Vor einer Notarin steht eine Justitia auf einem Schreibtisch
Die Zahl der Notare in Sachsen-Anhalt sinkt. Bildrechte: IMAGO / blickwinkel

Rechtspflege in Sachsen-Anhalt Wie das Land mit weniger Notaren zurechtkommt

24. Oktober 2023, 10:53 Uhr

Nachlässe verwalten, Firmen gründen oder ein Haus kaufen: Dafür braucht es Notare. In Sachsen-Anzahl sinkt ihre Zahl seit Jahren. Das Justizministerium und die Notarkammer sehen darin aber kein Problem. Sie sagen: Es gibt Gründe, warum weniger Notare gebraucht werden.

Leonhard Eckwert
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Immer weniger Notare kümmern sich in Sachsen-Anhalt darum, Urkunden auszustellen oder Firmen zu registrieren. Im Jahr 2013 gab es im Land noch 78 Stellen. Im Oktober dieses Jahres waren es nur noch 63. Das geht aus einer Kleinen Anfrage aus dem Landtag hervor. Laut Justizministerium und der Notarkammer Sachsen-Anhalt ist das Land aber trotzdem "bedarfsgerecht versorgt".

Was machen Notare? Notare sind unabhängige Juristen, die Bürgern und Unternehmen helfen, rechtssichere Dokumente zu verfassen. Das können zum Beispiel Urkunden, Testamente und Verträge sein.

Zusätzlich sorgen Notare dafür, rechtliche Ansprüche umzusetzen – wie zum Beispiel Zwangsvollstreckungen oder die Erfüllung von Testamenten. Notare sollen dafür sorgen, dass niemand aus Unwissenheit einen rechtlichen Nachteil hat.

Das Land legt die Zahl der Notarstellen zusammen mit der Ländernotarkasse, der Notarkammer und den zuständigen Landgerichten fest. Im Vergleich zum Vorjahr gibt es in Sachsen-Anhalt eine Notarstelle weniger. Der Landkreis Anhalt-Bitterfeld hat eine seiner fünf Stellen abgeben müssen.

Die meisten Notare pro Einwohner gibt es im Landkreis Stendal. Rund 4,5 Notare kommen hier auf 100.000 Einwohner. Die wenigsten Stellen gibt es im Saalekreis. Hier kommt rund ein Notar auf 100.000 Einwohner.

In der Mehrzahl der Kreise hat sich die Zahl der Stellen seit 2013 um ein oder zwei Notare reduziert. Im Landkreis Stendal, im Burgenlandkreis, in der Börde und in Dessau-Roßlau gibt es hingegen noch genauso viele Stellen.

Zahl der Notare allein ist nicht aussagekräftig

Die Zahl der Notare allein sagt allerdings nicht aus, wie gut eine Region versorgt ist. "Mit Blick auf den für die kommenden Jahre prognostizierten Bevölkerungsrückgang in Sachsen-Anhalt wird auch ein Rückgang der Nachfrage nach notariellen Leistungen erwartet", schreibt das Ministerium für Justiz und Verbraucherschutz auf Anfrage.

In Sachsen-Anhalt leben immer weniger Menschen. Und laut der Bevölkerungsprognose wird ihre Zahl in Zukunft weiter zurückgehen. Damit werden weniger Menschen notarielle Dienste nutzen.

Zudem verteilt das Land die Stellen nach Bedarf. Notare arbeiten über Kreisgrenzen hinweg und sind an Wirtschaftsstandorten stärker gefragt. In dem Raum rund um Halle oder beim Chemiepark in Bitterfeld-Wolfen gibt es zum Beispiel viele Unternehmen, die notarielle Leistungen brauchen.

Notarkammer in Sachsen-Anhalt: Rückgang ist kein Problem

Auch aus der Sicht der Notarkammer Sachsen-Anhalt ist der Rückgang der Notarstellen "kein Problem". Der Bedarf nehme ab, so Geschäftsführerin Fanny Wehrstedt.

Während es nach der Wiedervereinigung einen enormen Bedarf an notariellen Leistungen im Immobilienbereich gegeben habe, nehme dieser nun Jahr für Jahr ab, sagt Wehrstedt. Aktuell sei der Immobilienbereich stark eingebrochen – ohne dass eine Umkehr erkennbar sei. Zugleich sind laut Wehrstedt die Notariate effektiver geworden und beschäftigen mehr Mitarbeitende.

Die Notariate im Land werden so geplant, dass sie wirtschaftlich arbeiten. Sinkt die Zahl der benötigten Urkunden, muss das Land Stellen einziehen. Dadurch stehen Notare in Sachsen-Anhalt nicht unter Wettbewerbsdruck.

Notarstellen in Sachsen-Anhalt sind beliebt

Aufgrund der lukrativen Arbeit sind alle 63 Stellen in Sachsen-Anhalt besetzt. In Hettstedt und Sangerhausen wird jeweils eine Stelle vorübergehend von einem Verwalter betreut, bis eine Nachfolge sie antritt. Deshalb können auch dort weiterhin Urkunden ausgestellt werden.

Das Justizministerium sieht sich auf den demografischen Wandel vorbereitet. Zwar werde laut Prognosen ein Großteil der aktuell aktiven Notarinnen und Notare nicht mehr beruflich tätig sein, schreibt der Pressesprecher. Derzeit befänden sich aber bereits 15 Frauen und Männer im notariellen Anwärterdienst. Dieser dauert den Angaben zufolge drei Jahre. Danach kann sie das Ministerium als Notar bestellen.

Notarkammer in Sachsen-Anhalt: Keine Probleme bei Wartezeiten

Die aktuellen Stellen sollen garantieren, dass niemand länger auf einen Notartermin warten muss. Ein flächendeckendes Problem mit Wartezeiten sieht die Notarkammer nicht.

Es sei aber zu berücksichtigen, dass Notarinnen und Notare komplexe Vorgänge rechtssicher bearbeiten müssten und dadurch eine gewisse Zeit bräuchten, sagt Fanny Wehrstedt von der Notarkammer. Wer sehr lange auf einen Notartermin warte, könne sich an die Notarkammer wenden. Dort könne man nach der Ursache suchen, sagt Wehrstedt.

Abwicklung von Nachlassen könnte leichter sein

An einer Stelle könnte der Gesetzgeber die Notare dennoch entlasten: bei den Nachlassverzeichnissen. In diesen Verzeichnissen müssen Notare das Vermögen und die Schulden eines Verstorbenen erfassen. Was konkret alles erfasst werden muss, ist laut Wehrstedt bisher nicht klar genug geregelt. Notariate müssten dadurch die Verzeichnisse oft mit großem Aufwand erstellen.

Der Grünen-Landtagsabgeordnete Sebastian Striegel hatte die Kleine Anfrage zu Zahlen der Notarversorgung eingereicht. Er fordert den Gesetzgeber auf, Notare "von zeitintensiven Aufgaben wie der Erstellung unbegründeter Nachlassverzeichnisse zu entlasten".

Wehrstedt begrüßt das Anliegen. Allerdings werde die Gesetzgebung auf Bundesebene und nicht auf Landesebene entschieden, sagt sie. Und dort passiere bereits etwas: Das Bundesjustizministerium arbeite momentan an neuen Regeln zum Nachlassverzeichnis.

MDR (Leonhard Eckwert)

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