Mehrarbeit für Kameraden Analyse: Wenn den Feuerwehren Löschwasser fehlt
Hauptinhalt
von Tom Gräbe, MDR SACHSEN-ANHALT
30. November 2023, 07:15 Uhr
Wenn es brennt, braucht die Feuerwehr Wasser. Doch das ist vielerorts knapp. Es fehlt an Wasserdruck auf Hydranten, an Zisternen, Brunnen oder auch Löschwasserteichen. Das ist das Ergebnis einer Datenrecherche von MDR-Sachsen-Anhalt. Bedeutet: Einsätze für die Feuerwehren werden aufwändiger – wie ein Beispiel aus dem Salzlandkreis zeigt.
- In vielen Orten in Sachsen-Anhalt mangelt es an Löschwasser.
- Das Land unterstützt die Städte bei Investitionen in den Brandschutz. Der Investitionsbedarf ist groß.
- Die Feuerwehr kann trotzdem arbeiten.
Den Weg zum Hydranten am Ortstrand von Schneidlingen, einem Ortsteil der Stadt Hecklingen, findet Steffen Bruchardt auf Anhieb. Der Stadtwehrleiter kann sich auch noch genau an den einen Garagenbrand erinnern. Die Feuerwehr wurde alarmiert, fuhr vor, die Feuerwehrleute wollten den Hydranten anzapfen. "Und dann wurde eben festgestellt, dass bei Abnahme des Wassers kein Wasserdruck vorhanden war", sagt Bruchardt.
Für die Feuerwehrleute bedeutete das: Schläuche ziehen. Etwa 350 Meter vor, zur Hauptstraße. Zu einem Hydranten, der genug Wasserdruck liefert. Das bedeutete mehr Aufwand, mehr Zeit, mehr Kräfte. "Man braucht Manpower, man braucht die Kameraden dazu, man braucht das Equipment dazu zu."
Das Löschwasser ist irgendwann aufgebraucht. Bis dahin muss frisches Wasser herangeführt sein. Schlauchverbindung und Reserveschläuche mussen da sein: "Es könnte sogar passieren, wenn die Wegstrecke zu lang wird, dass man Verstärkerpumpen einbauen muss", so Bruchardt. Und das müsse auch alles wieder zurückgebaut werden.
Ein Garagenbrand ist kein besonders großes Feuer, eher ein alltäglicher Einsatz für Feuerwehren. Der Hydrant, der wenig Wasserdruck liefert, ist auch kein Hecklingen-Problem. Sondern eher ein Sachsen-Anhalt-Problem. Nicht flächendeckend – aber in vielen Gemeinden.
In Sachsen-Anhalt mangelt es an Löschwasser
In Sachsen-Anhalt mangelt es an Löschwasser. Das ist das Ergebnis einer Datenrecherche. Die Gemeinden schauen sich turnusmäßig die Situation im Brandschutz an. Dazu gehört unter anderem die Ausstattung der Feuerwehren, aber auch die Versorgung mit Löschwasser. Aus den sogenannten Risikoanalysen der Gemeinden geht hervor: In rund 75 Prozent der Städte gibt es Handlungsbedarf. In 15 Prozent ist der sogar dringend. In acht Gemeinden gibt es demnach keinen Handlungsbedarf. In zwei Gemeinden gibt es dazu keine Einschätzung.
Brandschutz ist Aufgabe der Städte
Für den Brandschutz sind die Städte zuständig. Dazu gehört laut Innenministerium auch die Löschwasserversorgung. Das Land unterstützt die Städte laut eigenen Angaben unter anderem mit der Ausschüttung der Feuerschutzsteuer in Höhe von rund drei Millionen Euro im laufenden Jahr. Außerdem fördert das Innenministerium unter anderem die Beschaffung von Einsatzfahrzeugen und Investitionen in Feuerwehrgerätehäuser und Löschwasserentnahmestellen.
Hoher Investitionsbedarf
"Insbesondere bei der Trockenheit der vergangenen Jahre haben sich Defizite bei der Bereitstellung von Löschwasser gezeigt", stellt auch Bernward Küper fest. Er ist Landesgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes Sachsen-Anhalt. Das führe auch zu städteplanerischen Fragen. Die Gemeinden würden spiegeln: "Es wird zunehmend schwieriger", so Küper.
Die Städte würden sich helfen. Zum Beispiel indem sie Tanklöschfahrzeuge für ihre Feuerwehren anschafften. Andere Gemeinden würden mobile Löschwasserbehälter aufstellen. "Das alles löst aber die Probleme im Moment noch nicht", sagt Küper. Die Bereitstellung von Löschwasser sei flächendeckend in ganz Sachsen-Anhalt ein Thema. Die Löschwasserversorgung sei eine Pflichtaufgabe der Kommunen, die immer mehr unterfinanziert ist. Es brauche Finanzierungsmodelle.
Feuerwehr kann arbeiten
Fest steht auch in Hecklingen: Investitionen in die Feuerwehr, in den Brandschutz kosten viel Geld. Hecklingens Bürgermeister Hendrik Marhold sagt, Brandschutz sei vom Geldbeutel der Kommunen abhängig. Zumindest in der groben Struktur sollte das Land zuständig sein, stellt er fest.
In Hecklingen wird gerade an einer neuen Risikoanalyse gearbeitet. Die vorherige liegt viele Jahre zurück.
Die Feuerwehr jedenfalls hat sich auf die Situation eingestellt. Niemand brauche Angst haben, dass die Feuerwehr nicht sofort eingreift, sagt Hecklingens Stadtwehrleiter Steffen Bruchardt. "Dass man solche Wegstrecken aufbaut, um genügend Löschwasser zu bekommen, ist aber in keinem Feuerwehrwesen wünschenswert."
Aber lange Schlauchstrecken zu legen, das gehört wohl für viele Feuerwehren zum Einsatz-Alltag.
MDR (Tom Gräbe, Katharina Forstmair)
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT | SACHSEN-ANHALT HEUTE | 30. November 2023 | 19:00 Uhr