Paris 2024 Biederitzer mit der Rollstuhlrugby-Nationalmannschaft für Paralympics qualifiziert
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18. April 2024, 19:01 Uhr
Eine Teilnahme an Olympischen oder Paralympischen Spielen ist der Traum vieler Sportler. Jens Sauerbier aus Biederitz hat viele Jahre dafür trainiert. Jetzt soll sich sein Traum erfüllen: Bei einem Turnier in Neuseeland holte sich das deutsche Rollstuhlrugby-Team den letzten Platz für die Paralympischen Spiele.
- Jens Sauerbier aus Biederitz hat sich mit der deutschen Rollstuhlrugby-Nationalmannschaft für die Paralympics in Paris qualifiziert.
- Nach einem Unfall kam Sauerbier, der als Jugendlicher Fußball beim FCM spielte, zum Rollstuhlrugby.
- In dieser Woche beginnen die Vorbereitungen für Paris.
Der Jubel war riesig. So viele Emotionen, so vieles fiel ab von den Spielern der deutschen Rollstuhlrugby-Nationalmannschaft. Das Qualifikationsturnier in Neuseeland im März war die letzte Chance, sich für die Paralympics zu qualifizieren. Die erste Teilnahme nach 2008 winkte als Belohnung. Mit einer starken Leistung und zwei Siegen zum Auftakt sicherte sich das Team einen Platz in der Runde der Final Four. Dort wiederum belohnten sich die Männer und Frauen des deutschen Teams mit einem Sieg über Brasilien im Spiel um Platz 3.
Traum Paralympics – für Jens die letzte Chance
Voller Zuversicht waren Jens Sauerbier aus Biederitz und seine Mannschaftskameraden und -kameradinnen nach Neuseeland geflogen. Ein letztes Trainingslager. Zuvor hat MDR SACHSEN-ANHALT die mitteldeutschen Spieler bei einem ihrer letzten Trainings in Leipzig begleitet. "Es wird Zeit, mit 37 werde ich nicht mehr allzu oft die Gelegenheit haben, mich zu qualifizieren", sagte Jens damals.
Ich habe meine Zukunft im Fußball gesehen als Profisportler. Das hat sich sehr schnell schicksalhaft ergeben, dass das nicht mehr in die Richtung gehen wird.
Fußballprofi - das war der große Traum von Jens Sauerbier. Seit er fünf Jahre alt war, kickte er in den Nachwuchsmannschaften des 1. FC Magdeburg. Mit Erfolg: Jens war eine der großen Nachwuchshoffnungen der Blau-Weißen, war zweimal eingeladen ins DFB-Nachwuchscamp und trug dort schon das Auswahltrikot. "Ich habe meine Zukunft im Fußball gesehen als Profisportler. Das hat sich sehr schnell schicksalhaft ergeben, dass das nicht mehr in die Richtung gehen wird", erinnert er sich.
2003 beendete ein Unfall den Traum von einer Profikarriere im Fußball jäh. Auf der Heimfahrt von einem Punktspiel in Halle hatte das Auto, in dem Jens und einige seiner Mitspieler saßen, einen Reifenplatzer. Es überschlug sich, Jens wurde herausgeschleudert. Die Diagnose: Fraktur der Wirbelsäule. Jens würde nie wieder gehen können.
Neue Ziele
Wenn Jens heute auf die Zeit nach dem Unfall 2003 zurückblickt, dann erinnerte er sich an ein tränendes und an ein trockenes Auge, wie er es sagt. Zum einen beendete der Crash die intensive Zeit des Leistungssports. "Gerade in den letzten Jahren mit 15, 16 Jahren stand ich bis zu zwölfmal pro Woche auf dem Spielfeld. Da war nicht viel Zeit für anderes." Doch Jens musste sein Leben völlig neu organisieren. Ein Leben im Rollstuhl. Mit dem Beginn der Reha hatte er ein neues Ziel: sich so gut wie möglich wieder selbst bewegen können, seinen Alltag meistern.
Ich habe die Paralympics gesehen und dachte so: Was ist denn das? Das kann man auch im Rollstuhl machen? Hey, das sind ja welche wie ich. So begann meine zweite Karriere.
Fünf Jahre dauerte es, bis Jens den Sport vermisste. 2008 sah er bei einer Übertragung der Paralympics Rollstuhlfahrer. "Ich dachte so: was ist denn das? Das kann man auch im Rollstuhl machen? Hey, das sind ja so welche wie ich", erinnert er sich. Und hatte ein neues Ziel. Für sein Sportstudium brauchte Jens Sauerbier nach seinem Bachelor in der Sozialen Arbeit eine Mannschaftssportart und kam so zum Rollstuhlrugby.
Eine Sportart, die er schnell zu lieben lernte. Es ist die einzige Kontaktsportart im Behindertensport, und es geht mitunter ganz schön rabiat zu. Doch für die Paralympics qualifizierte sich das deutsche Team in den Jahren seit 2011, seit Jens zur Nationalmannschaft gestoßen ist, nicht wieder. Erst jetzt.
Freude auch bei den Kollegen
Auch die Kollegen im Behinderten- und Rehabilitationssportverband fieberten mit. Dort arbeitet Jens Sauerbier als Talentscout und Projektleiter. "Es ist das erste Mal überhaupt, dass ein Kollege, ein rollender Kollege, sich für die Paralympics qualifiziert hat", freut sich Geschäftsführerin Andrea Holz. Wenn es im September nach Paris geht, werden die Kollegen in Halle wieder mitfiebern und dem Team die Daumen drücken. Aus Sachsen-Anhalt ist noch ein weiterer Sportler im Team: Steffen Wecke aus Steckby.
Für die Sportler beginnt in dieser Woche die Vorbereitung auf Paris. Die wird intensiv, und Freunde und Familie müssen zurückstecken. "Wir haben alle einen Beruf und werden unsere Trainingslager an den Wochenenden machen", erzählt Jens. Aber für sein großes Ziel setzt er Prioritäten, und auch die Doktorarbeit muss noch ein bisschen warten. Darin will er dem Sport, dem er soviel verdankt, etwas zurückgeben. Sein Thema ist die Klassifizierung von Sportlern mit einer Behinderung.
MDR (Annette Schneider-Solís)
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT HEUTE | 17. April 2024 | 19:00 Uhr
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