Vor dem Landesparteitag Rückhalt für CDU-Landesvorsitzenden Schulze kein Selbstläufer

28. September 2023, 15:44 Uhr

Für die CDU in Sachsen-Anhalt ist es derzeit nicht leicht. Eigentlich stehen große Themen an: Kommunal- und Europawahlen im nächsten Jahr. In drei Jahren möchte man im besten Fall wieder den Ministerpräsidenten stellen. Es braucht eine Linie und klare Abgrenzungen zum politischen Gegner. Aber die Wahl des Landesvorsitzenden am Wochenende könnte für den möglichen Spitzenkandidaten eine erste Schlappe bedeuten. MDR SACHSEN-ANHALT-Politik-Reporter Lars Frohmüller analysiert.

Parteichef Sven Schulze ist umtriebig: Der gebürtige Quedlinburger hat mit seinen 44 Jahren schon einen beachtlichen Lebenslauf in der Partei vorzuweisen. Mit 19 im Gemeinderat als jüngstes Mitglied, dann Mitglied im Kreistag, Landesvorsitzender der Jungen Union, Mitglied im Landesvorstand, Europaabgeordneter, Generalsekretär und nun Parteivorsitzender. Ein CDU-Gewächs, wie die Partei es immer haben wollte. Und auch seine aktuelle Visitenkarte macht keine halben Sachen: Minister für Wirtschaft, Tourismus, Landwirtschaft und Forsten. In anderen Kabinetten wären das zwei Ministerien gewesen. Ein Superminister mit viel Verantwortung: Kann man mit diesem Kalender eine Partei führen?

Unzufriedenheit über den Landesvorsitzenden

Sven Schulze ist niemand, den man nicht mögen kann. Er tritt bodenständig auf, macht sich mit dem Rad und gelbem Shirt in Anlehnung an den "Führenden in der Gesamtwertung" quer durch Sachsen-Anhalt, um im Sommer Unternehmen und Landwirten auf den Zahn zu fühlen, wo der Schuh drückt oder das Korn zu trocken war. Er hört zu, er nimmt Anteil. Jedoch bleibt dabei offenbar die Partei zurück.

Hinter vorgehaltener Hand heißt es aus seiner Partei: Er habe sich etwas zu viel auf den Tisch geladen. "Vielleicht waren es zu viele Themen auf einmal", heißt es von Delegierten des Parteitages. Einige mutmaßen schon, er könne sein nicht zufriedenstellendes Ergebnis von 2021 mit 78,8 Prozent noch einmal verschlechtern. "Unter 75 Prozent wäre es als möglicher Spitzenkandidat ein Problem für Sven Schulze", sagt ein anderer Delegierter. Ex-Parteichef Webel hatte bei seiner letzten Wahl nur 69,4 Prozent mit nach Hause genommen. In Hochzeiten 2012 waren es 84,8 Prozent. Und auch dessen Nachfolger Holger Stahlknecht hatte aus dem Stand 84,2 Prozent eingefahren. Aber selbst als Generalsekretär konnte Schulze nicht mehr als 80 Prozent der Parteifreunde von sich überzeugen.

Die sichere Bank

Für Sven Schulze selbst könnte sich jedoch die Frage, ob er Ministerpräsident wird, gar nicht stellen. Schulze schwimmt im Fahrwasser des Amtsinhabers und hat es schwer, am Dickschiff Haseloff vorbeizukommen. Nach seinem Erdrutschsieg in Sachsen-Anhalt gegen jeden Trend im Bund und in anderen Bundesländern, hat Haseloff gezeigt: Er kann Wahlen gewinnen. Und hier setzte die CDU schon in der Vergangenheit nicht auf Experimente. Konservativ sein heißt offenbar auch: Bewährtes bewahren. In der Frankfurter Allgemeinen Zeitung spekulierte man unlängst über einen Pilgerzug nach Wittenberg. Mandatsträger mit Angst vor dem Verlust des eigenen Wahlkreises an die AfD könnten erneut an Haseloffs Tür klopfen und den Wahl-Gewinner 2021 noch einmal um eine Verlängerung bitten.

Auch wenn es in der Basis rumort und eine Erneuerung statt einer Verwaltung der Themen gefordert wird. "Gerade in den Kommunen und im ländlichen Raum stauen sich die Probleme, hier müssen neue Ideen her und neue Leute, die diese dann auch umsetzen", heißt es aus der ländlichen Basis. Und: Es sieht nicht so aus, als wäre der Amtsinhaber auf Abschiedstour und überließe seinem möglichen Nachfolger die Bühne. Die Ansiedlung von Intel: Chefsache. Wichtige Wirtschafts-Projekte: Nicht ohne den Ex-Wirtschaftsminister und Ministerpräsidenten. Haseloff besucht Recyclinganlagen für Lithium-Akkus, füllt erste Wasserflaschen oder weiht Fotovoltaik-Produktionen ein. Das Vorrecht des Ministerpräsidenten, aber auch Termine, die auch in einem Kalender eines zukünftigen Spitzenkandidaten gut ausgesehen hätten.

2024 – Entscheidungs-Jahr für die CDU

Sven Schulze und die CDU müssen ihr Profil schärfen: Die Partei entscheidet am Wochenende über ein neues Grundsatzprogramm. Viel Papier, viele Diskussionen um Inhalte. Auch über die Frage, wie viel C der CDU noch im Grundsatzprogramm Platz findet. Nachdem die Kirche und Religion und damit christliche Inhalte im ersten Entwurf unterrepräsentiert waren, wurde nun inhaltlich aufgerüstet. Das beruhigt die Partei-Seele, wird jedoch im anstehenden Kommunalwahlkampf 2024 eine untergeordnete Rolle spielen.

Vor Ort geht es um die lokalen Themen. Straßenbau, Schulen, Kitas, aber auch Migration und deren Probleme in der Region. Hier steht die Frage im Vordergrund: Wie kann die CDU gegenüber der AfD wieder an Boden gewinnen? In Bitterfeld-Wolfen ringt ein CDU-Kandidat mit einem AfD-Mann um das Amt des Oberbürgermeisters. 2024 könnte dies zum Dauer-Szenario werden. Parteimitglieder sagen schon jetzt: "An dem, wie die Parteiführung diese Wahlen gewinnen kann, wird sich auch entscheiden, wie wir uns für eine Landtagswahl aufstellen." Mit der sicheren Bank oder mit einem ambitionierten Kandidaten.

MDR (Lars Frohmüller)

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