Wenn das Haustier stirbt Tierfriedhof oder gemeinsame Bestattung mit dem Herrchen: Was in Sachsen-Anhalt möglich ist
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08. Oktober 2022, 18:12 Uhr
Tiergräber sind immer gefragter. Auf dem einzigen Tierfriedhof in Halle liegen mittlerweile 320 Haustiere begraben. Manche Tierbesitzer wünschen sich sogar ein gemeinsames Grab. Das ist in Sachsen-Anhalt auf wenigen Friedhöfen möglich. MDR SACHSEN-ANHALT hat mit einer Frau gesprochen, der die Entscheidung für die Mensch-Tier-Bestattung ganz leicht fiel: Ihre verstorbene Schwester hat sie mit deren geliebtem Hund beisetzen lassen.
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Bestattung auf dem Tierfriedhof ist gefragt
Katze Mira wurde zehn Jahre alt. "Danke für deine Liebe", steht an ihrem Grab. Auch Hund Zeus wurde zehn, bei ihm ist zu lesen: "Schlaf gut unser Sonnenschein". Über ihre Gräber auf dem Tierfriedhof am Goldberg in Halle strolcht eine getigerte Katze. Sie kommt öfter her, sagen die Menschen, die hier arbeiten. Die Streunerin wird wohl kaum ein so liebevoll gepflegtes Grab bekommen wie die fast 320 hier beigesetzen Haustiere – angefangen von einer Hummel bis hin zur großen Dogge.
Trauern wie um einen Menschen
"Die Leute trauern wirklich um ihre Tiere, da bekomme selbst ich eine Gänsehaut", sagt Sebastian Werner, groß gewachsen und mit Vollbart, der am Goldberg Chef ist und sich selbst als eher wenig einfühlsam beschreibt. "Wir hatten im Februar letztes Jahr eine Beerdigung, da hat ein Trompeter gespielt, fünf Lieder mitten im Winter bei 40 Zentimetern Schnee. Der Kater, der verstorben war, war so ein enges Familienmitglied, dass sie wirklich alles aufgefahren haben."
Das bewegt dann auch ihn, zumal er weiß, wie schmerzhaft der Abschied von einem Tier sein kann. Sebastian Werner hatte einen Hund, den er als seinen Seelenverwandten beschreibt. "Das können nur Menschen verstehen, die selbst Haustiere haben." Ihn wundert es nicht, dass bei ihm manche Menschen am Grab ihres Tieres stehen und trauern, als ob es um einen Menschen ginge.
Tierfriedhof und Tierpark am Goldberg in Halle Träger von beidem ist der Paritätische Wohlfahrtsverband. Auf dem Gelände in Halles Nordosten gibt es seit vielen Jahren einen Tierpark samt weitläufigen Spielmöglichkeiten für Kinder. Der Park macht den Hauptteil der Fläche am Goldberg aus. Bei kostenlosem Eintritt können Rentiere, Esel, Weißes Damwild, Hühner und viele weitere Tierarten besichtigt werden. Auf einem kleinen Teil der Fläche gibt es seit 1998 einen Tierfriedhof für Haustiere. Mit den Einnahmen des Tierfriedhofs zahlt der gemeinnützige Verband einen Teil der Futterkosten für die Tiere vom Goldberg. Diese dürfen dort nicht bestattet werden.
Wunsch nach Pony-Bestattung
Im weiten Umkreis von Halle ist der Tierfriedhof der einzige und die Anfragen, ob der geliebte Wellensittich oder die verschmuste Katze hier ihre letzte Ruhestätte finden können, werden mehr. Die ursprünglich 150 Gräber sind mittlerweile auf 350 aufgestockt. Mindestens drei Jahre müssen Tierbesitzer das Grab pachten, viele Haustiere sind weitaus länger hier begraben. Die ehemaligen Besitzer verlängern laut Verwaltung die Nutzungszeit der Gräber immer wieder – auf einer Gedenktafel aus Holz ist beispielsweise 2010 als Todesjahr zu lesen, auf einem Grabstein sogar 2005.
Pro Jahr kostet ein großes Tiergrab 50 Euro. Das sei zwar nicht wirtschaftlich, aber man sei schließlich eine gemeinnützige Einrichtung, so Sebastian Werner. "Es gab auch schon die Nachfrage, ein großes Pony zu bestatten, wo wir dann aus Platzgründen sagen müssen: Das geht leider nicht." Denn die Tiere werden nicht eingeäschert, sondern in ihrer vollen Größe beigesetzt.
Angst davor, was andere sagen
Von den Tierbesitzern selbst wollte keiner erklären, warum er sich für ein Grab für sein Tier entschieden hat. Doch die liebevolle Gestaltung der einzelnen Gräber verrät es auch so – aus Liebe. Sebastian Werner denkt, dass viele Menschen Angst haben, belächelt zu werden, weil sie ihr Tier beerdigen lassen. Und trotzdem gebe es auch ältere Damen, die ihn fragen, ob sie sich neben ihrer Katze beisetzen lassen können. "Das dürfen wir natürlich nicht. Aber es zeigt eben die große Verbindung zum Tier."
Gemeinsames Grab von Tier und Besitzer
Diesen einen Schritt weiter zum gemeinsamen Grab können Tierfreunde an anderen Orten in Sachsen-Anhalt mittlerweile gehen. In Aschersleben ist es seit 2016 möglich, sich gemeinsam mit dem Haustier bestatten zu lassen. Einige wenige Gräber auf dem Zentralfriedhof Schmidtmannstraße sind jeweils für zwei humane Urnen und zwei Urnen mit der Asche von Tieren ausgelegt. Ungefähr 30 Grabstellen sind laut Friedhofsverwaltung auf diesem speziellen Grabfeld möglich.
Dann kam die Nachfrage, ob man nicht vielleicht mit dem Tier zusammen sein kann.
Zuerst gab es in einem kleinen Teil des 16 Hektar großen Friedhofsgeländes einen Tierfriedhof, erzählt Mandy Figur. Sie ist seit mehr als zehn Jahren für den Ascherslebener Friedhof zuständig. Ihr Büro hat sie auf dem Friedhofsgelände gleich neben der Kapelle. "Der Tierfriedhof wurde so mehr oder minder angenommen", sagte sie MDR SACHSEN-ANHALT. "Und dann kam die Nachfrage, ob man nicht vielleicht mit dem Tier zusammen sein kann. Da haben wir die Option überdacht und dann die Möglichkeit geschaffen." Damit war der Friedhof in Aschersleben der erste im Osten Deutschlands, der die gemeinsame Bestattung von Mensch und Tier zuließ. Sechs Jahre ist das nun her.
Urnen-Bestattung von Mensch und Tier in Aschersleben und Magdeburg
In Sachsen-Anhalt können sich Menschen und ihre Haustiere auf Friedhöfen in Aschersleben und in Magdeburg per Urne bestatten lassen. Aschersleben war 2016 Vorreiter unter den ostdeutschen Bundesländern. Für Mensch-Tier-Bestattungen auf dem dortigen Zentralfriedhof war die Genehmigung des Landkreises nötig, der Stadtrat musste zustimmen und das Landesverwaltungsamt prüfte, ob diese Bestattungsart dort möglich ist.
Magdeburg folgte 2017 mit einem Grabfeld für Mensch-Tier-Bestattungen auf dem Buckauer Friedhof. Der dortige Stadtrat stimmte dafür einer Änderung der Friedhofssatzung zu. Aschersleben hat bisher fünf Nutzungsrechte für Grabstellen vergeben, Magdeburg zwei.
In Aschersleben kann das Tier zuerst bestattet werden und der Mensch viele Jahre später, in Magdeburg ist das nicht möglich. Dort muss zuerst eine Humanbestattung stattfinden, das Tier kann dann als "Grabbeigabe" mit beigesetzt werden. Das bedeutet, dass die Urne des Tieres so lange beispielsweise zu Hause aufbewahrt wird.
Gräber etwas abseits
Bisher haben sich vier Familien in Aschersleben für diese Form der Bestattung entschieden. Die Grabstellen sind mit in den Erinnerungsgarten integriert, aber am Rand hinter einer kleinen Buchenhecke angeordnet, so dass sie etwas abgeschirmt sind. "Für die, die sich gestört fühlen könnten", sagt Mandy Figur von der Friedhofsverwaltung. "Das gibt es leider, dass gesagt wird, Tiere haben auf einem Friedhof nichts zu suchen."
Das gibt es leider, dass gesagt wird, Tiere haben auf einem Friedhof nichts zu suchen.
Sie selbst sieht das anders, hat einen Hund, Schildkröten und Fische als Haustiere. Ihr Kind soll mit Tieren aufwachsen, die ganze Familie ist tierlieb. Da wundert es kaum, dass ein Familienmitglied von Mandy Figur, ihre Tante, die Erste war, die auf dem Grabfeld für Mensch-Tier-Bestattungen beigesetzt wurde. 2016 war das. Die Hündin ihrer Tante starb ein Jahr später und ist seitdem bei ihrem "Frauchen" begraben.
Angehörige: Wahl für Mensch-Tier-Grab fiel ganz leicht
Die Entscheidung für diese Art der Bestattung hatte Ellen Zastrow-Hoff getroffen, die Mutter von Mandy Figur, zusammen mit einer weiteren engen Verwandten. "Meine Schwester war unwahrscheinlich tierlieb, fast schon ein wenig verrückt", erinnert sie sich. "Ihr Tod kam sehr überraschend. Die Wahl, was nehmen wir jetzt für ein Grab, die fiel gar nicht schwer. Diese Entscheidung für Mensch-Tier-Bestattung war das Einfachste an der ganzen Sache", sagte die 56-jährige Ascherslebenerin MDR SACHSEN-ANHALT.
Ihre fünf Jahre jüngere Schwester hatte im Lauf ihres Lebens mehrere Hunde, immer aus dem Tierheim oder per Patenschaft aus dem Ausland. Tiere, denen es schlecht ging und die in Aschersleben noch ein paar schöne Jahre erleben durften. Ihre letzte Hündin war ein kleiner Mischling, "ein grauer Hund, der eigentlich überhaupt nicht schön war, aber doch so goldig", erzählt Ellen Zastrow-Hoff.
Der Hund sei sehr ängstlich gewesen und sehr fixiert auf ihre Schwester. "Sie haben sich wirklich geliebt. Der Hund sollte mal einen Tag bei unserer Mutti bleiben und ist dann ausgerissen in den Nachbarort, wo meine Schwester gewohnt hat, da ist er hingelaufen. Er wollte immer bei ihr sein." Selbst zur Arbeit nahm ihre Schwester den Mischling immer wieder mit. Sie war Altenpflegerin und wollte den alten Bewohnern eine Freude machen.
Die Schwester hätte es so gewollt
"Die Leute in meiner Nähe, die von der Mensch-Tier-Bestattung wussten, haben diese Entscheidung voll akzeptiert", so Ellen Zastrow-Hoff. "Sie haben gesagt, dass es okay so ist, wenn meine Schwester das so gewollt hätte. Und ich bin davon überzeugt: Sie hätte das gewollt." Der Partner ihrer Schwester wird dort aber nicht bestattet werden, die Beziehung war auseinandergegangen. Und sie wisse natürlich, dass die Mensch-Tier-Bestattung auch umstritten sei. "Das wäre unhygienisch, habe ich zum Beispiel gehört." Doch sie selbst kann sich ebenfalls vorstellen, irgendwann ihr Haustier mit ins Grab zu nehmen oder auf es zu warten. "Ich hätte es ganz genau so gemacht, wenn mein Hund nicht schon so lange verstorben wäre. Und ich würde auch sofort zu meiner Schwester gehen, mit meinem Kater zusammen. Das würde ich wollen."
Warum so wenige Tierliebhaber das Angebot nutzen
In Aschersleben lassen sich nicht nur Alleinstehende mit ihrem Tier beisetzen, es sind auch mehrere Ehepaare dabei. Doch insgesamt vier Mensch-Tier-Gräber seit 2016 sind nicht viel. "Mein Chef ist der Meinung, dass es vielleicht am Pflegeaufwand liegt", erzählt Mandy Figur vom Ascherslebener Friedhof.
Deshalb gebe es neuerdings auch eine pflegefreie Mensch-Tier-Bestattungsanlage ganz nah an dem bestehenden Grabfeld. Eine Grabplatte kann dort aufgestellt werden, ansonsten muss sich auf der Wiesenfläche von den Angehörigen um nichts gekümmert werden. Das übernimmt der Friedhof. Ein Grab gibt es dort bereits. Die Nutzungsgebühr für eine solche pflegefreie Grabstelle im Erinnerungsgarten beträgt für 15 Jahre 1.263,16 Euro. Bei der Variante ohne Pflege durch den Friedhof sind es 1.095,53 Euro.
Vorurteile beeinflussen die Entscheidung
"Ich denke eher, das ist noch die Generation 'Was sagt mein Nachbar'", erklärt Mandy Figur. Aschersleben hat weniger als 30.000 Einwohner. "Was halten also die Leute, die mich kennen davon, wenn ich mit meinem Tier auf dem Friedhof zusammen bin?", sei die Frage. Die jüngere Generation wäre schon viel aufgeschlossener.
Ein weiteres Hindernis: Die Menschen, die jetzt schon eine "normale" Paar-Grabstelle haben, bei der ein Ehepartner bestattet ist, werden sich wohl auch selbst dort bestatten lassen. "Sie werden die Urne nicht noch einmal ausgraben lassen", weiß die Friedhofsmitarbeiterin. Sie denkt, dass den Menschen zudem erst einmal die Hemmung vor der Mensch-Tier-Bestattung genommen werden muss. "Das ist möglicherweise jetzt nicht die Generation." Mandy Figur hofft, dass sich das ändert und es normaler wird, mit seinem geliebten Haustier zusammen beerdigt zu werden. "Das Tier ist 15 Jahre, 20 Jahre ein Teil des Lebens. Warum sollte das nicht so sein?"
MDR (Luise Kotulla)
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 10. Oktober 2022 | 09:30 Uhr
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