Ein Teenager trinkt ein Glas Sekt.
Bildrechte: picture alliance/dpa | Annette Riedl

MDRfragt Ein Drittel für Alkoholkonsum ab 14 - wenn die Eltern dabei sind

26. Juli 2024, 03:00 Uhr

Bisher können 14- und 15-Jährige in Anwesenheit ihrer Eltern legal Bier, Wein und Sekt trinken. Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) will dieses "begleitete Trinken" nun jedoch verbieten – aus Sicht von einem Drittel der Befragten wäre das ein Fehler. Beim Thema Lachgas zeigt sich hingegen ein völlig anderes Meinungsbild.

MDR-Redakteurin Anna Siebenhaar
MDR-Redakteurin Anna Siebenhaar Bildrechte: MDR / David Sievers

Kein Alkohol mehr für Jugendliche ab 14, obwohl die Eltern dabei sind? In der MDRfragt-Gemeinschaft stößt ein entsprechendes Vorhaben von Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) durchaus auf Widerspruch, denn das Stimmungsbild beim Meinungsbarometer MDRfragt zeigt: Etwa ein Drittel der rund 20.000 Befragten würde das "begleitete Trinken" beibehalten. Knapp zwei Drittel sprechen sich hingegen für dessen Verbot aus.

Umfrage zu Thema: Verbot für „begleitetes Trinken“
Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Bisher ist es 14- und 15-Jährigen in Deutschland erlaubt, in Begleitung einer erziehungs- oder sorgeberechtigten Person Bier, Wein und Schaumwein zu trinken. Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) möchte dieses "begleitete Trinken ab 14" nun jedoch verbieten.

Auch wenn der Zuspruch für ein Verbot mit dem Alter der Befragten zunimmt, überwiegt dieser in allen Altersgruppen. Darüber hinaus plädieren die weiblichen Befragten etwas häufiger für die Abschaffung des "begleiteten Trinkens" als die männlichen Befragten.

Umfrage zu Thema: Zustimmung Verbot „begleitetes Trinken“ nach Geschlecht
Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Welche Folgen hat ein Verbot?

Ein Blick in die Kommentare der MDRfragt-Teilnehmerinnen und -Teilnehmer verrät, warum sich einige für die Beibehaltung des "begleiteten Trinkens" aussprechen.

So schreibt Sabine (40) aus Saalfeld-Rudolstadt zum Beispiel: "Für das begleitete Trinken spricht die kontrollierte Heranführung an Alkohol durch Sorgeberechtigte. Ein Verbot würde dazu führen, dass Jugendliche kriminalisiert werden, sich nicht mehr mit Erwachsenen auf Augenhöhe austauschen können und in der Folge auf sich allein gestellt sind. Ohne Anleitung wird dann mit unkontrollierten Mengen angefangen."

Wenn ich es verbiete, mache ich mir Sorgen, dass mein Kind heimlich seine ersten Versuche mit Alkohol macht.

Thomas (49) aus dem Landkreis Bautzen

Matthias (45) aus Mittelsachsen sieht das ähnlich. Aus seiner Sicht schafft ein Verbot noch keine Lösung, denn "ein verantwortungsvoller Umgang kann erst in Begleitung erlernt werden".

Analog dazu schreibt Thomas (49) aus dem Landkreis Bautzen: "Wenn ich es verbiete, mache ich mir Sorgen, dass mein Kind heimlich seine ersten Versuche mit Alkohol macht und nicht unter 'Aufsicht'."

Aufklären statt verbieten?

Viele MDRfragt-Mitglieder stellen sich zudem die Frage, ob ein Verbot allein den eigentlichen Zweck überhaupt erfüllt. Stellvertretend dafür kommentiert Lothar (72) aus dem Salzlandkreis: "Verbote bringen wenig, man sollte lieber aufklären und die Gefahren zeigen." Johannes (39) aus Leipzig schließt sich dem an. Seiner Meinung nach bringen Verbote wenig und "sorgen eher dafür, dass jemand diese übertreten will". Auch er fände es besser, "zu appellieren und vor allem über die negativen Wirkungen von Alkohol aufzuklären".

Einige Befragte sind bei diesem Thema auch durchaus zwiegespalten. So kommentiert Josephine (29) aus Dresden zum Beispiel: "Alkohol ist ein Nervengift, das sollten Kinder und Jugendliche eigentlich gar nicht erst zu sich nehmen. Da Alkohol aber gerade in diesem Alter einen extremen Reiz hat, sollten die Jugendlichen ihre ersten Erfahrungen unter Aufsicht der Eltern machen."

Auch Robin (25) aus dem Saalekreis betont, dass Alkohol im Allgemeinen schädlich ist, dennoch ist er der Meinung, dass Jugendliche durch das "begleitete Trinken" besser lernen können, mit Alkohol umzugehen und dies nicht heimlich tun müssen. Sein Argument: Die Eltern können "besser eingreifen und einen Schlussstrich ziehen, damit es nicht zum übermäßigen Konsum kommt".

Alkohol ist sehr schädlich für Heranwachsende, egal ob Mutti dabei zusieht oder nicht.

Benjamin (26) aus Erfurt

Benjamin (26) aus Erfurt entgegnet hier jedoch: "Alkohol ist sehr schädlich für Heranwachsende, egal ob Mutti dabei zusieht oder nicht" und spricht sich daher für ein Verbot des 'begleiteten Trinkens' aus". Dem schließt sich Sven (57) an und schreibt: "Alkohol schadet – mit oder ohne Begleitung."

Christoph (81) aus dem Landkreis Bautzen sieht das ähnlich und kommentiert: "Die Sorgeberechtigten sollen in Begleitung junger Menschen mit gutem Beispiel vorangehen und in dieser Situation ebenfalls auf den Konsum von Alkohol verzichten."

Doreen (49) aus dem Landkreis Wittenberg hat darüber hinaus den Eindruck, dass man es den Kindern "unnötig schmackhaft macht" Alkohol zu trinken, wenn man dies unter Aufsicht erlaubt. MDRfragt-Mitglied David (48) aus dem Landkreis Gotha schließt sich dem an und schreibt: "Die absichtliche Duldung und Zuführung von Drogen bzw. Alkohol ist doch nur der Einstieg in den späteren Konsum."

Zudem hält Andy (31) aus dem Landkreis Bautzen das elterliche Umfeld für "kein sicheres Umfeld, um das erste Mal Alkohol zu trinken".

Doreen (31) aus Erfurt sieht das ähnlich und ergänzt: "Wenn Eltern schon ihr Maß nicht kennen, werden es die Kinder auch nicht kennen und die Eltern werden vermutlich auch nicht darauf achten."

9 von 10 fordern Lachgas-Verbot für Minderjährige

Auch ein Verkaufsverbot von Lachgas an Minderjährige wird derzeit diskutiert. Dieses wird immer häufiger von Jugendlichen als Partydroge aus Sahnekartuschen und Luftballons inhaliert und kann negative Folgen wie Lähmungserscheinungen nach sich ziehen. Auch Langzeitschäden können auftreten.

Anders als beim „begleiteten Trinken“ fällt das Meinungsbild der MDRfragt-Gemeinschaft hierzu sehr eindeutig aus. Demnach sind 90 Prozent der Befragten der Ansicht, dass der Verkauf von Lachgas an Minderjährige verboten werden sollte. Lediglich 7 Prozent sehen das anders.

Umfrage zu Thema: Verbot von Lachgas-Verkauf an Minderjährige
Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Teil-Legalisierung von Cannabis stößt weiterhin auf große Ablehnung

Und wie steht es um das Thema Cannabis? In der MDRfragt-Gemeinschaft stößt die Teil-Legalisierung nach wie vor auf große Ablehnung. Schon im März zeigte sich ein nahezu identisches Meinungsbild.

Umfrage zu Thema: Teil-Legalisierung von Cannabis
Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Demgegenüber unterscheidet sich das Antwortverhalten je nach Alter der Befragten hingegen deutlich. Während eine Mehrheit der Unter-30-Jährigen die Teil-Legalisierung von Cannabis befürwortet, stößt diese in allen anderen Altersgruppen mehrheitlich auf Ablehnung.

Umfrage zu Thema: Zustimmung Teil-Legalisierung von Cannabis nach Altersgruppen
Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Kritik an Cannabis-Regelung im Straßenverkehr

Nach der Teil-Legalisierung von Cannabis gibt es auch neue Grenzwerte im Straßenverkehr. Demnach liegt die Grenze für Autofahrende über 21 Jahren bei 3,5 Nanogramm des Wirkstoffs THC je Milliliter Blutserum. Das entspricht laut ADAC der Rauschwirkung von 0,2 Promille Alkohol im Blut. Vor der Legalisierung galt der Richtwert von einem Nanogramm je Milliliter Blutserum. Wer Cannabis konsumiert hat, darf jedoch nicht zusätzlich Alkohol im Blut haben. Wer Alkohol getrunken hat, darf mit bis zu 0,5 Promille noch Autofahren.

Mehr als zwei Drittel der Befragten halten diese neue Regel für Cannabiskonsum beim Autofahren für zu locker. Mehr als ein Fünftel findet diese hingegen in Ordnung und lediglich drei Prozent halten sie für zu streng.

Umfrage zu Thema: Regelung für Cannabiskonsum im Straßenverkehr
Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Liest man die Kommentare der MDRfragt-Teilnehmerinnen und -Teilnehmer fällt auf, dass Viele nicht allein die Regelung für den Cannabiskonsum im Straßenverkehr kritisieren.

Ich möchte auch nicht von einem schwach Bekifften angefahren werden.

Karin (67) aus dem Landkreis Wittenberg

Beispielsweise schreibt Lars (51) aus dem Landkreis Zwickau: "Wenn bei Alkohol 0,5 Promille gilt, dann sollte das Äquivalent auch bei Cannabis gelten. Aber eigentlich sollte die Grenze bei beiden auf 0,0 Promille gesenkt werden. Wer berauscht ist, sollte niemand anderen mit einem Fahrzeug verletzen können."

Diese Ansicht teilen zahlreiche Befragte. So kommentiert auch Barbara (77) aus dem Unstrut-Hainich-Kreis: "Beim Führen eines Fahrzeuges sollte überhaupt kein Rauschmittel zugelassen sein." Karin (67) aus dem Landkreis Wittenberg ergänzt: "Ich möchte auch nicht von einem schwach Bekifften angefahren werden."

Andere wiederum halten den neuen "Cannabis-Grenzwert" durchaus für angemessen. Stellvertretend für viele Befragte kommentiert Oliver (40) aus dem Landkreis Meißen: "Die neuen Grenzwerte und Regeln finde ich erstmal gut, um zu starten. Gleichzeitig sollten Anpassungen durch Erfahrungswerte nicht gescheut werden."


Über diese Befragung Die Befragung vom 19. bis 22. Juli 2024 stand unter der Überschrift: "Drogenpolitik in Deutschland – der richtige oder falsche Weg?".

Bei MDRfragt können sich alle anmelden und beteiligen, die mindestens 16 Jahre alt sind und in Sachsen, Sachsen-Anhalt oder Thüringen wohnen, denn: Wir wollen die Vielfalt der Argumente kennenlernen und abbilden. Die Kommentare der Befragten erlauben, die Gründe für die jeweiligen Positionen und das Meinungsspektrum sichtbar zu machen.

Da sich jede und jeder beteiligen kann, der möchte, sind die Ergebnisse von MDRfragt nicht repräsentativ. Bei dieser Befragung haben sich 19.902 Menschen aus Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen online mit ihrer Meinung eingebracht.

Die Ergebnisse von MDRfragt werden nach wissenschaftlichen Kriterien anhand verschiedener soziodemografischer Merkmale wie Alter, Geschlecht oder Bildungsgrad gewichtet, um sie an die tatsächliche Verteilung in der mitteldeutschen Bevölkerung anzupassen. Damit wird die Aussagekraft der Ergebnisse erhöht und es ergibt sich ein valides und einordnendes Stimmungsbild aus Mitteldeutschland.

MDRfragt wird zudem wissenschaftlich beraten und begleitet, beispielsweise durch regelmäßige Validitätstests. Mehr zur Methodik von MDRfragt finden Sie am Ende des Artikels.

Mehr zum Thema

Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | MDR Aktuell TV | 26. Juli 2024 | 19:30 Uhr