Bürgermeister wird Landrat Nach der Landtagswahl: Wie ist die Stimmung in Sandersdorf-Brehna?

07. Juni 2021, 17:12 Uhr

Sandersdorf-Brehna hat am Sonntag zwei Mal gewählt: Dabei ging es neben dem Landtag auch um einen neuen Landrat. Für die Stadt hat das Konsequenzen: Denn der neue Landrat ist Bürgermeister von Sandersdorf-Brehna. Ein Stimmungsbild.

Es ist ruhig am Montagmorgen nach der Landtagswahl in Sandersdorf-Brehna im Landkreis Anhalt-Bitterfeld. Die Sonne scheint, ein paar Autos fahren am Rathaus der Stadt vorbei, ein älterer Mann stellt sein Fahrrad ab, lächelt mich an. Ich frage ihn, wie es ihm eine Nacht nach der Wahl geht.

Eine Frage, die den Rentner furchtbar aufregt: "Es ist unglaublich, wie viele Menschen die CDU gewählt haben. Das verstehe ich einfach nicht. Sie fragen, wie die Stimmung ist? Die Stimmung ist furchtbar. Die Menschen sind unzufrieden. Und wenn dann immer alle sagen, sie wüssten gar nicht, wen sie noch wählen können. Das ist doch Quatsch." Das einzige Gute an der Landtagswahl aus seiner Sicht? Dass die Grünen nicht noch mehr Stimmen bekommen haben. Und bei der Landratswahl im Kreis Anhalt-Bitterfeld hat auch der falsche gewonnen.

Sagt’s und lässt mich stehen. Ziemlich verdattert, um ehrlich zu sein, denn mit so einem Gefühlsausbruch durch meine Frage hatte ich nicht gerechnet.

Ob alle Bürger so emotional reagieren?

Klar, der Wahlabend war für die Stadt Sanderdorf-Brehna und seine knapp 15.000 Einwohner ein besonderer. Denn hier wartete man nicht nur auf die Stimmverteilung für den neuen Landtag von Sachsen-Anhalt. Gewählt wurde auch der neue Landrat vom Landkreis Anhalt-Bitterfeld. Und einer der drei Kandidaten für den Posten war der Sandersdorf-Brehnaer Bürgermeister Andy Grabner (CDU). Und tatsächlich konnte sich Grabner schon in der ersten Wahlrunde die absolute Mehrheit sichern. Das heißt, dass er das Sandersdorfer Rathaus schon bald verlassen wird.

Zufrieden mit der Landratswahl

Diesen Erfolg hat Grabner sich verdient, findet Wolfgang, den ich vor einem Getränkemarkt treffe. In Sandersdorf-Brehna habe der Bürgermeister gute Dienste geleistet, sagt der 72-Jährige. Als Landrat werde er sich hoffentlich weiter für die Stadt einsetzen. Schließlich werde die Treppe von oben nach unten gekehrt.

Auch mit dem Ergebnis der Landtagswahl ist Wolfgang insgesamt zufrieden, nur mit der Verteilung der Stimmen hadert er etwas. "Ich finde, dass die AfD zu stark ist und dass die Grünen so schwach sind, bedauere ich sehr." Er hätte gedacht, dass mittlerweile mehr Menschen verstanden hätten, mit welchen Problemen wir in den kommenden Jahren zu kämpfen hätten. Aber dann hätten mehr Menschen Grün gewählt, sagt er.

Auch Otto, mit dem ich vor der Postfiliale in der Schlange stehe, findet es furchtbar, dass man die Mehrzahl der Parteien der AfD scheinbar nichts entgegen zu setzen haben. "Vor der Wahl sagen immer alle, man müsse etwas dagegen unternehmen, dass die AfD immer stärker wird. Aber nach der Wahl sagt keiner mehr was."

Er habe das vor der Wahl beobachtet: Die AfD habe geworben, was das Zeug hält, im Briefkasten lagen die Flyer, auf dem Marktplatz standen die Kandidaten. "Da müssen sich die anderen Parteien daneben stellen und gleich sagen: 'Das ist doch Quatsch, was der erzählt.'". Aber das passiere nicht. Dass sein Bürgermeister zum Landrat gewählt wurde, werde gut sein für den Landkreis, meint Otto. Dann kommt er in der Warteschlange an die Reihe und geht in die Post.

Ein richtig schönes, großes Dorf

Ein Stück weiter unterhalten sich drei Damen, alles ehemalige Kindergärtnerinnen, die den Bürgermeister noch als kleinen Jungen kennen. Die drei freuen sich, dass er die Wahl gewonnen hat. In Sandersdorf-Brehna habe er viel bewirkt, erst zuletzt sei der Grundstein für das neue Mehrgenerationenhaus gelegt worden, erzählen sie. Grabner denke an Jung und Alt, sagen die Damen.

Eine von ihnen ist nur zu Besuch in der Stadt, die sie vor 23 Jahren verlassen hat. "Sandersdorf-Brehna hat sich so toll entwickelt, es ist ein richtig schönes großes Dorf geworden", sagt sie. Und der Bürgermeister hat daran großen Anteil. Nach der Landespolitik frage ich noch. Dass die CDU so gut abschneide, hätten sie schon erwartet, antworten die Damen. Das sei ok, die Stimmung sei gut.

Weiter nach Brehna

Etwa 15 Kilometer weiter in Brehna sieht das ein Unternehmer etwas anders. Manfred steht vor seinem Laden am Marktplatz. Dort und anderswo höre er immer wieder von den Menschen, wie unzufrieden sie sind. Das gute Abschneiden der AfD hat ihn deshalb nicht überrascht. "Das hat meiner Meinung nach mit vielen Sachen zusammen, die in den letzten Jahren Berlin entschieden worden sind."

Manfred spricht von Flüchtlingspolitik, von Auslandseinsätzen der Bundeswehr, die aus seiner Sicht so viel Geld kosten und so wenig bringen. Die CDU könne fast froh sein, noch so gut abgeschnitten zu haben. "Das rechne ich Reiner Haseloff an", sagt Manfred. "Der hat eine gute Politik gemacht, hat sich auch gegen verschiedene Maßnahmen aus Berlin aufgelehnt und dagegengehalten." Deshalb sei er zufrieden mit dem Ergebnis der Landtagswahl.

Ich laufe weiter durch die Straßen von Brehna und treffe auf eine junge Mutti, die ihren Sohn aus dem Kindergarten abholen will. Stephanie kennt das Wahlergebnis noch gar nicht, als ich ihr ein paar Zahlen nenne, bleibt sie stehen. "Also davon bin ich nicht begeistert. Ich kann es mir nicht erklären, wie die AfD immer so viele Stimmen bekommt. Sind die Leute so blind? Wahrscheinlich lesen viele nur das Wahlprogramm, dass man das aber nicht umsetzen kann, das wollen die meisten nicht verstehen." Die Wahl Grabners zum Landrat freut die 28-Jährige. "Der ist ok. Er hat sich immer auch für die kleinen Unternehmen eingesetzt und hatte für ein offenes Ohr für die Probleme der Bürger."

Ich kann es mir nicht erklären, wie die AfD immer so viele Stimmen bekommt. Sind die Leute so blind?

Stephanie, 28 Jahre

Zu wenige Menschen gehen wählen

Man wird sich überraschen lassen müssen, wer als nächstes den Bürgermeister-Posten in Sandersdorf-Brehna übernimmt. Auf die Kandidaten ist auch Bärbel schon gespannt. Die Wahlergebnisse überraschen die ehemalige Hortnerin nicht. Doch eines gibt ihr zu denken: Wie gering die Wahlbeteiligung ausgefallen ist. Vielleicht liegt es an der Pandemie, sagt Bärbel noch. Hoffentlich.

Über die Autorin Jana Müller, groß geworden in Gräfenhainichen, arbeitet seit 2018 bei MDR SACHSEN-ANHALT im Regionalstudio Dessau. Schon während ihres Studiums an der Martin-Luther-Universität in Halle machte Jana Müller erste Radio-Erfahrungen bei Radio Brocken und 89.0 RTL, danach zog es sie aber erst einmal zum Fernsehen. Bei den Regionalfernsehsendern in Dessau und Bitterfeld-Wolfen war sie als Redakteurin aber auch als Kamerafrau unterwegs. Zu ihren absoluten Lieblingsorten in Sachsen-Anhalt zählt der Zschornewitzer See, den sie als Ruderin schon unzählige Male auf und ab gefahren ist.

MDR/Jana Müller

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