Lea-Charlotte Kus tritt an 17-jährige FDP-Kandidatin tritt in Dessau an
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29. September 2020, 14:30 Uhr
Eine junge Schülerin möchte in der Region Dessau-Roßlau Politik machen. Bereits mit 17 Jahren kandidiert sie jetzt für den Landtag. Ihr Berufswunsch: Medizin studieren – egal ob als Mitglied des Landtags oder nicht.
Rein äußerlich unterscheidet sich Lea-Charlotte Kus kaum von anderen 17-Jährigen: Sie hat langes braunes Haar, ein freundliches Lächeln, ist chic aber dezent gekleidet. Doch wenn die Oranienbaumerin spricht, merkt man, dass man eine besondere junge Frau vor sich hat. Eine, die sich schon früh für Politik interessiert hat, Dingen, die sie nicht verstand, auf den Grund gehen wollte und für die schon früh feststand, einer Partei beitreten zu wollen. Welche das sein würde, war dagegen lange Zeit offen.
Ich wusste, mit 16 darf man in eine Partei eintreten, deshalb habe ich alle Parteien verglichen. In vielen gab es Konzepte, die mich angesprochen haben oder mit denen ich mich identifizieren konnte. Also habe ich ausgewählt, welche Partei am besten passt. Das war bei mir die FDP. Was für mich das wichtigste Thema ist: die Bildung.
Nachdem die Entscheidung gefallen war, machte Lea-Charlotte schnell Nägel mit Köpfen: Ein Anruf, ein Treffen und schon war sie Parteimitglied. Dass sie knapp ein Jahr später von ihren Parteifreunden zur Direktkandidatin für die Landtagswahl gemacht würde, ahnte da noch niemand. "Ich bin nicht in die Partei eingetreten, mit dem Ziel 2021 bei der Landtagswahl anzutreten. Das hat sich doch eher kurzfristig ergeben. Aber ich denke, dass das für die FDP oder überhaupt für die Politik sehr förderlich ist, wenn sich wieder mehr junge Menschen beteiligen und dazu möchte ich beitragen."
Bildung ist genial, leider steht es nicht gut um sie
Lea-Charlotte Kus spricht ruhig, gestikuliert nur wenig, schaut ihrem Gegenüber im Gespräch immer wieder in die Augen. Doch bei der Frage nach den Themen, mit denen sie ihren Wahlkampf inhaltlich gestalten will, geht ein kleiner Ruck durch die Schülerin. Sie hebt das Kinn und legt los: "Das größte Thema ist Bildung, die zieht sich ja durchs ganze Leben. Bildung ist deshalb so genial, weil sie Menschen die Chance gibt, unabhängig von ihrer Herkunft zu erlernen, kritisch zu denken und zu handeln. Die Leute können andere Perspektiven einnehmen und werden dadurch unabhängiger. Dadurch haben sie mehr Chancen, die sie aufgrund ihrer Herkunft oder sozialen Schicht ohne Bildung vielleicht nicht gehabt hätten. Leider steht es um die Bildung ja nicht so gut."
Das Problem ist laut Kus bekannt: das Studiensystem von Lehrern. "Ich muss dazu sagen, meine Oma ist Grundschuldirektorin", erklärt die junge Politikerin. Da hätte sie natürlich eine andere Perspektive auf die Probleme im Bildungssektor. Schon jetzt würden an staatlichen Schulen so wenige Lehrer zur Verfügung gestellt, dass es zum Teil unmöglich sei, den Unterricht wie gewünscht zu gestalten oder auch nur die Stundenzahlen abzusichern. Der Plan von Lea-Charlotte Kus: "Ich denke, wir müssen generell dafür sorgen, dass das 'Lehrer-Sein' wieder anerkannter ist und wieder ein geschätzter Beruf in unserer Gesellschaft wird." Außerdem möchte sie das Thema "Lebenslanges Lernen" wieder attraktiver machen und den Menschen zeigen, wie das das eigene Leben verändern könne.
Miteinander statt gegeneinander
Zum Thema Bildung gehört für Lea-Charlotte auch das Thema Umwelt. Denn wer durch Bildung ein größeres Bewusstsein für Umwelt und Nachhaltigkeit entwickelt, wird das automatisch ins eigene Leben übertragen, so die junge Frau. In der Region könnte man den Nachhaltigkeitsgedanken außerdem dadurch fördern, dass Läden und Startups gefördert werden, die nachhaltig arbeiten. Ihrer eigenen Generation attestiert die 17-Jährige ein großes Problem-Bewusstsein in Umweltfragen. Die "Fridays For Future"-Demos zeigten das. Allerdings würde sich die junge Frau wünschen, dass Aktivisten und Politiker miteinander statt gegeneinander arbeiten.
Ich möchte davon wegkommen, dass man auf einzelne Gruppen oder Parteien losgeht, sondern wieder inhaltsbasierter arbeitet. Damit man auch gleichzeitig wieder lösungsorientierter wird in der Politik.
Erst das Abi, dann die Wahl
Lösungsorientiert denkt Lea-Charlotte auch, wenn es darum geht, in den kommenden Monaten den Wahlkampf und die Vorbereitungen fürs Abitur unter einen Hut zu bekommen. "Ich schreibe Ende April meine erste Abiturprüfung, in der ersten Maiwoche die letzte und am 6. Juni ist dann die Wahl", erklärt die Schülerin. Vier Wochen vorher beginne die heiße Phase im Wahlkampf. "Ich denke, das ist machbar. Ich muss eben meine Prioritäten richtig setzen", meint sie.
Realistisch, aber optimistisch
Wie viele Stimmen Lea-Charlotte bei der Landtagswahl am 6. Juni dann tatsächlich bekommt, weiß heute natürlich noch niemand. Ihre Chancen bewertet Lea-Charlotte realistisch, aber mit einer guten Portion Optimismus. "Mir ist natürlich bewusst, dass ich selber viel weniger bekannt bin als Haseloff und dass die Chancen, das Direktmandat zu gewinnen, geringer stehen. Zumal die FDP ja keine klassische Volkspartei ist", erklärt die Politikerin. Aber sie werde versuchen, intensiver mit den Menschen ins Gespräch zu kommen, um ihre konkreten Bedürfnisse kennenzulernen.
Ich möchte in allen Bereichen daran arbeiten, dass wenn man an Sachsen-Anhalt denkt, nicht sagt 'Ach, das ist die Region aus der die ganzen jungen Leute abwandern', sondern dass man an eine Region denkt, auf die man stolz sein kann, wo man gerne lebt und die gerade für junge Leute an Attraktivität gewinnt. Wenn ich Glück habe, kommt das an.
Landtag und Hörsaal
Natürlich hat die Nachwuchs-Politikerin auch einen Plan für die Zeit nach der Landtagswahl und der ist ganz unabhängig vom Ergebnis, das Lea-Charlotte am 6. Juni erzielen wird. Die Oranienbaumerin will Medizin studieren, vielleicht in München, vielleicht in Berlin. Auch drauf wird sie sich in den nächsten Monaten vorbereiten. "Ich schreibe den Mediziner-Test, der sechs Stunden dauert, in der gleichen Woche wie meine Abiturprüfungen. Aber ob nun vier oder fünf schriftliche Prüfungen – das macht dann auch keinen Unterschied mehr. Und Medizin studieren möchte ich, auch wenn ich die Wahl gewinne", sagt Lea-Charlotte und lächelt. Es ist das Lächeln einer bemerkenswerten jungen Frau, die ihren Weg gehen wird. Ob dieser Weg sie im kommenden Jahr in den Landtag von Sachsen-Anhalt führt, spielt dabei eigentlich keine Rolle.
Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Fassung des Artikels hatten wir geschrieben, dass Frau Kus Reiner Haseloff in dem Wahlkreis herausfordert. Mittlerweile stellte sich aber heraus, dass Haseloff in einen anderen Wahlkreis wechseln könnte. Deswegen haben wir alle Bezüge aus dem Text genommen.
Über die Autorin Jana Müller, groß geworden in Gräfenhainichen, arbeitet seit 2018 bei MDR SACHSEN-ANHALT im Regionalstudio Dessau. Sie berichtet aus der Region Anhalt und Wittenberg hauptsächlich für den Hörfunk, aber auch für Fernsehen und Online. Schon während ihres Studiums an der Martin-Luther-Universität in Halle machte Jana Müller erste Radio-Erfahrungen bei Radio Brocken und 89.0 RTL, danach zog es sie aber erst einmal zum Fernsehen. Bei den Regionalfernsehsendern in Dessau und Bitterfeld-Wolfen war sie als Redakteurin aber auch als Kamerafrau unterwegs. Zu ihren absoluten Lieblingsorten in Sachsen-Anhalt zählt der Zschornewitzer See, den sie als Ruderin schon unzählige Male auf und ab gefahren ist.
Quelle: MDR/pow
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT - Das Radio wie wir | 25. September 2020 | 08:20 Uhr
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