Blick auf den Innenhof des Kunstmuseums Moritzburg Halle
Das Kunstmuseum Moritzburg in Halle will ostdeutsche Kunst sichtbarer machen. Bildrechte: IMAGO/Volker Preußer

Tagung in Halle Wie weiter mit DDR-Kunst?

16. September 2023, 15:32 Uhr

Seit Jahrzehnten wird über Kunstwerke, die in der DDR entstanden sind, eher gestritten als gesprochen. Die zweitägige Tagung "Ostdeutsche Kunst. Bestandsaufnahme und Perspektiven" in Halle will diese Debatte aufarbeiten und für mehr Akzeptanz der ostdeutschen Kunst in den Museen sorgen.

Die Tagung "Ostdeutsche Kunst. Bestandsaufnahme und Perspektiven" ist vom 13. bis zum 15. September in der Leopoldina Halle veranstaltet worden. Zwei Tage lang haben Forschende und Museumsverantwortliche darüber diskutiert, wie ein guter Umgang mit dem künstlerischen Erbe der DDR aussehen kann: Wo und wie können Werke, die unter repressiven Bedingungen während der SED-Diktatur entstanden sind, heute gezeigt werden?

Noch 2017 wurde in Dresden gestritten

Bereits kurz nach der Auflösung der DDR, in den frühen 90er-Jahren begann der Streit um die Kunst aus der DDR. Auslöser war der Satz des Malers Georg Baseliz: "Es gibt keine Künstler in der DDR."

Bei dem Streit ging es um Fragen wie: Welchen Wert kann Kunst haben, die sich immer mit Ideologie auseinandersetzen musste? Viele Bilder blieben damals meist in den Depots. 2017 flammte der sogenannte Bilderstreit in Dresden auf, als der Kunstwissenschaftler Paul Kaiser genau diesen Umstand öffentlich anprangerte.

Die Debatte hat sich verbessert

"In den letzten Jahren habe ich beobachtet, dass sich einiges zum Positiven verändert hat", meint Thomas Bauer-Friedrich, Direktor des Kunstmuseums Moritzburg in Halle. "Die Streitkultur ist sachlicher geworden. Es ist nicht mehr so höchstemotional wie noch in den Jahrzehnten davor."

Das Kunstmuseum hat einen großen Teil seiner Dauerausstellung Kunstschaffenden aus der DDR gewidmet und mit einer großen Retrospektive zu dem Maler Willi Sitte für einige Debatten gesorgt.

Mehr Interesse für DDR-Kunst gefordert

Im Rahmen der neuen Dauerausstellung und der Sonderausstellungen ist Bauer-Friedrich nach eigenen Aussagen auch immer wieder in einen Austausch gekommen. Er sagt, dass es beim Publikum ein spürbares Interesse an diesem Teil der Kunstgeschichte gibt, aber nicht bei den Institutionen: "Mich freut, dass mehr und mehr ostdeutsche Museen sich zu ihrer regionalen Verortung und Vergangenheit bekennen", erzählt Bauer-Friedrich im Gespräch mit MDR KULTUR. "Was mich aber betrübt ist, dass es nach wie vor eine ostdeutsche Geschichte ist und so gut wie keine westdeutschen Museen aus sich heraus ein Interesse bekunden, sich mit dieser Kunst auseinanderzusetzen und sie zu zeigen."

Dabei wäre auch der richtige Rahmen wichtig, stellt der Kurator und Museumsleiter klar. Die Arbeiten müssten in einen Kontext mit der Geschichte gestellt werden und auch das Verhältnis der Kunstschaffenden zur DDR-Führung müsste erzählt werden.

Denn Vorwissen kann nicht erwartet werden. Darum geht ein Teil der Forderung von Bauer-Friedrich auch in Richtung der Bildungsinstitutionen: "Es finden gerade an den Universitäten, in den Instituten für Kunstgeschichte so gut wie keine aktiven, intensiven Auseinandersetzungen mit der Kunst aus der ehemaligen DDR statt – oder mit der ostdeutschen Kunst, wenn wir die Transformationszeit nach 1990 mit hinzunehmen. Es braucht dringend den universitären Background, damit eine Kanon-Diskussionen, ein Finden eines Verhältnisses zu unserer Kunst und Kulturgeschichte in der Vergangenheit stattfinden kann."

Gemeinsam mit der Ostdeutschen Sparkassenstiftung und der Leopoldina richtete das Kunstmuseum Moritzburg in Halle die Tagung aus. Sie fand im Rahmen der Sonderausstellung "Halle am Meer" statt, die Arbeiten über die Ostsee von halleschen Kunstschaffenden versammelte.

Quelle: MDR KULTUR (Carsten Tesch), Kunstmuseum Moritzburg Halle
Redaktionelle Bearbeitung: tsa

Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | MDR KULTUR am Morgen | 13. September 2023 | 08:10 Uhr

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