Mehr als nur Bücher Fünf Dinge, die Sie in einer Bibliothek nicht erwartet hätten

23. November 2023, 05:00 Uhr

Viele Bibliotheken wollen ihren Gästen heute mehr als Bücher bieten. So sind sie unter anderem Spielstätten, Experimentierfelder oder Anlaufpunkte der lokalen Sharing Economy. Diese überraschenden Dinge finden sich in Sachsen-Anhalts Lese-Tempeln.

In Sachsen-Anhalt gibt es 184 öffentliche Bibliotheken. Sie zählten im vergangenen Jahr zusammen fast 1,6 Millionen Besucherinnen und Besucher, die laut Landesverwaltungsamt insgesamt 4,8 Millionen Mal etwas ausgeliehen haben. Noch immer stehen dabei mit rund drei Millionen Ausleihen überwiegend Printmedien wie Bücher im Zentrum des Interesses.

Dennoch stellen sich viele Bibliotheken auf veränderte Bedürfnisse ein, wollen vermehrt Treffpunkt sein und ihr Spektrum an Medien erweitern. Schon im vergangenen Jahr handelte es sich bei rund 1,2 Millionen Ausleihen um "Non-Book-Medien". Und was Bibliotheken schon heute abseits ihres Kerngeschäfts zu bieten haben, dürfte so manchen überraschen. MDR SACHSEN-ANHALT hat fünf Dinge zusammengetragen.

1. Heimplanetarium bis Bohrmaschine

Den Sternenhimmel ausleihen? – Das geht in der Stadtbibliothek Halle. In der hauseigenen "Bibliothek der Dinge" findet sich nämlich auch ein sogenanntes Heimplanetarium. Das Gerät kann den Sternenhimmel zu Hause an die Zimmerdecke projizieren und sei fast konstant unterwegs, berichtet Leiterin Katrin Lesche. "Ich selbst konnte es noch nie ausprobieren, weil es immer ausgeliehen ist."

Das Heimplanetarium sei das beliebteste Objekt in der Bibliothek der Dinge – dicht gefolgt von Akkufenstersauger und Minibeamer. Im Bestand finden sich aber auch Bohrmaschine, Fernglas und Tischtennissets. Das Angebot folgt dem Gedanken der "Sharing Economy", also der Idee, Dinge, die nur selten genutzt werden, lieber zu teilen anstatt sie zu kaufen. Bibliotheken können auf diesem Wege dazu beitragen, Ressourcen zu schonen. Neben Halle verfügt zum Beispiel auch die Stadtbibliothek in Halberstadt (Landkreis Harz) über eine Bibliothek der Dinge. "Sterne" kann man dort nicht ausleihen, dafür aber ein Teleskop.

2. E-Sports und Gaming-Szene

Gamer und Bücherleser haben nichts gemein? Das Gegenteil beweist die Stadtbibliothek in Gardelegen (Altmarkkreis Salzwedel). Für die lokale Gaming-Szene hat die Bibliothek einen "Gaming-Club" ins Leben gerufen. Die derzeit acht festen Mitglieder treffen sich laut Webseite in einem eigenen Clubraum im Gebäude und organisieren gemeinsam mit der Bibliotheksleitung sogar Turniere. Gespielt würden E-Sport-Titel wie "FIFA" oder "League of Legends". Doch auch Konsolenspiele oder Games für die VR-Brille hat die Bibliothek angeschafft.

Spielen dürfen der Bibliothek zufolge alle Interessierten ab zwölf Jahren, allerdings müsse mindestens ein Club-Mitglied anwesend sein. Hintergedanke des Gaming-Clubs sei, dass es nicht mehr vorrangig um Medienausleihe gehe, "sondern vielmehr darum, Menschen zusammenzubringen und einen nicht-kommerziellen Treffpunkt zur Verfügung zu stellen".

3. Raketen und Roboter

Von experimentellen Konstruktionen bis zur Rakete – die "Technothek" der Stadtbibliothek Magdeburg richtet sich an technisch interessierte Kinder und Jugendliche, die sich hier zum gemeinsamen Tüfteln treffen können. Für das Angebot kooperiert die Bibliothek mit dem Verein Deutscher Ingenieure. Die Technothek bietet nach eigenen Angaben eine breite Palette an Materialien zu ganz verschiedenen Technologie- und Wissenschaftsthemen. Zur Ausstattung gehört laut Bibliothek als Highlight eine 1.400-Teile-Rakete zum Selbstbauen. Nachwuchserfinder können Außerdem eigene Roboter erschaffen und programmieren.

Mit dem "Makerspace" hat auch die Stadtbibliothek Wittenberg einen Ort für kreatives Ausprobieren geschaffen. In der digitalen Werkstatt können Nutzerinnen und Nutzer laut Webseite zum Beispiel auf moderne Weise schneidern und Stickereien herstellen, alte Fotos und Dias digitalisieren, mit der VR-Brille arbeiten und verschiedene Materialen in gewünschte Formen bringen.

4. Grünes für Balkon und Garten

Wiederum in der Stadtbibliothek Halle können sich Hobbygärtner und -gärtnerinnen mit Saatgut für Balkon und Garten eindecken. Neben Samen für Gemüse gebe es vor allem alle Arten von Sommerblumen in der hauseigenen "Saatgutbibliothek", erklärt Leiterin Katrin Lesche.

Verschiedene verblühte Blüten auf einem Tablett
Saatgut soll in Halle nicht nur geliehen, sondern auch wieder geerntet und zurückgebracht werden. (Symbolbild) Bildrechte: MDR/Brigitte Goss

Ganz wie bei der Bücherleihe will die Bibliothek die herausgegebenen Samen am Ende auch möglichst wieder zurück. So sind die Gärtner angehalten, das Saatgut der ausgesäten Pflanzen zu ernten und wieder in die Bibliothek zu bringen. "Wie man das am besten macht, dazu haben wir natürlich Bücher hier", so Lesche. Auch wer kein Saatgut "ausgeliehen" hat, kann welches abgeben, um die Vielfalt in der Bibliothek zu erhöhen. Die Anforderungen sind simpel: Gut vermehrbar soll das Saatgut sein und nicht genverändert.

5. Frühere Hausbewohner

Wer mehr über die Geschichte des Hauses erfahren will, in dem er lebt, der kann ebenfalls in einer Bibliothek fündig werden. So verfügt etwa die Harzbücherei in Wernigerode über einen großen Bestand an alten Adress- und Telefonbüchern. Das älteste sei aus dem Jahr 1862 und umfasse die Region Goslar, erzählt Steffi Hoyer, Leiterin der Harzbücherei. Verzeichnet seien die Adressen von Gewerbetreibenden und Einwohnern. Wer früher einmal in einem Haus gelebt hat, lasse sich damit schnell herausfinden.

Interessant seien die Adress- und Telefonbücher aber beispielsweise auch für Ahnenforscher oder Historiker, die die Geschichte und Entwicklung der lokalen Wirtschaft aufarbeiten wollten, so Hoyer. Das jüngste Adressbuch aus der Region Harz stammt übrigens aus den Jahren 1993/94. "Es sind immer wieder Leute überrascht, dass sie da drin stehen."

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MDR (Daniel Salpius)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT HEUTE | 22. November 2023 | 19:00 Uhr

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