Bundeseigenes Unternehmen Was die "Funkloch-GmbH" in Naumburg gebracht hat
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12. Juni 2024, 17:53 Uhr
Rund dreieinhalb Jahre nach Gründung der Mobilfunkinfrastrukturgesellschaft in Naumburg ist das Aus für das bundeseigene Unternehmen bereits beschlossene Sache. Doch was hat die "Funkloch-GmbH" erreicht? Konnte sie tatsächlich die Mobilfunkabdeckung in Deutschland verbessert und zum Gelingen des Strukturwandels im Burgenlandkreis beitragen? Eine Bilanz.
Noch keine vier Jahre ist es her, da gründete das Bundesverkehrsministerium unter dem damaligen Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) ein eigenes Unternehmen, um die weißen Flecken in der deutschen Mobilfunkversorgung zu schließen: die Mobilfunkinfrastrukturgesellschaft (MIG). Sie sollte Förderprojekte koordinieren und gemeinsam mit Kommunen und Mobilfunknetzbetreibern nach Standorten für Mobilfunkmasten suchen.
Als Standort für die MIG wurde seinerzeit gezielt Naumburg ausgewählt. Denn Bundesbehörden und bundeseigene Unternehmen sollen in vom Strukturwandel betroffenen Regionen angesiedelt werden, um dort Arbeitsplätze zu schaffen und diese wirtschaftlich zu stärken. So sieht es das Investitionsgesetz Kohleregionen vor.
Inzwischen ist bekannt: Die MIG in Naumburg bleibt ein kurzes Kapitel. Bis Ende 2025 will die aktuelle Bundesregierung das Unternehmen aus "Wirtschaftlichkeitsgründen" abwickeln. Auch die Gründung einer Nachfolgegesellschaft ist nicht geplant. Doch hat die "Funkloch-GmbH" tatsächlich die Mobilfunkabdeckung in Deutschland verbessert? Und konnte sie in den wenigen Jahren ihrer Existenz zum Gelingen des Strukturwandels im Burgenlandkreis beitragen?
Was hat die MIG geleistet, um Funklöcher in Sachsen-Anhalt und Deutschland zu schließen?
Rund dreieinhalb Jahre nach ihrer Gründung wurden erst drei Mobilfunkmasten mit Förderung der MIG errichtet: einer in Lambach in Bayern, einer in Möhnesee in Nordrhein-Westfalen und einer in Lind in Rheinland-Pfalz. Keiner dieser Masten funkt bislang. "Die Inbetriebnahme der Masten wird sich aufgrund der festgelegten Fristen bis ins Jahr 2026 hineinziehen", teilte eine Sprecherin der MIG auf Anfrage von MDR SACHSEN-ANHALT mit. Weitere 51 Masten befinden sich nach Angaben der MIG derzeit in der Realisierung.
Die Inbetriebnahme der Masten wird sich aufgrund der festgelegten Fristen bis ins Jahr 2026 hineinziehen.
Aus der Antwort der Bundesregierung auf eine kleine Anfrage der CDU-/CSU-Bundestagsfraktion geht hervor, dass sich drei dieser geplanten Masten in Sachsen-Anhalt befinden: einer im Querfurter Ortsteil Landgrafroda, einer in Berga in der Gemeinde Südharz und einer in Stendal-Wilhelmshof. Weitere 40 Standorte in Sachsen-Anhalt befinden sich demnach aktuell in der Planung.
Eine exakte Prognose, wie viele Mobilfunkmasten die MIG bis zu ihrem Aus gefördert haben wird, sei schwierig, da sich im Prozess immer Hindernisse ergeben könnten, so die MIG auf Nachfrage von MDR SACHSEN-ANHALT. "Unter den besten Bedingungen" könnten bis zum Ende der MIG bis zu 450 Förderbescheide ausgereicht werden. Bei Gründung der MIG im Jahr 2021 hieß es noch, dass mit der staatlichen Hilfe der MIG bis zu 5.000 neue Mobilfunkmasten gebaut werden sollen. Ein Ziel, von dem also nicht einmal zehn Prozent erreicht werden.
Was hat die Ansiedlung der MIG für Naumburg und die Region gebracht?
Bei ihrer Gründung waren der MIG durch die Bundesregierung 97,5 Stellen genehmigt worden. Vollständig besetzt wurden diese aber offenbar nie. Ende Mai hatte die MIG nach Angaben einer Sprecherin 70 Mitarbeitende. Da dazu auch Mitarbeitende von Regionalteams der MIG in ganz Deutschland zählen, ist unklar, wie viele Arbeitsplätze durch die Ansiedlung tatsächlich in Naumburg geschaffen wurden.
Die Sprecherin der MIG sagte auf Nachfrage von MDR SACHSEN-ANHALT, der "weitaus überwiegende Teil der Beschäftigten" stamme aus der Region und arbeite in Naumburg. Mit diesen Arbeitsplätzen und den damit verbundenen Geschäftsprozessen habe man die Stadt Naumburg belebt. Außerdem leiste die MIG einen Beitrag zum Steueraufkommen in der Region und trage zur Kaufkraft im Burgenlandkreis bei.
Die Abwicklung und der damit einhergehende Wegfall zahlreicher Arbeitsstellen ist ein großer Verlust für unsere Stadt.
Naumburgs Oberbürgermeister Armin Müller (CDU) sagte, die MIG sei für Naumburg ein wichtiger Arbeitgeber mit hochqualifizierten Arbeitsplätzen. "Die Abwicklung und der damit einhergehende Wegfall zahlreicher Arbeitsstellen ist ein großer Verlust für unsere Stadt und Region. Ich hoffe, dass für alle Beschäftigten adäquate Zukunftsperspektiven gefunden werden", so Müller.
In ganz Sachsen-Anhalt sollen im Rahmen des Strukturwandels laut eines Berichtes der Bundesregierung insgesamt 622 Stellen in Bundesbehörden und Einrichtungen des Bundes neu geschaffen werden. Besetzt waren davon am 31. August 2023 nur 333, also knapp die Hälfte.
Auch Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) hätte sich einen Erhalt der MIG gewünscht. "Die Entscheidung der Bundesregierung zur Schließung der Mobilfunkinfrastrukturgesellschaft bedauere ich sehr. Wir brauchen in Deutschland zur Angleichung der Lebensverhältnisse auch eine ausgewogene Verteilung von Bundesbehörden zwischen Ost und West", sagte er MDR SACHSEN-ANHALT.
Wie geht es nach dem Ende der MIG weiter?
Die Förderrichtlinie, aus deren Mitteln die MIG den Bau von Mobilfunkmasten fördern soll, läuft bereits Ende 2024 aus. "Selbst, wenn nach dem Auslaufen der Förderung keine finanzielle Unterstützung der Unternehmen mehr möglich ist, wird die MIG alle Erkenntnisse, die sie bis dahin gesammelt hat, dem Markt zur Verfügung stellen und damit den eigenwirtschaftlichen Ausbau erleichtern", sagte eine Sprecherin der MIG auf Anfrage von MDR SACHSEN-ANHALT.
Der Mietvertrag für die Büroräume der MIG am Naumburger Markt läuft bis Ende 2025. Wie es danach für die Mitarbeitenden weitergeht, ist derzeit noch unklar. "Die Bundesregierung und der Mutterkonzern Toll Collect prüfen, welche Anschlussperspektiven für die Beschäftigten der MIG bestehen", so eine MIG-Sprecherin. Man wolle auch in der Region Perspektiven für die Fachkräfte der MIG eröffnen.
Es herrsche zwar eine gewisse Enttäuschung in Teilen des Teams ob des angekündigten Endes für die MIG. Gleichzeitig sei aber von Beginn an klar gewesen, dass die MIG befristet ist, da sie keine Daueraufgaben wahrnehme. Man plädiere daher dafür, das Aus der MIG positiv zu sehen, so die Sprecherin: "Die Mitarbeiter konnten wertvolle Erfahrungen in einem dynamischen Bundesunternehmen sammeln. Sie haben jetzt sehr gute Chancen am Arbeitsmarkt."
MDR (Lucas Riemer)
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 12. Juni 2024 | 17:00 Uhr
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