele."
27:38 Und tatsächlich: Die Tür geht auf - wir zögern kurz - und gehen rein.
27:47
Jana Merkel: "Hallo Guten Tag! Sind Sie Herr *Name gepiepst?"
27:49
Jens M. kommt uns im Treppenhaus entgegen. In kurzer Hose und Latschen steht er vor uns. Jens M. ist überrascht, dass Journalisten ihn besuchen. Er habe gedacht, seine Partnerin hätte geklingelt, damit er hilft, die Einkäufe hochzutragen. Er wirkt irritiert, aber nicht feindselig. Wir sprechen ihn auf Sven Liebich an, bitten um ein Interview. Das will er nicht. Aber wir reden ein paar Minuten im Treppenhaus miteinander. Danach müssen Tim und ich uns erst mal sortieren.
28:21
Tim Schulz: "Puh, wow."
Jana Merkel: "Mhhh, schade. Lass mal ein Stück die Straße runtergehen."
28:31
Der Mann in kurzen Hosen und Latschen – das war also ein ehemaliger "Blood and Honour"-Kader. Damals hat er antisemitische, rassistische Texte mitveröffentlicht. Und heute?
28:43
Jana Merkel: "Wie hat er jetzt auf dich gewirkt?"
Tim Schulz: "Naja, als ob es ihm halt ziemlich unangenehm wäre. Ich weiß nicht, ich will mir nicht anmaßen zu sagen, dass er irgendwie ausgestiegen wäre oder so. Aber zumindest ist es ein Teil seines Lebens, mit dem er sich jetzt nicht mehr so richtig sich identifiziert, oder?"
Jana Merkel: "Sagt er zumindest."
Tim Schulz: "Sagt er, ja."
Jana Merkel: "Wollte mit Liebich überhaupt nichts mehr zu tun haben. Und er sagt, er hat ihn Jahre schon nicht gesehen und jahrelang keinen Kontakt gehabt und will auch gar nicht auf dessen Radar landen. So hat er das, glaube ich. ausgedrückt."
Tim Schulz: "Trotzdem haben wir nichts über die Fragen erfahren, die wir eigentlich klären wollten."
*Namen geändert
29:22
Wir suchen weiter nach Insidern. Und finden eine Spur zu einer weiteren Person, mit der Liebich bei "Blood and Honour" zu tun hatte. Dafür müssen wir kurz zurückspulen: Bis ins Frühjahr '98. Die Szene spielt sich an einem Grenzübergang ab, in Nettetal, im Kreis Viersen in NRW. Ein Auto überquert die Grenze, aus den Niederlanden nach Deutschland. Zwei Zollbeamte halten den Wagen an, kontrollieren ihn. Die Beamten finden in dem Auto hunderte CDs, Fahnen, Plakate und Szene-Kleidung. "umfangreiches NS-Propagandamaterial", wie es in der Akte genannt wird.
30:03
Das durchsuchte Auto ist das Auto von Sven Liebich. Er selbst ist der Fahrer. Liebich wird festgenommen und verhört, ein Ermittlungsverfahren wird eingeleitet. Doch Liebich ist bei dieser Aktion nicht allein. Mit ihm zusammen im Auto sitzt ein Mann: Wir nennen ihn Frank T*. Wir finden heraus: Dieser Frank T. gehört auch zu "Blood and Honour". Er ist damals, Ende der 90er, Führungskader in Bayern. Damit ist Frank T. also ein überregionaler Kontakt von Sven Liebich im Netzwerk von "Blood and Honour". Na klar, mit dem müssen wir unbedingt sprechen. Also machen Tim und ich uns wieder auf den Weg.
30:49
Es ist eisig kalt, Januar 2023. Unsere Suche nach Frank T. führt uns nach Bayern.
30:59
Bevor wir losgefahren sind, haben wir eine wichtige Sache über Frank T. herausgefunden: Er hat offenbar mit der rechtsextremen Szene gebrochen. Das war so 2002/2003. Also vor rund 20 Jahren. Frank T. ist also ein Aussteiger. Ob das die Chance erhöht, dass er mit uns spricht?
31:19
Jana Merkel: "Also er ist ja einer bisher der einzige, den wir auf dem Schirm haben, der ausgestiegen ist, und damals mit Liebich in der Blood-and-Honour-Phase zu tun hatte."
Tim Schulz: "Und sie waren ja beide bei "Blood and Honour" auch auf einer Ebene also. Sie haben, sie waren so eine Art Regionalleiter, kann man sagen."
Jana Merkel: "Ja. Okay, dann gucken wir mal, ob wir ihn finden."
31:46
Auch Frank T. war damals ein Szene-Unternehmer, ähnlich wie Sven Liebich. Frank T. hatte auch einen Versandhandel, er hat Konzerte organisiert und hatte sogar ein eigenes Musiklabel für Rechtsrock.
31:59
Jana Merkel: "Ich bin total gespannt. Hoffentlich ist er da. Hoffentlich redet er mit uns."
Tim Schulz: "Ich weiß auch gar nicht, was ich jetzt erwarten soll, also mal sehen. Ich bin sehr gespannt, ob der überhaupt irgendwie, ob wir jemanden antreffen."
32:13
Wir haben eine halbwegs aktuelle Adresse recherchiert. Dorthin sind wir unterwegs. Ob Frank T. dort wirklich noch wohnt, wissen wir aber nicht. Das Navi führt uns in einen kleinen Ort in Bayern. Zu einem Mehrfamilienhaus.
32:33
Jana Merkel: "Wollen wir mal gucken, da sind Biefkästen?"
Jana Merkel: "Okay, er wohnt noch hier. Sein Name steht am Briefkasten und an der Klingel auch. Gut."
Tim Schulz: "Wollen wir?"
Jana Merkel: "Klingeln?"
Tim Schulz: "Ja."
Jana Merkel: "Gut. Ich klingele"
32:58
Er meldet sich an der Gegensprechanlage.
33:01
Jana Merkel: "Hallo guten Abend, Herr *Name gepiepst. Mein Name ist Jana Merkel vom Mitteldeutschen Rundfunk. Ich grüße Sie, ich bitte um Entschuldigung, dass wir sie so spät stören. Wir wollten sie eigentlich gern anrufen, aber wir konnten leider nirgendwo eine Telefonnummer finden. Ich bin mit meinem Kollegen hier, mit Tim Schulz vom MDR. Und wir machen einen Podcast. Und wir würden Sie gerne was fragen, weil es in dem Podcast um jemanden geht, den sie vielleicht von früher kennen."
33:25
Wir schalten das Mikro aus, denn er sagt, er wolle darüber nicht sprechen, sondern seine Ruhe haben. Er habe jetzt ein anderes Leben, das alles sei alles 20 Jahre her. Und dann legt er auf.
33:37
Jana Merkel: "Er wusste sofort, um welche Zeit es geht. Offensichtlich, weil er gesagt hat, ist über 20 Jahre her. Und er will damit nichts mehr zu tun haben. Tja, was machen wir jetzt?"
*Namen geändert
33:52
Weil die Insider so verschwiegen sind, verabreden wir uns mit jemandem, der "Blood and Honour" zwar nicht von innen kennt, aber sich seit vielen Jahren damit beschäftigt. In Regensburg treffen wir uns mit Jan Nowak.
34:05
Jana Merkel: "Das ist jedenfalls großartig, dass sie sich die Zeit nehmen."
Jan Nowak: "Sehr gern."
34:08
Jan Nowak arbeitet bei der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus in Bayern. Er kennt die Strukturen von "Blood and Honour" in Bayern, in ganz Deutschland und Europa. Jan Nowak soll uns helfen, zu verstehen, wie "Blood and Honour" funktioniert hat. Damit wir die Rolle von Sven Liebich besser einordnen können. Also reden wir erst mal über seine Funktion: Als Sektionsleiter in einer Region.
34:31
Jana Merkel: "Wie einfach oder wie schwer war denn das, da Sektionsleiter zu werden?
Jan Nowak: "Also man konnte nicht einfach sagen, hier, ich will eine ""Blood and Honour""-Ortsgruppe gründen und konnte das einfach tun, sondern man wurde eben autorisiert durch die Bundesleitung, Bundesführung von "Blood and Honour", es ist ein klar hierarchisches System gewesen. Es war eben der Anspruch von Exklusivität damit verbunden. Es konnte eben nicht jeder Teil von "Blood and Honour" sein, sondern nur Personen, die eben als, ja, charakterlich geeignet gesehen wurden, als weltanschaulich geeignet oder die ganz profan irgendwie auch einen Nutzen für die Blood-and-Honour-Bewegung gebracht haben."
35:08
Einen Nutzen – wie zum Beispiel einen gut laufenden Versand, einen Kundenstamm, technische Ausstattung. Das traf auf Liebich zu. Jan Nowak erklärt uns: Viele CDs mit Blood-and-Honour-Bands hätten Szenehändler nur verkaufen dürfen, wenn die Blood-and-Honour-Führung in Großbritannien das genehmigt hatte. Ohne Erlaubnis wäre das nicht gegangen.
35:31
Und er hat eine Erklärung für die Szene am Grenzübergang. Ihr erinnert euch: Sven Liebich, Frank T., ein Auto voller CDs und NS-Propaganda. In Deutschland gibt es Strafgesetze gegen Volksverhetzung oder die Verwendung bestimmter NS-Symbolik. Also wurden CDs mit solchen Inhalten im Ausland gepresst und produziert. Und dann nach Deutschland geschafft. Internationale Arbeitsteilung bei Neonazis also.
35:59
Wir zeigen Jan Nowak Liebichs eigene Aussagen über "Blood and Honour". Stichwort: Nur Musik, nicht politisch. Wir wollen wissen, was der Experte dazu sagt:
36:09
Jan Nowak: "Es war, wie das ein geschätzter Kollege mal gesagt hat, eben die Begleitmusik zu Mord und Totschlag in den 1990er-Jahren mit der Vielzahl von rassistischen oder auch anderen rechten Übergriffen, Anschlägen, Morden, die ganz, ganz eng mit dieser neonazistischen Skinhead-Bewegung der 1990er und frühen Nullerjahre ja verknüpft war. Und es war eine verstörend rassistische, antisemitische, NS-verherrlichende, brutale Musik, die eben auch zur Umsetzung dessen, was in den Songs propagiert wurde, ganz konkret angeregt hat. Also, es gibt eine ganze Reihe von rechten Morden in den 1990er-Jahren, wo in den Gerichtsverfahren dann herausgearbeitet wurde, dass sich die Täter eben mit der entsprechenden Musik erst, wenn man so will, aufgeputscht haben, in Stimmung gebracht haben und dann losgezogen sind, um das Realität werden zu lassen."
Jana Merkel: "Es ist eben doch nicht nur Musik, offensichtlich.?"
Jan Nowak: "Na ja, es war nie nur Musik, sondern Musik ist eine Waffe in dem Zusammenhang gewesen und wurde ja auch als solche verwendet."
37:19
Jetzt haben wir Papier gewälzt, Zeitschriften zitiert, Archive durchwühlt und mit einem Experten gesprochen. Aber uns fehlt immer noch die Innensicht aus der Szene. Jemand, der dabei war. Jemand, der Liebich aus dieser Zeit kennt. Wir suchen weiter. Monatelang. Wir finden Namen und Telefonnummern.
37:42
Thomas Vorreyer: "Ja, schönen guten Tag. Thomas Vorreyer mein Name. Ich bin Journalist vom Mitteldeutschen Rundfunk, MDR"
Tim Schulz: "Guten Tag, hier ist Tim Schulz vom Mitteldeutschen Rundfunk"
37:49
Wir telefonieren und schreiben E-Mails. Und wir klingeln an diversen Türen. Kein Kommentar. Niemand will reden. Ein halbes Jahr geht das so.
38:01
Dann bekommen wir einen Tipp und eine weitere Telefonnummer. Wird uns jetzt doch noch ein Insider erzählen, wie das damals war? Wie Liebich innerhalb der Szene wahrgenommen wurde? Wir rufen die Nummer an:
38:25
Und tatsächlich: Der Insider ist bereit zu sprechen. Aber anonym. Er will sich und sein Umfeld schützen. Mittlerweile hat er sich von der Szene distanziert. Wir lassen seine Aussagen deshalb von einem Kollegen nachsprechen.
38:40
Jana Merkel: "Hallo, guten Tag. Jana Merkel hier, vom MDR. Ich grüße Sie."
38:43
Der Insider beschreibt, wie er Liebich damals erlebt hat. Der sei eine sehr zentrale Figur in der Szene gewesen.
38:50
Insider: "Liebich war so – man könnte das als einen hyperaktiven Menschen beschreiben. Ganz viel aktiv, immer auf Achse – also wirklich, man hat gedacht, der Mann schläft nie. Der schien auch alles selbst zu machen. Das wirkte auch so – naja, er musste alles immer unter Kontrolle haben, so ein Zwang. Also er war wirklich sehr aktiv, aber auch natürlich sehr fordernd. Das heißt, es gab also ganz klare Regeln damals, an die man sich auch halten musste."
39:16
Liebich wurde schließlich auch Anführer der Neonazi-Kameradschaft in Halle.
39:21
Insider: "Die Kameradschaft Halle war damals eine ziemlich bedeutende Kameradschaft. Also, die auch innerhalb der Szene einen wichtigen Ruf hatte und Mitspracherecht hatte. Und Liebich ist halt dort der Kameradschaftsführer gewesen. Und damit eben eine wichtige, zentrale Figur. Er war bekannt, jeder kannte ihn eigentlich. Und ich hatte schon den Eindruck, dass er in der Szene voll akzeptiert war damals. Und so, wie ich das wahrgenommen habe, war seine Welt einerseits vor allem Kameradschafts-Führung und auch Konzerte und andererseits natürlich der Versand. Also alle Kameradschaften zu beliefern, mit den neuesten CDs, die es so gab."
39:58
Jana Merkel: "Was hat man denn davon, wenn man so eine schlagkräftige Kameradschaft hat? Also, inwiefern macht einen das stärker oder wichtiger?"
40:06
Insider: "Na durch die klare Loyalität, die in dieser Kameradschaft herrscht. Und wenn er der Kameradschaftsführer ist, dann führt er natürlich ein Leben als jemand, der da die Ansagen macht. Und das hat er, glaube ich, auch gebraucht. Ja, ich würde schon sagen, er war ein Typ, der das auch genossen hat. Ja, und dadurch war das wahrscheinlich nicht ohne Eigennutz, dass er immer dafür gesorgt, dass diese Kameradschaft auch ihre Wichtigkeit behält, mit ihm an der Spitze. Das ist ja sein Leben gewesen. Er hat die quasi aufgebaut, diese Kameradschaft Halle. Er hat da ja auch Leute reingeholt. Also Rekrutierung und Radikalisierung und Führung. Das war sein Ding."
40:43
Jana Merkel: "Wieviel Geld war denn zu verdienen mit so einem Versand wie Liebich den betrieben hat?"
40:47
Insider: "So ein Versand wirft eine ganze Menge Geld ab. Zu den Hoch-Zeiten, sage ich mal, hatte er auf jeden Fall einen sehr gut laufenden Versand. Das wusste man auch. Er macht zwar immer nach außen, das hat er früher schon gemacht, diese minimalistische Show. Also nicht so auf großem Fuß leben. Damit die Leute auch nicht auf die Idee kamen, dass sie da einen Kommerz-Verein unterstützen. Gab ja damals so eine Kampagne gegen Kommerz in der Szene, weil so viele Versände aus dem Boden gestampft wurden. Und da haben einige auch offen gezeigt, dass sie gutes Geld verdienen. Das kam nicht immer gut an. Und von daher hat Liebich immer genau das Gegenteil gemacht, denk ich."
41:23
Jana Merkel: "Was glauben Sie denn, was sein innerer Antrieb ist? Ist es eher das Geschäft? Oder ist es eher die Ideologie?"
Insider: "Ich glaube, das ist eine Mischung aus beiden. Also, Ideologie war absolut zentral bei ihm. Er ist wirklich sehr überzeugt gewesen. Und er brauchte diesen Führungsanspruch, also als Führungsfigur wahrgenommen zu werden, das brauchte er. Ich glaube, er hätte sich nie – Liebich ist kein Typ, der sich untergeordnet hätte, der irgendwo als Mitläufer hätte fungieren können. Und sein Versand war da natürlich ein Vorteil. Wer einen Versand hatte und diese Netzwerke, das war natürlich immer ein ganz bedeutendes Pfund. Das hat ihm schon auch Gewicht und Größe gegeben."
42:04
Der Insider bestätigt damit unsere Recherche: Liebich ist durch seine Geschäfte in der Szene aufgestiegen und war überzeugter Neonazi. Aber all das passiert erst mal noch eher im Verborgenen, im Hintergrund. Liebich ist zwar in der Szene bekannt – und bei den Behörden – aber öffentlich tritt er in dieser ersten Phase kaum auf.
Das ändert sich – nach der Jahrtausendwende. Sven Liebich entdeckt nämlich ein weiteres Feld für sich: Die Straße.
42:36
Neonazi-Demo: "Wir sind das Volk! Wir sind das Volk!"
Neonazi-Demo: "Frei, Sozial und National!"
42:43 Die Stimme am Megaphon, die wir gerade gehört haben: Das ist Sven Liebich im Jahr 2000. Er organisiert nun Demos, rückt vor – in die sichtbare erste Reihe. Liebich kann hunderte Neonazis zu Aufmärschen mobilisieren. In Sachsen-Anhalt, Thüringen, Sachsen. Wir finden viele Fotos von Liebich aus dieser Zeit: Ein vergleichsweise kleiner Mann, oft mit Megaphon. Bei zahlreichen Neonazi-Demos.
43:11
Neonazi-Demo: "Wer Deutschland nicht liebt, soll Deutschland verlassen!"
Neonazi-Demo: "Frei, Sozial und National!"
43:20
Die Präsenz auf der Straße macht seinen Namen noch bekannter, und jetzt auch außerhalb der Szene. 2002 steht dann nicht mehr sein Versandhandel im Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt, sondern der Name Sven Liebich.
"LIEBICH war mit seinen Unterstützern in verschiedenen Bereichen tätig. So nahm er an regionalen und überregionalen Demonstrationen und Veranstaltungen teil und betätigte sich dabei immer mehr als Agitator und „Aufstachler“. (...) LIEBICH war bei seinen Aktivitäten vor allem auf Außenwirkung bedacht."
Quelle: Verfassungsschutzbericht Sachsen-Anhalt 2002
43:53
Parallel dazu läuft ab 2000 der Szeneladen in Halle, von dem wir euch am Anfang dieser Folge erzählt haben. Und zusätzlich zu seinen Geschäften und zu den Aktionen auf der Straße entdeckt Liebich ein weiteres Feld für sich: Das Internet. Er betreibt mit anderen zum Beispiel den sogenannten "Nationalen Beobachter". Eine Website und ein Heft, das Infos für die regionale Neonaziszene bündeln. 2002 schreibt der Verfassungsschutz über den "Nationalen Beobachter", Zitat:
44:24
"Damit dürfte das Redaktionsteam um Sven LIEBICH als Ideengeber dazu beigetragen haben, die regionale Zersplitterung der Szene zu überwinden und deren Handlungsfähigkeit zu erhöhen. (...) Inhalte von Print- und Onlineausgabe sind vor allem Aufrufe zu Veranstaltungen und Berichte über diverse Aktivitäten der rechtsextremistischen Szene."
Quelle: Verfassungsschutzbericht Sachsen-Anhalt 2002
44:47
Geschäfte, Demos, Internet – Das waren damals Liebichs Spielfelder. Und sie sind es auch heute. Das geht also seit rund 30 Jahren so.
44:58
Der Staat weiß von all dem. Der Verfassungsschutz beobachtet Liebich schon in den 90ern – und auch die Polizei hat ihn im Blick: Wir wissen von drei Razzien, Beschlagnahmungen. Und wir wissen von 14 Ermittlungsverfahren zwischen 1996 und 2000.
45:16
Ihr erinnert euch an die Razzia bei Ultima TV 1998? Über die der MDR berichtet hat. Bei der massenhaft CDs und NS-Propaganda beschlagnahmt wurden. Diese Razzia mündet offenbar später in einer Anklage. Vier Jahre später, 2002 steht ein Prozess kurz bevor. Und Liebich ist nicht allein angeklagt. Auch zwei Männer, über die wir in dieser Folge gesprochen haben: Liebichs damaliger Kumpel Jens M.* aus Halle und Frank T.* aus Bayern sind mit angeklagt. Die Mitteldeutsche Zeitung berichtet über die Anklage und druckt ein Foto von Liebich.
*Namen geändert
46:00
Wir versuchen herauszufinden, wie diese Anklage ausgeht, ob Liebich verurteilt wird.
Das Kuriose: Niemand kann uns diese Frage beantworten. Nicht der in der Zeitung zitierte Staatsanwalt, nicht die Pressestelle der Staatsanwaltschaft Halle. Auch das zuständige Landgericht nicht. Niemand erinnert sich und es gibt keine Unterlagen.
46:22
Das findet ihr merkwürdig? Wir auch. Sicher ist: Wenn es ein Urteil gegeben hätte, dann müsste es archiviert worden sein. Das könnte bedeuten, dass das Verfahren eingestellt worden sein könnte. Und eingestellte Verfahren werden nach einer gewissen Frist gelöscht, die Akten vernichtet.
46:41
Liebich selbst behauptet später mal in einem Zeitungsinterview, er sei in dieser Zeit nie verurteilt worden.
46:49
An dieser Stelle müssen wir über eine Frage sprechen, die viele unserer Gesprächspartner beschäftigt: Könnte Sven Liebich geschont worden sein? War er womöglich ein Informant für die Behörden: ein Polizei-Informant? Ein V-Mann des Verfassungsschutzes? Das ist eine brisante Frage.
Erst mal die Fakten:
47:14
Wie wir zu Beginn der Folge erzählt haben, kannte Sven Liebich einen der wichtigsten V-Männer im Umfeld des NSU: Thomas Richter, Deckname CORELLI. Sven Liebich behauptet, von dessen V-Mann-Tätigkeit nichts gewusst zu haben. Corelli war jedoch längst nicht der einzige V-Mann in der Szene – und damit im Umfeld von Sven Liebich.
47:36
Auch bei "Blood and Honour" – wo Liebich selbst ein Führungskader war – gab es diverse V-Leute. Über die Jahre wurden mindestens fünf V-Leute bei "Blood and Honour" enttarnt. Sogar der Deutschland-Chef von "Blood and Honour" entpuppt sich 2017 als V-Mann. Und im Umfeld des NSU ist die Dichte von V-Leuten noch deutlich größer: Es sind laut Medienberichten inzwischen über 40 V-Personen bekannt geworden, die im engeren und weiteren Umfeld der NSU-Terroristen aktiv waren. Die also von Behörden für Informationen aus der Szene bezahlt wurden. Über die Rolle von V-Leuten im NSU-Komplex wurde viel berichtet und noch längst sind nicht alle Fragen geklärt.
Und es gab immer wieder Berichte darüber, dass V-Leute bei Ermittlungsverfahren geschont worden sein sollen.
48:26
Könnte Sven Liebich auch ein V-Mann gewesen sein?
Diese Frage haben wir Behörden in Sachsen-Anhalt und auf Bundesebene gestellt: Die Antworten sind ähnlich, zum Teil wortgleich. Deshalb zitieren wir hier stellvertretend das Innenministerium Sachsen-Anhalt, zuständig für das LKA, die Polizei in Halle und den Verfassungsschutz in Sachsen-Anhalt. Das Innenministerium schreibt uns, Zitat:
48:52
"(...) dass eine Beantwortung Ihrer Frage nicht erfolgen kann, da sie den konkreten Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel betrifft. (...) Es wird darauf hingewiesen, dass aus dieser Beantwortung kein Rückschluss auf einen möglichen Einsatz von nachrichtendienstlichen Mitteln getroffen werden kann."
Quelle: Innenministerium Sachsen-Anhalt, 20.04.2023
49:09
Keine Bestätigung, kein Dementi. Wir sprechen Sven Liebich darauf an:
49:15
Jana Merkel: "Sie wissen, dass es, dass es ja immer wieder diese Gerüchte gab. Es gab Thomas Richter, der als V-Mann enttarnt worden ist. Es gibt..."
Sven Liebich: "*Name gepiepst durfte dafür eine Unterlassung unterschreiben."
Jana Merkel: "Es gibt immer wieder -"
Sven Liebich: "Sie wollen doch solche Gerüchte jetzt nicht nähren. Oder unterstellen so was."
Thomas Vorreyer: "Sie können sich ja dazu positionieren."
Jana Merkel: "Genau, ich habe ja noch gar nichts, habe ich noch gar nicht gefragt. Es gibt Leute, die das, die das über sie sagen oder vermuten, dass sie selber auch mal V-Mann waren."
Sven Liebich: "Es gibt Leute, die der Lügenpresse Korruption unterwerfen. Ich bin gerade, ich bin auf jeden Fall kein korruptes Schwein. Das unterstelle ich Ihnen natürlich auch nicht. Die Schweine täten mir leid"
Jana Merkel: "Also sie sagen, sie waren kein V-Mann?"
49:49
Wir schicken ihm unsere Fragen dazu nochmal schriftlich. Darauf bekommen wir keine Antwort. Aber er hat in den letzten Jahren bei verschiedenen Gelegenheiten bestritten, ein V-Mann gewesen zu sein, auch vor Gericht.
50:05
Sven Liebich ein V-Mann – dafür finden wir keine Belege.
50:12
Sicher ist: Sven Liebich ist in den 90ern und frühen 2000er Jahren erfolgreich, er steigt auf, macht Geld, gewinnt Renommee in der Szene. Die Justiz lässt ihn offenbar vom Haken. Es läuft ziemlich gut für ihn. Er ist eine einflussreiche Führungsfigur, verschafft sich viel Aufmerksamkeit. Doch dann passiert etwas vollkommen Unerwartetes: Nach all den Jahren und all den Erfolgen verschwindet er von der Bildfläche. Er zieht sich zurück, er verschwindet aus der Öffentlichkeit. 2004 die letzten öffentlichen Auftritte, die letzten Demos. Und dann wird es still um ihn… Vorerst.
MDR