• Das Jerichower Land ist seit 1992 um 3,7 Quadratkilometer gewachsen, der Landkreis Wittenberg sogar um 4,7 Quadratkilometer – zumindest auf dem Papier.
• Das Wachstum kommt größtenteils durch moderne Messmethoden zustande.
• Durch einen Flächentausch mit Brandenburg ist Sachsen-Anhalt allerdings auch tatsächlich um ein paar Hektar gewachsen.

Eine Fläche von 21,3 Quadratkilometern, also knapp 3.000 Fußballfeldern, hat Sachsen-Anhalt seit 1992 hinzugewonnen. Das zeigen zumindest Zahlen des Statistischen Landesamts Sachsen-Anhalt, die MDR Data ausgewertet hat. Drei Landkreise sind dabei besonders große Gewinner: So hat der Landkreis Anhalt-Bitterfeld 2,5 Quadratkilometer Fläche hinzubekommen, das Jerichower Land ist um 3,7 Quadratkilometer gewachsen und der Landkreis Wittenberg sogar um 4,7 Quadratkilometer. Wie kann das sein?

Die Grafik veranschaulicht anhand bekannter Seen das ungefähre Maß des Flächenzuwachses in den drei Landkreisen. Bildrechte: MDR/Maximilian Schörm

René Garche, Geschäftsführer im Ingenieur- und Vermessungsbüro Wenck in Halle, weiß Bescheid. Er ist Projektleiter in der Flurneuordnung. Das bedeutet, er vermisst mit seinem Team große Flächen in Sachsen-Anhalt neu. Diese Werte werden dann im Liegenschaftskataster aktualisiert, also in jenem Register, in dem Größe, Nutzung und Lage von Grundstücken verzeichnet sind.

René Garche gibt im Gespräch mit MDR Data einen kleinen Exkurs dazu, wie Flächen früher vermessen wurden. Zur Jahrhundertwende 1900 entstand das Kataster. Damals wurde noch viel mit Maßbändern gemessen statt wie heute mit GPS, erzählt Garche. Außerdem sei lange mit digitalisierten Altkarten gearbeitet worden. Bei der Digitalisierung von Altkarten gibt es Garche zufolge Fehleranfälligkeiten. Er geht davon aus, dass in den 1990er-Jahren die Fläche Sachsen-Anhalts mit Hilfe dieser ungenauen Altkarten berechnet wurde.

Seitdem seien Teilstücke der Außengrenze neu vermessen worden. Er und sein Team würden bei Neuvermessungen in der Regel einen Flächenzuwachs von ein bis zwei Prozent verzeichnen. "Dadurch verschieben sich diese Katastergrenzen in die richtige Lage und demzufolge wird dann eventuell auch die Fläche größer", so Garche. Um größere Flächen zu vermessen, brauche es ein Team von 400 bis 600 Mitarbeitenden. Einen ganzen Landkreis zu vermessen, dauere Jahre.

Der Flächenzuwachs kommt also vor allem durch die neuen Vermessungsmethoden zustande. Das bestätigt auch das Statistische Bundesamt in einer Pressemitteilung.

Vergangenes Jahr änderte sich die Fläche Sachsen-Anhalts aber noch aus einem anderen Grund: Sachsen-Anhalt und Brandenburg tauschten einige Gebiete aus, um historisch gewachsene Exklaven zu bereinigen. Sachsen-Anhalt bekam 21,3 Hektar Fläche hinzu und gab etwa 2,7 Hektar an Brandenburg ab. Also: rund 20 Hektar oder 0,2 Quadratkilometer realer Flächengewinn für die Gemeinde Möckern im Jerichower Land.

Das Phänomen des Flächenzuwachses betrifft nicht nur Sachsen-Anhalt, sondern ganz Deutschland. In der Zeit von 1996 bis 2022 ist die Bundesfläche um 575 Quadratkilometer gestiegen. Das entspricht rund 80.000 Fußballfeldern. Auch hier spielen neue Vermessungen und die angewendeten neuen Messgeräte eine Rolle.

Allerdings wurde Deutschland 2023 tatsächlich ein kleines Stückchen größer. In Bad Säckingen in Baden-Württemberg wurde die Grenze um acht Meter Richtung Schweiz verschoben. Nun liegt die Grenze nicht mehr auf einer Brücke, die Bad Säckingen und den Ort Stein verbindet, sondern direkt am Schweizer Brückenende.

MDR (Corinna Thamm, Lonny Kirchner)