Heidrun Meyer
Seelands Bürgermeisterin Heidrun Meyer erklärt im Interview, warum die Stadt Seeland sich entschieden hat, die kommunalen Wohnungen zu verkaufen. Bildrechte: MDR/Tom Gräbe

Verkauf kommunaler Wohnungen Warum die Stadt Seeland ihre Wohnungen verkauft hat

28. Januar 2023, 16:37 Uhr

Vor knapp zwei Jahren haben die Städte Seeland und Aschersleben die knapp 700 Immobilien ihrer Wohnungsgesellschaft verkauft. Der Grund: Die Wohnungsgesellschaft war hoch verschuldet, die Leerstandsquote lag bei mehr als 25 Prozent. Was hat der Schritt gebracht? Ein Gespräch mit Seelands Bürgermeisterin Heidrun Meyer.

MDR SACHSEN-ANHALT: Frau Meyer, im Mai 2021 haben die Städte Seeland und Aschersleben die Immobilien der Wohnungsgesellschaft "Vorharzer Heimstätte" verkauft. Die Wohnungsgesellschaft wird abgewickelt. Wie hatte sich die Gesellschaft entwickelt?

Heidrun Meyer: Wir hatten hier ein kommunales Unternehmen, mit den Städten Stadt Seeland und Aschersleben als Gesellschafter. Beide Kommunen wiesen eine angespannte finanzielle Lage auf. Die Vermietung von über 600 Wohnungen war eine Herausforderung.

In den Anfangsjahren der Übernahme wurde durch die hohe Arbeitslosigkeit der Mieterinnen und Mieter der Wegzug von Jahr zu Jahr größer. Der Leerstand betrug über 25 Prozent. Ein weiterer Grund des Leerstandes war die Entwicklung von Wohnraum durch private Investoren. Dieser Entwicklung konnten wir nicht folgen.

Die Wohnungsgesellschaft war in eine Spirale geraten. Wie sah die aus?

Durch die Situation in den Kommunen waren große Investitionen im Wohnungsbereich nicht möglich. Mit den wenigen Investitionsmitteln, die uns zur Verfügung standen, konnten wir den Wohnungsbestand nicht grundlegend sanieren. Dieser Zustand hielt über mehrere Jahre an und eine Verbesserung war nicht in Sicht. Der Versuch, über mehrere Sanierungsprogramme, welche die Gesellschafter angeschoben haben, eine Lösung zu finden, war nur teilweise erfolgreich.

Es gab hohen Leerstand, einen Sanierungsstau von mindestens sechs Millionen Euro. Welche Folgen hatte das?

Das Angebot von modernen, altersgerechten Wohnungen durch private Investoren nahm in der Region zu. Die Mieterinnen und Mieter, die teilweise schon Jahrzehnte in den Wohnungen lebten, nahmen dieses Angebot an. Die Folge für uns war der ständig ansteigende Wohnungsleerstand. Wir als Gesellschafter konnten dem nichts entgegenhalten. Auch die angestrebten Förderungen blieben aus. Die Lage spitzte sich von Jahr zu Jahr zu.

Vor knapp zwei Jahren haben Sie die Gebäude der Vorharzer Heimstätte verkauft. Was spiegeln Ihnen die Mieter heute?

Durch den Verkauf an ein anderes Wohnungsunternehmen waren bald erste Erfolge erkennbar. Investitionen wurden zeitnah umgesetzt und dadurch konnte die Vermietung an neue Mieter erfolgen. Durch diese positive Entwicklung der letzten zwei Jahre bin ich der Meinung, dass die Entscheidung zum Verkauf der Wohnungseinheiten die Richtige war.

Nun bietet so eine kommunale Wohnungsgesellschaft auch lokalpolitisch viele Gestaltungsmöglichkeiten. Haben Sie mit dem Verkauf nicht wichtige Instrumente zur Ortsentwicklung aus der Hand gegeben?

Teilweise schon. Und deswegen ist uns die Entscheidung auch sehr schwer gefallen. Die ursprüngliche Idee, den sozialen Wohnungsbau im ländlichen Bereich, durch kommunale Träger zu steuern, wurde immer schwerer. Der finanzielle Spielraum wurde für die Kommunen immer eingeschränkter. Die Kommunen mussten sich auf ihren Kernbereich konzentrieren. So mussten die vorhandenen Mittel für Kitas, Schulen, Infrastruktur etc. verteilt werden. Dies hatte Priorität und nicht die Betreuung von über 600 Wohnungseinheiten.

War der Verkauf auch mit Blick auf die gesamte Stadt, die Haushaltssituation, eine gute Entscheidung?

Also ich denke: Ja. Durch den neuen Eigentümer wird dem Leerstand durch entsprechende Investitionen entgegengewirkt. Die Mieterinnen und Mieter nehmen das Angebot an.

Gibt es da Beispiele?

Die Modernisierung passiert in den einzelnen Ortsteilen nach Bedarf. Dazu können wir uns die einzelnen Blöcke mit bereits sanierten Wohnungen ansehen. Das notwendige Marketing durch die neue Gesellschaft spricht immer mehr Interessenten an und lockt damit neue Bürgerinnen und Bürger in unsere Region, die wir dringend als Fachkräfte in den Unternehmen unserer Stadt benötigen. Deshalb ist eine Zusammenarbeit seitens der Kommune und dem neuen Eigentümer von großem Interesse.

Das Interview führte Tom Gräbe.

MDR (Tom Gräbe)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 28. Januar 2023 | 17:00 Uhr

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