Geld für Jugendliche Rockharz-Festival sammelt Spenden aus Bierdosen-Pfand

29. November 2022, 11:31 Uhr

Auf einem Festival wird meist ordentlich getrunken, zum Beispiel Dosenbier mit 25 Cent Pfand. Das Rockharz Open Air macht daraus eine große Spendenaktion: Bei "Glück in Dosen" spenden die Gäste ihr Pfand für regionale Jugendarbeit. Ein Quedlinburger Jugendhaus will damit ein Projekt umsetzen, für das lange das Geld fehlte.

An diesem sonnigen Julivormittag ist auf dem Flugplatz Ballenstedt kein Motorenlärm zu hören. Viel mehr schallen Heavy Metal und Rockmusik aus den gewaltigen Boxen einer noch gewaltigeren Bühne. Fünf Tage lang feiern hier über 20.000 Gäste auf einem der größten Festivals der Region.

Rund um das Festivalgelände stehen Zelte, Pavillons und Autos dicht an dicht. Die Musik von den Bühnen ist auch hier noch zu hören. Darunter mischt sich das Gelächter der Festivalbesucher und immer wieder metallisches Klappern und Rumpeln.

Das kommt aus einer der blauen Tonnen, die hier über das Gelände gerollt werden, bis oben hin voll mit leeren Plastikflaschen und Bierdosen. Gezogen werden sie von Menschen in weinroten Shirts mit der Aufschrift "Glück in Dosen". So nennt sich die besondere Spendenaktion auf dem Rockharz Open Air.

Trinken für den guten Zweck

"Die Gäste geben ihr Pfand freiwillig ab", sagt Fabian Rudloff aus dem Orga-Team des Festivals. "Und das Ganze wird dann eins zu eins gespendet." Das Rockharz übernimmt die Tickets und Verpflegung der über 50 Helferinnen und Helfer, die auf dem Gelände Dosen sammeln, sortieren und in große Plastiksäcke verpacken.

Fabian steht neben einem riesigen Haufen dieser Säcke, weit höher als sein Kopf, viele Meter lang und prall mit bunten Dosen und Flaschen gefüllt. "Das ist dann quasi Trinken für den guten Zweck", sagt er und schmunzelt.

Viel Pfand auf dem Rockharz Open Air

Die ganze Aktion startete im Jahr 2013 mit der verrückten Idee von Daniela Glogner, der Mitbegründerin des Rockharz Open Airs. Sie arbeitete einst in der Straßensozialarbeit in Osterode, damals als das Festival noch deutlich kleiner war. "Da habe ich morgens bei der Tafel Essen für Kinder geholt und nachmittags für tausende Euro Festivalbands gebucht." Aus diesem eigenartigen Gefühl heraus sei ihr die Idee für "Glück in Dosen" gekommen. Und mit "Rotaract Clausthal-Zellerfeld" fand sie eine Organisation, die das Projekt seitdem umsetzt.

Rekord-Spendensumme in diesem Jahr

Im ersten Jahr kamen dabei 5.400 Euro zusammen. Seitdem stieg die Spendensumme Jahr für Jahr an, um nun 2022 ihren neuen Rekordwert zu erreichen: 50.000 Euro Pfandgeld für regionale Kinder- und Jugendprojekte. "Denn wir brauchen glückliche Kinder, damit wir glückliche Erwachsene bekommen", erklärt Daniela Glogner den Gedanken dahinter.

Dieses Geld ist jetzt bei einer feierlichen Spendenübergabe an sechs Kinder- und Jugendprojekte verteilt worden. Das "Christliche Creativ Centrum Ballenstedt" stand da zum Beispiel auf der Bühne, der "Wünschewagen", aber auch die "Haltestelle" aus Quedlinburg. Kai Sommer leitet das evangelische Kinder- und Jugendhaus, mit einem breiten Grinsen nahm er den Spendenscheck über 8.334 Euro entgegen.

Endlich Geld für lang ersehnte Wünsche

Eine riesige Summe, mit der er bei sich in der "Haltestelle" viel vorhat. "Die Kinder wollen ein Baumhaus bauen", sagt Kai, während er ein paar Holzleisten aus der Werkstatt holt. "Das war schon seit Jahren unsere Idee, aber offene Arbeit ist halt immer auf Spenden angewiesen." Jetzt sei endlich genug Geld da, um das Projekt Baumhaus anzugehen.

Die Kinder und Jugendlichen haben auf jeden Fall schon genügend Ideen: Einen Balkon brauche es unbedingt, sagt Heinrich. Außerdem Licht für die dunklen Stunden, fällt Leon ein. Und Finja schlägt eine Klingel vor. Und natürlich soll das Ganze schön bunt angemalt und gemütlich eingerichtet sein.

Heute will die Gruppe einen ersten Schritt ausprobieren. Gemeinsam stehen die Kids um ein paar lose Bretter und Schrauben. Das soll ein erster Entwurf für die Leiter werden, mit der man in die gekürzte Baumkrone im Kirchhof klettern kann. Heinrich und Leon schrauben die Bretter zusammen, Finja und Konrad entwirren die Spanngurte für die Befestigung am Stamm.

Ein erster Schritt fürs Baumhaus-Projekt

Und dann stehen sie schon, die ersten fünf Stufen des neuen Baumhauses. Natürlich ist das erstmal ein kleiner, experimenteller Start. Das Ganze müsse jetzt mit allen Sicherheitsfragen überdacht und geplant werden, erklärt Kai Sommer. Aber Konrad und Finja haben es so schon einmal in die Baumkrone geschafft.

Wenn man Kai nach der Dosenspende fragt, ist er noch immer ziemlich baff. Er habe auf jeden Fall mit einer kleineren Summe gerechnet, sagt er. "Es fühlt sich einfach genial an, weil wir sind ja so ein kleines Haus, das immer nur so auf Spenden angewiesen ist. Und nun durften wir einmal ganz groß sein und auf so einer Bühne stehen und das entgegennehmen." Dann strahlt der Leiter des Kinder- und Jugendhauses.

Und da das ganze Projekt nur wegen leerer Dosen möglich ist, darf im fertigen Baumhaus natürlich eins nicht fehlen: ein Dosentelefon.

MDR (Daniel Tautz, Moritz Arand)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 28. November 2022 | 07:30 Uhr

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