mdrFRAGT Serie | Leben in Quarantäne Corona - einsam Tatort schauen und mit Oma telefonieren

24. März 2020, 05:00 Uhr

Die Ausbreitung des Corona-Virus hat Deutschland und Europaweitgehend lahmgelegt. Die Angst vor dem Coronavirus und dessen Auswirkungen wächst. Das hat auch die jüngste Befragung des MDR-Meinungsbarometers "mdrFRAGT" ergeben. Die Mehrzahl der Befragten aus Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen befürwortet das strenge Abschotten vor dem Virus. Viele Teilnehmer des Meinungsbarometers sind bereits in Quarantäne - teils freiwillig. Hier berichten drei von ihren Sorgen und Geschichten.

Für Steffen Lilow war klar: Er wird zuhause bleiben müssen. Sein Sohn hatte ihn angerufen, weil er auf dem Rückweg aus Italien war. Er hatte in der Lombardei ein Praktikum gemacht. "Seien wir ehrlich, es wäre ein Sechser im Lotto gewesen, wenn mein Sohn das Virus nicht gehabt hätte", sagt Lilow.

Mann steht auf Balkon
mdrFRAGT Mitglied Steffen Lilow hatte Kontakt mit seinem Corona infizierten Sohn und befindet sich in Quarantäne. Bildrechte: Steffen Lilow

Der Hausmeister konnte sich schon darauf einstellen, dass auch er in Quarantäne muss. "Ich hab für meine zwei Wochen vor allem Pumpernickel gekauft." Zum Glück ein Lieblingsessen. Der Leipziger ist eine sogenannte Kontaktperson eines Infizierten. Deshalb gelten für ihn besondere Regeln. Er muss 14 Tage in behördlich angeordneter Quarantäne bleiben. "Ich habe mich beim Gesundheitsamt telefonisch gemeldet und nachdem ich meine Situation geschildert habe, haben sich die Mitarbeiter dort wirklich viel Zeit genommen", so Lilow. Jede seiner Fragen sei beantwortet worden, er habe sich sehr gut aufgehoben gefühlt.

Lilow ist einer von vielen. Die Zahl der Menschen, die sich behördlich in Quarantäne befinden, wird in den drei Ländern Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen nicht zentral erfasst. Und wer sich ohne behördliche Anordnung selbstständig in Quarantäne begibt, wird derzeit nicht erfasst.

Vom Arbeitgeber nach Hause geschickt

Einer von denjenigen ist Frank Meier (Name von der Redaktion geändert). Er hat das Gesundheitsamt noch nicht erreicht. Schlimm findet er das nicht. Er sei mit seiner Familie in Tirol gewesen und da die Region ein Risikogebiet ist, habe sein Arbeitgeber ihn nach Hause geschickt. "Wir haben seit unserer Rückkehr alle keine Symptome und deshalb finde ich es auch wirklich nicht verwerflich, dass ich beim Gesundheitsamt nicht sofort jemanden erreicht habe. Ich bin sicher, dort hat man viel zu tun", sagt der Familienvater. Da die Familie keine Symptome zeigt und keinen Kontakt zu einem Infizierten hatte, ist Quarantäne nicht behördlich vorgeschrieben, heißt es auf der Homepage der Landesregierung. "Trotzdem sind wir da sehr streng mit uns, wir wissen nicht, ob wir das Virus nicht ohne Anzeichen in uns tragen und wir wollen wirklich niemanden gefährden", sagt Meier.

Die Zeit so gut es geht überbrücken - mit Tatort und Telefonaten

Mann mit Brille steht im Freien
Christopher Jäger aus Gera wurde von seinem Arbeitgeber nach Hause geschickt. Bildrechte: Christopher Jäger

Auch Christopher Jäger ist nicht offiziell in Quarantäne. Den 25-Jährigen aus Gera hat sein Arbeitgeber trotzdem nach Hause geschickt. Er war ebenfalls im Urlaub in Tirol und hat sich nun entschlossen, die meiste Zeit des Tages zu Hause zu verbringen. "Natürlich – nach den offiziellen Regeln könnte ich rausgehen, solange ich zwei Meter Abstand halte, aber ich habe mich gut eingerichtet und werde die Zeit überstehen", sagt er. Tatort gucken oder mit der Oma telefonieren stehen nun auf dem Tagesplan. Jägers Eltern wollen vorbei kommen und seine Vorräte auffrischen. "Eine große Begrüßung wird da ausfallen – meine Eltern versorgen auch meine Großeltern und ich will einfach kein Risiko eingehen."

Ein wenig kann er von zu Hause aus arbeiten, aber er wäre schon lieber auf Arbeit. Da einige seiner Kollegen durch die Schulschließungen erstmal zu Hause bleiben müssten, würde er gern sein Unternehmen unterstützen: "Als Alleinstehender könnte ich jetzt perfekt helfen. Aber das Risiko, dass wegen mir am Ende alle zu Hause bleiben müssen, ist einfach wirklich hoch." Auch Christopher Jäger hatte mit dem Gesundheitsamt in Gera zu tun. "Sie haben mir am Telefon gesagt, wenn ich keine Symptome habe, können sie nichts für mich tun. Aber klar war auch: Man ist dort sicher nicht unglücklich, wenn ich jetzt erstmal daheim bleibe."

Entschädigung wegen Quarantäne

In Sachsen wird die Landesdirektion nach Aussage eines Sprechers vermehrt von Selbstständigen und Kleinunternehmern angerufen. Grund ist ein Schreiben der Behörde, nachdem Selbstständige mit Entschädigungen rechnen können, wenn sie sich in Quarantäne befinden. "Viele rufen an und machen klar, dass sie hohe Verdienstausfälle zum Beispiel wegen abgesagter Messen hätten", so ein Sprecher der Behörde. Er stellte klar, dass nur Menschen eine Entschädigung beantragen könnten, die behördlich angeordnet in Quarantäne müssen. "Wer aus dem Urlaub aus einem Risikogebiet zurück kommt und ohne Anordnung des Gesundheitsamtes zu Hause bleibt, hat keinen Anspruch auf die Art der Entschädigung", so der Sprecher der Landesdirektion. Auch Arbeitnehmer, deren Unternehmen weiterhin die Lohnfortzahlung übernehmen, seien von dieser Regelung des Infektionsschutzgesetzes ausgenommen. Sachsen-Anhalt und Thüringen berufen sich in den Hinweisen zur Quarantäne und möglichen Entschädigungen ebenso auf das Infektionsschutzgesetz.

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