Eine Person zieht an einem Joint
Ab 1. April kann legal gekifft werden. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Kritik und Zuspruch Teillegalisierung von Cannabis: So reagieren Sachsen-Anhalts Parteien

23. März 2024, 11:20 Uhr

Der Bundesrat hat eine Teillegalisierung von Cannabis beschlossen. Sie soll am 1. April in Kraft treten. Der Beschluss stößt aufseiten der Opposition Sachsen-Anhalts auf großen Zuspruch. Die CDU dagegen will das Gesetz doch noch im letzten Moment stoppen.

Es wurde heftig gestritten um die Teillegalisierung von Cannabis: Doch das Gesetz hat nun die letzte Hürde im Bundesrat genommen. Damit können Erwachsene ab Ostermontag, den 1. April, in begrenzten Mengen legal Cannabis konsumieren und anbauen. Das neue Gesetz wird von den Landtagsparteien in Sachsen-Anhalt unterschiedlich aufgenommen.

FDP, Grüne und Linke freuen sich über Legalisierung

Großen Zuspruch findet das Gesetz bei den Oppositionsfraktionen der Grünen und Linken. Die Vorsitzende der Grünen-Fraktion, Cornelia Lüddemann, sagte, man brauche eine versachlichte Drogenpolitik, Entkriminalisierung und Jugendschutz. Dafür sei der Weg nun frei. Mit Blick auf die von der Union angedachte Anrufung des Vermittlungsausschusses sagte Lüddemann: "Ich bin froh, dass sich Taktieren und Verzögern nicht durchgesetzt haben."

Ich sehe für die Zukunft sogar eine Entlastung für die Strafverfolgungsbehörden. Sie können sich um tatsächlich Kriminelle kümmern und haben Freiraum zur Aufklärung schwerer Straftaten.

Eva von Angern, Fraktionsvorsitzende der Linken

Die Fraktionsvorsitzende der Linken, Eva von Angern, sagte MDR SACHSEN-ANHALT, die Entkriminalisierung des Cannabisgebrauchs sei ein wichtiger Schritt. Das Strafrecht habe vor dem Missbrauch nachgewiesenermaßen nicht geschützt. Dafür bedürfe es anderer präventiver Instrumente: "Ich sehe für die Zukunft sogar eine Entlastung für die Strafverfolgungsbehörden. Sie können sich um tatsächlich Kriminelle kümmern und haben Freiraum zur Aufklärung schwerer Straftaten."

Auch die in der Landesregierung vertretene FDP zeigte sich erfreut. Der gesundheitspolitische Sprecher der Fraktion, Konstantin Pott, sprach im MDR von einem Umdenken in der Drogenpolitik in Deutschland, das überfällig gewesen sei. Seine Partei hätte aber eigentlich mehr erwartet: "Unser Konzept sähe vor, dass es zertifizierte Verkaufsstellen gäbe und wir bestimmte Auflagen, die jetzt im Gesetz drinstehen, so nicht reingeschrieben hätten, weil die einfach zusätzliche Bürokratie bedeuten." Pott nannte die Teil-Legalisierung einen richtigen Schritt, den man begrüße: "Jetzt müssen wir gucken, dass wir die zweite Säule auch auf den Weg bringen auf Bundesebene. Und dafür werden wir auch weiter kämpfen."

SPD stimmt grundsätzlich zu, hat aber Bedenken

Die mitregierende SPD-Fraktion teilte MDR SACHSEN-ANHALT schriftlich mit, man stimme der Entkriminalisierung grundsätzlich zu. Trotzdem habe man Bedenken in Einzelfragen. Diese seien in der Landtagsdebatte am Mittwoch von der gesundheitspolitischen Sprecherin Heide Richter-Airijoki deutlich gemacht worden. Der Versuch, das Gesetz im Vermittlungsausschuss fachlich zu verbessern, sei mit der Blockade-Ankündigung des sächsischen Ministerpräsidenten Michael Kretschmer politisch tot gewesen. Man setze nun darauf, dass die abgegebene Protokollerklärung von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach helfe, Schieflagen im Vollzug zu beseitigen.

CDU will Gesetz doch noch stoppen

Der Vorsitzende der CDU-Fraktion, Guido Heuer, hält die Legalisierung für einen Fehler. Das Gesetz sei in seiner jetzigen Form völlig unausgereift: "Die Warnungen von Experten aus dem Gesundheitswesen und der Polizei blieben bis zuletzt unberücksichtigt. Die geplante Amnestie wird die Justiz an ihre Kapazitätsgrenzen bringen. Viele andere Fragen, beispielsweise zu den Grenzwerten im Straßenverkehr oder den Abstandsgeboten, sind nach wie vor unbeantwortet."

Ebenso kritisch äußerte sich das CDU-geführte Justizministerium. Es teilte mit, es sehe mehr Arbeit auf Gerichte und Staatsanwaltschaften zukommen. Allein die Zahl der zu überprüfenden Altverfahren liege voraussichtlich im vierstelligen Bereich. Der notwendige Zeit- und Personalaufwand könne nicht genau beziffert werden. Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) hatte bereits vor der Bundesrats-Entscheidung vor mehr Todesfällen gewarnt. Mit dem Gesetz öffne sich die Tür zu einer grundlegend neuen Drogenpolitik. Sachsen-Anhalt hatte sich bei der Abstimmung enthalten. Grund war die unterschiedliche Haltung innerhalb der schwarz-rot-gelben Koalition.

Gesetz muss noch unterzeichnet werden

Die Union hat nun Bundespräsident Steinmeier aufgefordert, die Teil-Freigabe von Cannabis zu stoppen. Der gesundheitspolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, der Magdeburger Abgeordnete Tino Sorge, sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland, dafür sei es noch nicht zu spät. Er verwies auf die Kritik der Justiz- und Innenminister der Länder. Das Gesetz kann erst in Kraft treten, wenn Bundespräsident Steinmeier es unterzeichnen.

AfD fordert Null-Toleranz-Politik

Für die größte Oppositionsfraktion, die AfD, hatte der Abgeordnete Hans-Thomas Tillschneider das Gesetz bereits in der Landtagsdebatte am Mittwoch deutlich abgelehnt und eine Null-Toleranz-Politik gegenüber Drogenkonsum gefordert: "Wir müssen die kriminellen Strukturen des Handels mit Cannabis trockenlegen. Nicht indem wir den Handel legalisieren, sondern indem wir mit harter Hand durchgreifen, indem wir den Fahndungsdruck erhöhen, indem wir die Kifferhöhlen aushebeln, die Plantagen zerstören, den lichtscheuen Angehörigen dieser Szene das Handwerk legen und sie mit der angemessenen Härte bestrafen."

MDR (Christoph Dziedo, Michael Rosebrock, Lars Frohmüller, Karsten Kiesant, Max Schörm)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 23. März 2024 | 07:00 Uhr

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