Nach Petition Abschiebestopp in den Iran: Innenministerin Zieschang weiter dagegen

12. November 2022, 17:57 Uhr

Trotz der bedenklichen Sicherheitslage im Iran will Sachsen-Anhalts Innenministerium Abschiebungen in das Land nicht grundsätzlich aussetzen. Genau das fordert aber der Landesflüchtlingsrat. Dass es zu Abschiebungen kommt, ist dennoch eher unwahrscheinlich.

Thomas Vorreyer
Bildrechte: MDR/Luca Deutschländer

Dürfen Menschen aus Sachsen-Anhalt in den Iran abgeschoben werden, obwohl sich die Lage in dem islamistischen regierten Land seit dem Ausbruch neuer Massenprotesten erneut verschlechtert hat? Bislang sagte das Innenministerium: Ja, wenn es sich bei den Personen ohne Asylschutz etwa um Straftäter handle. Der Landesflüchtlingsrat und andere Vereine fordern nun allerdings einen generellen Abschiebestopp in den Iran. Eine entsprechende Petition haben bis Freitagmorgen rund 900 Menschen unterzeichnet.

Innenministerium: "Genereller Abschiebungsstopp unverändert kritisch zu sehen"

Das von Tamara Zieschang (CDU) geführte Innenministerium bleibt dennoch bei seiner Haltung. "Ein genereller Abschiebungsstopp ist unverändert kritisch zu sehen", sagte eine Ministeriumssprecherin in dieser Woche dem MDR. Auch, weil es bislang weder das Auswärtige Amt noch das Bundesinnenministerium fundierte Berichte zur Lage vorgelegt hätten. Derartige Lagebeurteilungen hätten in der Vergangenheit aber die Grundlage für Entscheidungen über Abschiebestopps gebildet.

Das Auswärtige Amt hatte allerdings bereits Anfang November alle deutschen Staatsbürger im Iran zur Ausreise aufgefordert. Es drohten willkürliche Verhaftungen. Seit Beginn der landesweiten Proteste Mitte September zählte die Menschenrechtsorganisation Human Rights Activists News Agency bereits über 300 Tote. Die islamistische Regierung des Iran versucht die Proteste gegen sie vielerorts gewaltsam niederzuschlagen.

Viele andere Bundesländer haben deshalb bereits vor Wochen einen Abschiebestopp verkündet. Dazu gehören auch Sachsen und Thüringen. Allerdings: Auch in Bayern zählt dieser Stopp nicht für Straftäter und in Nordrhein-Westfalen wiederum wollte die dortige Landesregierung dazu keine Angaben machen.

Seitdem es Proteste im Iran gibt, wurde noch keine Iranerin und kein Iraner zwangsweise aus Sachsen-Anhalt gebracht. Bislang wurde 2022 eine Person abgeschoben, drei weitere wurden in Staaten überführt, die laut Dublin-Verfahren für ihre Asylanträge zuständig sind, so das Innenministerium. Im Vorjahr waren zwei Personen direkt in den Iran abgeschoben und fünf in andere Staaten gebracht worden.

Neben rund 560 anerkannten Geflüchteten auch 230 Ausreisepflichtige

566 anerkannte Geflüchtete aus dem Iran leben derzeit in Sachsen-Anhalt. 81 weitere Personen haben eine Aufenthaltserlaubnis, etwa weil ihre Asylverfahren noch laufen, sie als subsidiär Schutzberechtigte eingestuft sind oder ihnen eine Abschiebung in den Iran gesundheitlich nicht zuzumuten ist. 203 Iranerinnen und Iraner werden zudem geduldet.

Die Zahlen entstammen dem sogenannten Ausländerzentralregister und haben den Stand vom 30. September dieses Jahres. Von den Zahlen des Vorjahres weichen sie nur geringfügig ab.

Und dennoch ist eine Abschiebung für Hunderte Menschen ein Thema. Denn derzeit gelten in Sachsen-Anhalt 237 Personen aus dem Iran als ausreisepflichtig. Dass sie bislang nicht abgeschoben wurden, hat laut Innenministerium vor allem einen Grund: Sie haben weder einen Pass, noch wollen sie eine sogenannte Freiwilligkeitserklärung unterschreiben, mit der sie Ersatzpapiere erhalten würden. Der Iran würde sie also nicht annehmen. In Abschiebehaft oder einem Ausreisegewahrsam befindet sich derzeit keiner von ihnen.

Laut Innenministerium könnte die derzeitige Lage im Iran dennoch von Betroffenen angeführt werden, um eine Abschiebung zu verhindern. Das Ministerium spricht aber von "individuellen Einzelfällen".

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MDR (Thomas Vorreyer)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 08. November 2022 | 10:00 Uhr

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