Collage aus drei Porträts, in der Mitte eine junge Frau, neben ihr jeweils ein junger Mann in Hemd
Jonas Greiner, Annemarie Schmidt und Bernard Liebermann (v.l.n.r.) sind junge Kabarettisten aus Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen. Bildrechte: Annemarie Schmidt, Antje Kröger, Lucas Seel

Porträts Junges Kabarett von Leipzig bis Weimar: Fünf erstaunliche Talente

11. Februar 2025, 18:14 Uhr

Auf den Kabarett-Bühnen in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen haben diese erstaunlichen Talente bereits von sich Reden gemacht. Ob der jüngste Kabarettist Deutschlands mit eigener Spielstätte in Weimar, der wortwörtlich größte Comedian des Landes, den schon Olaf Schubert in seinen Klub eingeladen hat, oder der Jungstar der Leipziger Academixer – diese jungen Kabarettistinnen und Kabarettisten begeistern ihr Publikum. Wir stellen fünf Newcomer vor, die Sie sich merken sollten.

Bernard Liebermann: Jüngster Kabarettist des Landes und Kabarett-Gründer in Weimar

Bernard Liebermann ist eine Ausnahme. Er ist nicht "Standupper" oder "Slammer" – oder was andere mit 24 eben so machen – sondern er ist der wahrscheinlich jüngste Kabarettist Deutschlands. Und dazu noch der jüngste Impresario einer entsprechenden Spielstätte, denn das Weimarer Kabarett gab es so vorher nicht und wurde von dem gebürtigen Bonner und seinen mit Mitstreitern erst vor anderthalb Jahren aus der Taufe gehoben.

 Kabarettist Bernard Liebermann, ein junger Mann in gestreiftem Hemnd mit Schiefermütze, er blickt schräg nach oben
Bernard Liebermann gründete das "Weimarer Kabarett" und ist mit seinem Programm deutschlandweit auf Tournee. Bildrechte: Antje Kroeger

Seitdem ist Liebermann, der sich seine Meriten sechs Jahre lang bei der Leipziger Pfeffermühle verdient hat, alles in Personalunion: Kabarettist, Autor, Schauspieler, Regisseur und "Mutter der Compagnie". Bereits mit 15 Jahren hat er angefangen, eigene Texte für Schulaufführungen zu schreiben – das erste Programm hieß "Der Tag des jüngsten Gesichts" und kam so gut an, dass ein veritabler Berufswunsch aus der Kabarettleidenschaft wurde.

Der Leipziger Kabarettist Meigl Hoffmann wurde dann sowas wie ein "Ziehvater" für Liebermann, der unter der Ägide des Lokalmatadors seine kabarettistische "Ausbildung" an der Pfeffermühle durchlaufen hat, aber im Herbst 2023 der Pleißestadt den Rücken zukehrte, um in Weimar ein neues Kapitel aufzuschlagen.

Die Spielstätte des neuen Kleinkunsttempels findet sich im historischen Speicher des Kirms-Krackow-Hauses, hier gibt's regelmäßig verschiedene Programme, wobei viele von denen eine Bindung an den Ort haben und etwa: "Goethe Zeiten, schlechte Zeiten" oder "Bauhaus sucht Frau" heißen. Dieses Angebot schätzen Einheimische und Touristen – wahrscheinlich eine kluge Entscheidung von Bernard Liebermann, die Spezifika des Ortes im Kabarett widerzuspiegeln.

Und damit ist eben auch nicht eingetroffen, was ihm von vielen Kollegen vorhergesagt wurde, nämlich dass die Idee, in Weimar ein eigenes Kabaretthaus zu gründen, auf ganzer Linie scheitern würde. Aus der Idee ist nämlich längst Realität geworden.

Hannah Blank: Jungstar der Academixer in Leipzig

Sie ist der Jungstar der "Academixer": Die Wandlungsfähigkeit und Spielfreude von Hannah Blank, geboren 1996 in Stendal, ist ein Riesenpfund für das Ensemble von Leipzigs Traditionskabarett. Seit drei Jahren ist sie erst "Academixerin", denn studiert hat Hannah Blank eigentlich Schauspiel. Doch das Kabarett ist eine Facette, in der sie sich momentan sehr wohl fühlt, sagt sie. Und viele Gedanken über den Genrewechsel konnte sie sich ohnehin nicht machen, als sie 2022 in das Haus in der Leipziger Kupfergasse kam, denn nach dem erfolgreichen Casting ging es sofort ans Proben.

Am Kabarett schätzt sie besonders den Kontakt zum Publikum, das Durchbrechen der sogenannten "Vierten Wand" und das, was ihr erst etwas schwerfiel, genießt sie mittlerweile sehr, weil sie weiß, dass das Publikum genau die Momente besonders mag, wo die auf der Bühne "aus der Rolle fallen" und beginnen, zu improvisieren.

Die Schauspielerin und Kabarettistin Hannah Blank.
Die 1996 in Stendal geborene Hannah Blank ist Schauspielerin und Kabarettistin. Bildrechte: Mandy Straub

Bei den Academixern wird das politische Kabarett gepflegt – Hannah Blank sagt, die Dringlichkeit, als Bühnenkünstler hinter seinen Ansichten zu stehen, sei aktuell gewachsen und der Diskurs mit dem Publikum enorm wichtig. Texte mit Zwischentönen sind ihr dabei lieber als solche, die mit dem Schlaghammer aufs Ziel losgehen.

Und sie kann sich durchaus vorstellen, in Zukunft auch mal selbst als Autorin tätig zu werden. Tatsächlich tut sie es schon, hat aber noch nicht das Selbstbewusstsein gefunden, damit an die Öffentlichkeit zu gehen und beschränkt sich derzeit noch darauf, auf der Bühne Momente entstehen zu lassen, in denen man in der Gestaltung Einfluss auf den Text nimmt.

Beleuchteter Eingangsbereich des Kabaretts Academixer bei Nacht.
Beim Kabarett Academixer ist Hannah Blank der "Jungstar". Bildrechte: picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild | Waltraud Grubitzsch

Das aktuelle Lieblingsstück von Hannah Blank ist übrigens das aus der Feder von Anke Geißler stammende "Tatort 110", ein Academixer-Kassenschlager, in dem die junge Kabarettistin dem Affen so richtig Zucker geben kann – mit einem Song-Solo und einem Rollenswitch, den sie bravourös meistert. Und weil sie  – nach eigener Aussage – gerade bei Solo-Einlagen so richtig zur Rampensau wird, würde sich, so kann man vermuten, das Publikum über kurz oder lang bestimmt auch über ein Solo-Stück von Hannah Blank freuen. Und für das schreibt sie dann ja vielleicht irgendwann selbst Texte und ist dann auch nicht mehr nur der "Jungstar" des Academixer-Ensembles.

André Bautzmann: Viel Bühnencharme aus Leipzig und eigenes Ensemble FKK

Der Leipziger André Bautzmann hatte vielleicht gar keine andere Wahl, als zu tun, was er tut: nämlich Komödiant zu werden. Als Junge sang er im Kinderchor der Oper Leipzig und wurde später Mitglied im Jugendkabarett der Leipziger Pfeffermühle – und weil das nicht reichte, führte er auch noch in seiner eigenen Kabarettschülergruppe Regie.

Bautzmann war mit 18 Jahren Deutschlands jüngster Solo-Kabarettist. Seit 2009 ist er freischaffend unterwegs und spielt im Ensemble des Leipziger Central Kabaretts. Mit einem – durchaus auch sächsischen – Mutterwitz und einem großen Bühnencharme entwickelt er dabei Figuren, die sich einprägen und die auch irgendwie archetypisch sind.

Porträt von André Bautzmann,  Kabarettist, Schauspieler, Sänger & Kabarettautor
Der Kabarettist und Sänger André Bautzmann wurde 1990 in Leipzig geboren. Bildrechte: Central Kabarett Leipzig

Dass man ihn gern mit dem großen Eberhard Cohrs vergleicht, das mag er nicht so sehr, wenn man seine Stimme aber mit der von Jack Black ins Verhältnis setzt, dann freut ihn das. André Bautzmann gelingt, was man nicht bei allen Kabarettisten findet: einen völlig eigenen Charakter, eine eigene Komik auszuprägen, die das Zeug hat für "Volksfiguren".

Für sein Ensemble FKK – Freie Kabarettkultur – schreibt er zusammen mit seinem Kollegen Robert Günschmann sich und dem Ensemble Szenen, die es in sich haben und die das verhandeln, was die Gesellschaft gerade umtreibt. Und gleich, ob Umwelt oder gesellschaftliche Spaltung – wichtig ist dem Kabarettisten, diese Auseinandersetzung immer mit einem Unterhaltungsgedanken zu verbinden, weil, so Bautzmann: "Was Menschen zusammenführt ist, wenn sie gemeinsam lachen können."

Die Musik ist dabei ein wichtiger Teil des Bühnengeschehens – deswegen gibt's mittlerweile schon so etwas wie eine Bühnenband, und die schätzt der Mittdreißiger genauso wie das Spiel in der Gruppe, denn er ist eher ein Teamplayer als ein Solist – die schönsten Momente, sagt André Bautzmann, entstehen miteinander. Davon kann man sich dann im Sommer zum Beispiel wieder im Leipziger Zoo überzeugen, wenn das FKK rauszieht zum Sommerkabarett in den Dschungel oder im Herbst, wenn das neue FKK-Programm Premiere hat.

Annemarie Schmidt: Tausendsassa aus Wurzen mit Vorliebe für schräge Figuren

Annemarie Schmidt wurde geboren im Sternzeichen Tischler in einem Land, das es Monate später nicht mehr gab. So steht’s jedenfalls in der Biografie der Kabarettistin aus Wurzen. Auch sie begann, wie manche Kollegen ihrer Generation, sich beim Jugendkabarett der Leipziger Pfeffermühle auf der Bühne auszuprobieren, woraus später eine veritable Künstlerkarriere wurde.

Kabarettistin Annemarie Schmidt, eine Frau steht in einem gestreiften T-Shirt vor einer Backsteinmauer und hält eine Hand über ihre Stirn
Die Kabarettistin Annemarie Schmidt wurde 1988 im sächsischen Wurzen geboren. Bildrechte: Markus Hohnstein

Über die Stationen beim Kabarett Sanftwut und beim Leipziger Central Kabarett landete sie später bei der Pfeffermühle, bei den Thüringer Nörgelsäcken und beim Kabarett Arche Erfurt. Daneben ist sie Moderatorin und Comedy-zuständige bei einem Netzradio, und natürlich kann man Videos ihrer Programme bei YouTube unter dem Profil "Schmidtgemacht" aufrufen.

Annemarie Schmidts Spezialität sind schräge Figuren und Charaktere – und sie kann bestens changieren zwischen der Seniorin mit Handtasche und klappernden "Dritten" und dem überdrehten It-Girl. Dass sie dabei einen Heidenspaß hat, merkt man ihr auf der Bühne unbedingt an. Dabei gelingt ihr das Kunststück aller wirklich guten Komödianten, selbst ohne Kostüm oder große Maske eine Rolle wirklich überzeugend ins Leben zu rufen – vielleicht ist deswegen ihr Charakter "Frau Oma" auch so beliebt beim Publikum.

Zwei Frauen, eine in einem schwarzen, eine in einem roten Kostüm, sitzen auf einem geblümten Sofa
Annemarie Schmidt begeistert ihr Publikum mit ihrer Rolle der "Frau Oma". Bildrechte: Markus Hohnstein

Die quirlige Künstlerin, die in ihrer Freizeit gern auf dem Skateboard steht, und sowas als gelernte Tischlerin auch in Eigenregie bauen kann, schreibt selber Texte und führt diese beispielsweise in ihren gemeinsamen Duo-Programmen mit Roman Raschke auf.

Prämiert ist sie auch und wurde 2023 mit dem 2. Platz beim renommierten Kupferpfennig-Wettbwerb der Leipziger Lachmesse ausgezeichnet. Und wenn sie richtig viel Zeit übrig hat – was eher selten der Fall ist – dann baut Annemarie Schmidt auch gleich ein ganzes Bühnenbild für veritable Theaterproduktionen – denn das kann der Tausendsassa auch.

Jonas Greiner: "Größter" Comedian Deutschlands aus dem Thüringer Wald

Jonas Greiner ist, das kann man ohne zu übertreiben sagen, der größte Kabarettist Deutschlands. 2,07 Meter Körpergröße müssten geschlagen werden, doch sind es nicht die Zentimeter, die dem Endzwanziger schon zu einigem Ruhm verholfen haben, sondern schlicht seine spitze, freche und ironische Gesellschaftskritik, für die er Alltagsgeschichten mit satten Pointen garniert.

Der Thüringer Kabarettist Jonas Greiner, ein junger Mann mit kurzen Haaren, er trägt ein blaues Hemnd und steht im Freien
Der Stand-up-Comedian und Kabarettist Jonas Greiner wuchs in Lauscha im Thüringer Wald auf. Bildrechte: Amac Garbe

Jonas Greiner stammt aus Lauscha und dort, im Thüringer Wald, lebt er auch heute. 2016, ein Jahr nach dem Abitur, stand er das erste Mal mit einem eigenen kurzen Auftritt beim Büttenabend des Lauschaer Carneval Vereins auf der Bühne – das hatte einen so durchschlagenden Erfolg, dass er nun nicht nur in Kleinkunsthäusern deutschlandweit spielt, sondern auch regelmässig im TV zu sehen ist, zum Beispiel bei "Olafs Club" im MDR und hören kann man ihn bei Jump im Radio.

Viele Künstler in einem Raum
Auch bei Olaf Schubert war Jonas Greiner schon zu Gast. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Da unterbreitet er in seiner Satireshow schon mal Harry Kane ein Transferangebot zum Thüringer Siebtligisten SG Lauscha/Neuhaus und bekommt dafür überregionale Presse. Jonas Greiner engagiert sich neben seinem Kabarett-Job für seine Thüringer Heimat und ist sogar Mitglied des Kreistages im Landkreis Sonneberg, wo er im Ausschuss für Bildung, Kultur und Sport mitgearbeitet hat. Als Mitglied des Stadtrates in Lauscha ist er auch kommunalpolitisch aktiv und setzte sich beispielsweise für den Erhalt des Krankenhauses Neuhaus am Rennweg ein. Er war Mitglied der Partei Die Linke, aus der er 2021 aber wieder austrat, weil er lieber seiner eigenen Linie folgt, als der Linie einer Partei, sagt der Mann aus Lauscha.

Seit 2023 ist er mit seinem zweiten Soloprogramm "Greiner für Alle!", deutschlandweit auf Tour. Die Presse schreibt über ihn: "Trotz seiner noch jungen Jahre, verbindet Jonas Greiner in seinen Betrachtungen überzeugend eine abgeklärte Reife ausgewogen mit vordergründigem Witz und hintergründigem Humor, wie es vielen seiner Berufskollegen auch nach vielen Bühnenjahren nicht gelingt." Und wenn er nicht schon der größte Kabarettist Deutschlands ist  – einer der besten in Thüringen ist er schon lange.

Redaktionelle Bearbeitung: Lilly Günthner

Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | MDR KULTUR trifft | 01. Februar 2025 | 11:00 Uhr

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