Viele Fragen offen Heftige Kritik am geplanten Verbot für Öl- und Gasheizungen
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02. März 2023, 12:56 Uhr
Ab 2024 soll es keine neuen Öl- und Gasheizungen geben, stattdessen soll jede neu eingebaute Heizung zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden. Das sind die Pläne des Bundeswirtschaftsministeriums. In Sachsen-Anhalt stößt dieser Plan auf scharfe Kritik. Auch die Handwerkskammern sind nicht begeistert.
- Ein Entwurf des Bundeswirtschaftsministeriums zum Aus für Öl- und Gasheizungen sorgt für Kritik aus der Landesregierung. Sie fürchtet eine Verunsicherung der Bevölkerung.
- Die großen Handwerkskammern im Land sehen in dem Entwurf gar einen Schritt in die Planwirtschaft.
- Allerdings ist der Anteil neu gebauter Wohnungen, die mit Gas oder Öl beheizt werden, bundesweit ohnehin seit Jahren rückläufig.
Ein Entwurf des Bundeswirtschaftsministeriums, den Einbau neuer Öl- und Gasheizungen ab 2024 zu verbieten, stößt in Sachsen-Anhalt auf heftige Kritik. Energieminister Armin Willingmann (SPD) sagte MDR SACHSEN-ANHALT, er hoffe, dass sich noch einiges verändere. Das Bundeswirtschaftsministerium hatte vor wenigen Tagen ein Maßnahmenpaket beschlossen, um die Kosten und die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen zu mildern. Ab 2024 soll möglichst jede neu eingebaute Heizung zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden. Der Entwurf kursiert seit Ende Februar, final ist er allerdings nicht.
Worum es in der Debatte geht
Die Pläne des Bundes, von neuen Öl- und Gasheizungen abzurücken, sind nicht neu. Grundsätzlich beschlossen wurden sie in der Ampel schon vor etwa einem Jahr.
Bei den nun bekannt gewordenen Plänen handelt es sich um einen sogenannten Referentenentwurf – der so noch nicht final ist. Ein fertiges Gesetz, das später zur Abstimmung vorgelegt wird, wird daraus erst nach Diskussion innerhalb der Regierung. Details sind damit noch offen. Als sehr wahrscheinlich gilt, dass eine Kompromisslinie zwischen SPD, Grünen und FDP sehr viele Ausnahmeregelungen beinhalten dürfte.
Für Willingmann kommt der Schritt allerdings zu früh. Es seien noch viele Fragen offen, sagte er. So wisse man gar nicht, ob die Lieferketten für solche Geräte in dem Umfang funktionierten. Für ihn sei ein staatlich geförderter Umstieg über mehrere Jahre sinnvoller.
Kritik auch aus Koalition
Der Chef der CDU-Fraktion im Landtag, Guido Heuer, glaubt, dass die Pläne der Bundesregierung auf wenig Akzeptanz in der Bevölkerung stoßen – und nicht umsetzbar sind. Er sprach bei MDR SACHSEN-ANHALT von einem der "größten Verschrottungsprogramme" der modernen Zeit.
Die FDP-Landtagsabgeordnete und Vorsitzende des Landtagsausschusses für Energie und Umwelt, Kathrin Tarricone, sagte MDR SACHSEN-ANHALT, sie habe keinerlei Verständnis dafür, nach Corona, einem Energiepreisdesaster und mit einem Krieg in Europa eine neue Unsicherheit zu schüren. Das brauche es jetzt im Moment absolut nicht.
Handwerkskammer: Schritt in Richtung Planwirtschaft
Bereits am Dienstag hatten sich die Handwerkskammern von Sachsen-Anhalt kritisch zu den Plänen geäußert. Der Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Halle, Dirk Neumann, teilte mit, das geplante Verbot sei ein weiterer Schritt Richtung Planwirtschaft.
"Die Gebäudeeigentümer sollen nicht mehr die wirtschaftlich sinnvollste Lösung umsetzen, sondern nur noch den Vorgaben der Bundesregierung folgen. Angesichts der langen Wartezeiten für den Einbau beispielsweise von Wärmepumpen und aufgrund des Fachkräftemangels ist nicht einmal der zeitgerechte Einbau von Alternativheizungen gesichert."
Neumann forderte eine Fachkräfteoffensive, um zunächst die Voraussetzungen für die Energiewende zu schaffen und von Verboten gänzlich abzusehen.
Energiewende: Anreize statt Verbote
Auch Burghard Grupe, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Magdeburg, übt Kritik: "Es kann nicht sein, dass politische Ziele vorgegeben werden, ohne die Auswirkungen in der Praxis zu bedenken." Ein kurzfristiger Umstieg würde zu einer Überforderung der ausführenden Handwerksbetriebe aufgrund des Fachkräftemangels, sowie der Eigentümer aufgrund des Preisanstieges und der genehmigenden Stellen führen.
Es kann nicht sein, dass politische Ziele vorgegeben werden, ohne die Auswirkungen in der Praxis zu bedenken.
Bedenklich sei außerdem, dass Leitungssysteme abgeschafft werden sollen, die man in Zukunft wieder brauchen könnte. Realitätsferne Ankündigungen der Politik führen laut Grupe zu Verwerfungen in der Gesellschaft. Die Energiewende sollte seiner Meinung nach besser mit Anreizen und Förderprogrammen als mit Verboten herbeigeführt werden.
Kritik kam auch von der Präsidentin des Eigentümervereines Haus und Grund Sachsen-Anhalt, Nadja Ertmer. Sie sagte MDR SACHSEN-ANHALT, Bundeswirtschaftsminister Habeck produziere erneut auf unschöne Art und Weise eine Hysterie. Das verunsichere Hausbesitzer und Privatvermieter extrem.
Öl- und Gasheizungen sind ohnehin rückläufig
Zahlen des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft aus dem vergangenen Jahr zeigen, dass der Anteil der neu gebauten Wohnungen, die mit Gas oder Öl beheizt werden, in Deutschland ohnehin seit Jahren rückläufig ist. Dabei hat Gas einen weitaus größeren Anteil als Heizöl, das im Neubau laut der Statistik so gut wie gar nicht mehr genutzt wird.
MDR (Jochen Müller, Ronald Neuschulz, Marcel Knop-Schieback, Max Schörm) | Zuerst veröffentlicht am 01.03.2023
Dieses Thema im Programm: MDR um 11 | 02. März 2023 | 11:00 Uhr
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