Grünes Kleinod Ausflugstipp: So schön ist der botanische Garten in Halle
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03. Juli 2023, 12:28 Uhr
Halles botanischer Garten liegt etwas versteckt hinter der Moritzburg. 2023 feiert er bereits sein 325. Jubiläum und gehört damit zu den ältesten botanischen Gärten in Mitteldeutschland. Wissenschaftliche Forschung und Lehre, Gartenhistorie und Entspannung für Gäste haben dort gleichberechtigt Platz.
Lebendige Gartenhistorie
Wie die meisten botanischen Gärten in Deutschland hat auch der Hallenser Garten seinen Ursprung als Küchengarten sowie als Hortus medicus, also als Lehrgarten für angehende Mediziner der zugehörigen Universität Halle, die 1694 gegründet worden ist. Nur vier Jahre später wurde der botanische Garten angelegt und befindet sich über dreihundert Jahre später noch immer am selben Platz.
Zur Zeit seiner Gründung lag er am Stadtrand, mittlerweile ist Halle aber drumherum gewachsen. Eine Erweiterung des fünf Hektar großen Geländes ist damit ausgeschlossen, aber das sei nicht weiter schlimm, erklärt der langjährige Gartenmitarbeiter Matthias Pabst: "Mehr würden wir personell ohnehin nicht schaffen." Insgesamt zwölf Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kümmern sich um den Garten, früher seien es laut Pabst weit mehr gewesen.
Garten mit System
Das historische Herzstück des Botanischen Gartens Halle, an dem man noch immer seine universitäre Bedeutung als Lehrgarten erkennen kann, ist der sogenannte Systemgarten, der im 19. Jahrhundert angelegt worden ist. Auf kleinen, exakt ausgerichteten, rechteckigen Beeten stehen Blühpflanzen nach Pflanzenfamilien geordnet statt nach ästhetischen Gesichtspunkten.
Bei den Nachtschattengewächsen (Solanaceae) finden sich beispielsweise Stechapfel (Datura stramonium) und der Bauern-Tabak (Nicotiana rustica) auf einem Beet. Diese Beete machen damals wie heute Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Pflanzen deutlich. "Allerdings ist die Systematik mittlerweile veraltet", sagt Matthias Pabst, "wir belassen das im historischen Zustand."
Europaweite Forschung
Im der Öffentlichkeit nichtzugänglichen Teil vermisst Doktorand und technischer Mitarbeiter Tim Meier unter anderem den Abstand zwischen verschiedenen Pflanzen auf einem Versuchsbeet. Die von ihm erhobenen Daten werden einem europaweiten Forschungsprojekt zur Verfügung gestellt. An anderen Stellen sind Gazesäckchen über Blüten gestülpt. In vielen Beeten stehen kleine, an Ständern befestigte, rechteckige Metallplaketten, die Daten erheben. Hinweise auf weitere Forscher, die hier tätig sind.
Sammlung und Arterhaltung
Auch die gezielte Sammlung und Vermehrung von Pflanzen findet im nichtöffentlichen Teil des Gartens statt. "In unseren Sammlungsgewächshäusern wachsen zum Beispiel seltene Bromelien und Orchideen, die in der Natur teilweise schon ausgestorben sind", erläutert Matthias Pabst. Ähnlich wie zoologische Gärten leisten die botanischen Gärten einen Beitrag zur Arterhaltung. Dazu stehen die Gärten weltweit miteinander in Kontakt und tauschen zum Beispiel Saatgut kostenlos aus. Seit 1797 erscheint in Halle jährlich ein Samenkatalog zum Samenaustausch mit anderen Gärten - mittlerweile auch digital statt nur in Papierform.
Eine verträumte Ecke in der Stadt
Von all dem bekommen die Besucherinnen und Besucher auf den ersten Blick nicht viel mit. Für sie bietet der weitläufige botanische Garten in erster Linie eine blühende Oase der Ruhe mitten in der hektischen Stadt. Der große, alte Baumbestand spendet angenehmen Schatten an heißen Sommertagen. Und natürlich erfreut eine große Pflanzenvielfalt das Auge: Seien es nun bekannte Gartenpflanzen, ein üppiges Alpinum (Steingarten mit Hochgebirgspflanzen), eine große Vielfalt an Sukkulenten oder exotische Gewächse wie das gigantische Mammutblatt (Gunnera manicata) aus Brasilien, das an Riesenrhabarber erinnert. Weiterhin gibt es eine üppige Sammlung an Sumpf- und Wasserpflanzen sowie etliche fleischfressende Pflanzen für den Außen- und im Innenbereich.
Höhepunkt Gewächshäuser
Besuchermagnete sind natürlich die Gewächshäuser. Allen voran das Große Tropenhaus aus dem Jahr 1872. Innerhalb eines hohen Glasquaders mit Spitzdach herrscht feucht-warmes Dschungelfeeling mit einer üppig wuchernden Vegetation aus Palmen, Gummibäumen, Bromelien und vielen anderen Gewächsen.
30 Jahre später wurde nebenan das Victoria-Haus errichtet. Der niedrige Rundbau beherbergt die Riesenseerose Victoria amazonica aus Südamerika, deren Blätter so groß sind, dass sie sogar kleine und leichte Menschen tragen können. Außerdem wachsen dort noch andere tropische Wasser- und Sumpfpflanzen. Im Sukkulenten- und Kakteenhaus hingegen lassen sich Pflanzen bewundern, die unter unwirtlichen Bedingungen lange Zeit ganz ohne Wasser auskommen.
Historische Architektur
Architekturbegeisterte sollten sich die klassizistische Sternwarte ansehen, die als Wahrzeichen des Botanischen Gartens Halle gilt. Sie wurde 1788 von Carl Gotthard Langhans (1732 - 1808) errichtet. Das bekannteste Bauwerk dieses Architekten ist das Brandenburger Tor. Seit rund 100 Jahren wird die Sternwarte jedoch schon nicht mehr zur Beobachtung der Himmelskörper genutzt. Auch das Große Tropenhaus ist architektonisch bemerkenswert. Auffällig ist die Verbindung zu einem schmalen Backsteinbau an der Längsseite.
Besuchsinformation
Der Botanische Garten Halle (Am Kirchtor 1-12) ist nur von April bis Oktober geöffnet:
Montag bis Freitag
14 - 18 Uhr
Samstag, Sonntag, Feiertage
10 - 18 Uhr
Im Winter ist der Garten nicht für Publikum geöffnet, da viele Pflanzen in die Gewächshäuser eingelagert werden.
Erwachsene zahlen zwei Euro Eintritt, Kinder ab sechs Jahren und Ermäßigungsberechtigte einen Euro. Die Jahreskarte kostet acht Euro.
Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | MDR Garten | 02. Juli 2023 | 08:30 Uhr