Braucht der öffentlich-rechtliche Rundfunk noch ein Gremium? Der MDR-Verwaltungsrat
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10. November 2022, 13:02 Uhr
Alle öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten verfügen über zwei wichtige Aufsichtsgremien: den Rundfunkrat und den Verwaltungsrat. Beide unterscheiden sich jedoch in ihren Aufgaben grundlegend von einander.
Während beim Rundfunkrat darauf geachtet wird, dass die Interessen der Allgemeinheit berücksichtigt werden, hat der Verwaltungsrat den jeweiligen Sender im Blick. Bei dem MDR sind zehn Mitglieder dafür verantwortlich, "die Interessen des Senders zu fördern sowie die Geschäftsführung der Intendantin bzw. des Intendanten zu überwachen", heißt es auf der Homepage.
Aufgaben des Verwaltungsrates
Mit inhaltlichen Themen der jeweiligen Rundfunkanstalt beschäftigt sich der Verwaltungsrat nicht, da dies ausschließlich Aufgabe des Rundfunkrates ist. Wofür der Verwaltungsrat zuständig ist, steht im MDR-Staatsvertrag vom 1. Juni 2021 festgeschrieben:
- Vorschlag für die Wahl der Intendantin oder des Intendanten und dessen Abberufung,
- Feststellung des Wirtschaftsplanes und des Jahresabschlusses,
- Feststellung des Entwicklungsplanes,
- Erlass der Finanzordnung,
- Zustimmung zu Rechtsgeschäften und Entscheidungen der Intendantin oder des Intendanten nach §28,
- Vertretung des MDR beim Abschluss von Rechtsgeschäften und anderen Rechtsangelegenheiten gegenüber der Intendantin oder dem Intendanten,
- Auswahl der Abschlussprüferin oder des Abschlussprüfers,
- Entlastung der Intendantin oder des Intendanten,
- Kontrolle der Gehaltsstrukturen der Angestellten, deren Bezüge über der höchsten Tarifgruppe liegen.
Aber was bedeutet das jetzt konkret? "Wir haben sozusagen die Aufsicht über die Geschäftsführung des MDR. Außerdem muss alles, was über zwei Millionen Euro kostet, vom Verwaltungsrat beschlossen werden", sagt die Verwaltungsratsvorsitzende Birgit Diezel im Gespräch mit MDR MEDIEN360G. So hat der Verwaltungsrat unter anderem den ersten großen Grundstein für die neue Plattform ARD Kultur, die federführend vom MDR geleitet wird, gelegt.
"Weiterhin verabschieden wir zum Beispiel Dienstanweisungen und Dienstvereinbarungen und entscheiden über Tarifverträge oder außertarifliche Verträge", erklärt Birgit Diezel. Mindestens 20 Tagesordnungspunkte gebe es in jeder Sitzung.
Und wer sitzt im Verwaltungsrat?
Die Plätze im MDR-Verwaltungsrat sind streng begrenzt. So werden gerade einmal zehn Mitglieder - davon mindestens vier Männer und vier Frauen - für eine Amtszeit von sechs Jahren gewählt. Dabei leben vier Personen in Sachsen und je drei in Sachsen-Anhalt und Thüringen. Die Wahl des oder der Vorsitzenden findet alle zwei Jahre statt. Die Mitglieder des Verwaltungsrates werden "auf Vorschlag mindestens eines Rundfunkratsmitglieds vom Rundfunkrat gewählt", heißt es in der MDR-Satzung.
Das sind die aktuellen Mitglieder des MDR-Verwaltungsrates:
Sachsen
- Gabriele Gromke | Hörgeräteakustikerin
- Andreas Kretschmar | Verwaltungsbetriebswirt und Rechtsökonom, ehem. Oberbürgermeister der Stadt Oschatz
- Barbara Ludwig | SPD-Mitglied, ehem. Oberbürgermeisterin der Stadt Chemnitz
- Prof. Dr. Friedrich Vogelbusch | Diplom-Volkswirt, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater [Korrektur am 16.12.2022: Zur Veröffentlichung des Artikels ruhte das Amt von Prof. Dr. Friedrich Vogelbusch. Dem ist nun nicht mehr so. Wir haben diese Angabe daher korrigiert.]
Sachsen-Anhalt
- Chris Döhring | CDU-Politiker, Dipl. Ing. für Verfahrens-, Energie- und Umwelttechnik
- Hon.-Prof. Dr.-Ing. Mirko Peglow | Technischer Geschäftsführer der IPT-Pergande GmbH
- Daniela Suchantke | Geschäftsführerin des Landesfrauenrats Sachsen Anhalt e.V.
Thüringen
- Birgit Diezel | CDU-Mitglied, ehem. Thüringer Finanzministerin und ehem. stellvertretende Thüringer Ministerpäsidentin, ehem. Landtagspräsidentin
- Prof. Dr. Jutta Emes | Professorin für Marketing und Medien an der Bauhaus-Universität Weimar
- Petra Pollak | Rechtsanwältin
Verwaltungsratsvorsitzende ist momentan die Thüringer CDU-Politikerin Birgit Diezel. Als ehemalige Thüringer Finanzministerin achtet sie besonders darauf, dass der Rundfunkbeitrag beim MDR sinnvoll eingesetzt wird.
"Wir können mit unseren Mitgliedern auf vielfältige Erfahrungsschätze zurückgreifen, die jeder persönlich mitbringt", erklärt Birgit Diezel im Gespräch mit MDR MEDIEN360G. Eine Voraussetzung für die Mitgliedschaft im Verwaltungsrat sei zwingend erforderlich: eine gewisse Erfahrung in Gremien, zum Beispiel im Aufsichtsrat einer Bank, einem Unternehmen oder eines Verbandes. Dadurch kommen im Verwaltungsrat Expertisen aus den verschiedensten Bereichen zusammen.
Es ist wichtig, dass aus dem Leben der Menschen berichtet wird.
"Für manche Beschlüsse ziehen wir auch außenstehende Experten zurate. Bei einem jährlichen Betrag von etwa 700 Millionen Euro, den wir prüfen müssen, ist das auch notwendig", führt Birgit Diezel aus. So gibt es auch regelmäßig Gespräche mit der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, den Rechnungshöfen, der Compliance-Beauftragten des MDR und der Innenrevision. Bei diesen Gesprächen sind Intendanz und Direktorium nicht immer anwesend. "Dass wir bestimmte Gespräche auch ohne die Geschäftsführung führen können, ist für die Unabhängigkeit des Verwaltungsrates essenziell", sagt die Verwaltungsratsvorsitzende. Zur Intendanz und Geschäftsleitung werde deshalb - trotz des engen Austauschs - eine professionelle Distanz gewahrt.
Außerdem wichtig für die Arbeit des Verwaltungsrates: "Wir haben keine Aufgabenteilung. Das heißt, bei uns werden alle Vorlagen von allen Mitgliedern geprüft und alle entscheiden gemeinsam", erklärt Birgit Diezel. Regelverstöße seien durch diese Form der Transparenz deutlich schwieriger.
Warum wird man Mitglied im Verwaltungsrat?
Die Mitgliedschaft im Verwaltungsrat ist ehrenamtlich. Neben einer monatlichen Aufwandsentschädigung können sich die Mitglieder über ein zusätzliches Sitzungsgeld freuen. Es geht einerseits um ehrenamtliches Engagement. "Als Mitglied des Verwaltungsrates ist es aber auch wichtig, dass wir uns mit der Region identifizieren. Der MDR ist nun mal unser Heimatsender. Außerdem achten wir insbesondere darauf, dass das Geld der Beitragszahlenden möglichst sinnvoll eingesetzt wird", sagt Birgit Diezel. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk sei von hoher Relevanz für unsere Gesellschaft.
Der Verwaltungsrat tagt etwa vier bis fünf Mal pro Jahr. Die meisten Sitzungen dauern dann auch den ganzen Tag, meint Birgit Diezel.