
Lesezeit | 31.03. bis 11.04. 2025 – Kriegsende vor 80 Jahren Jurek Becker: Jakob der Lügner
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28. März 2025, 04:00 Uhr
"Jakob der Lügner" – Vom Überleben im Ghetto
Die Weitergabe einer zufällig erhaltenen Radionachricht über den Vormarsch sowjetischer Truppen bei seinen Leidensgenossen im Ghetto einer polnischen Kleinstadt bringt Jakob Heym in den Ruf, ein Radio zu besitzen. Verzweifelt will er sich der täglich zunehmenden Erwartung neuer Nachrichten entziehen. Aber das erweist sich als unmöglich, angesichts der Hoffnung, der Kraft zum Überleben, die der Freund Kowalsky, das Liebespaar Mischa und Rosa und all die anderen aus Jakobs wohltätigen Lügen schöpfen. Die Tragödie nimmt ihren Lauf.
Der Schriftsteller Jurek Becker und seine Kindheit in Ghetto und KZ
Jurek Becker wurde als Jerzy Bekker 1937 in Lódz, Polen geboren. Sein offizielles Geburtsdatum, der 30. September, ist nicht belegt. Möglicherweise hat ihn sein Vater bewusst älter registrieren lassen, um ihn vor der Deportation zu bewahren. Seine Familie kam 1939 ins Ghetto "Litzmannstadt" (Lódz). 1943 wurde er mit seiner Mutter ins Konzentrationslager Ravensbrück deportiert, später nach Sachsenhausen, wo seine Mutter an Unterernährung starb. Sein Vater, der in Auschwitz überlebte, fand ihn 1945 mit Hilfe einer amerikanischen Suchorganisation wieder und siedelte mit ihm nach Ost-Berlin über. 1957 begann Becker ein Philosophiestudium, das er 1960 wegen Unstimmigkeiten mit der Partei abbrechen musste. Von 1960 bis 1977 lebte er als freier Schriftsteller und DEFA-Drehbuchautor in Ost-Berlin. Zeitweise lebte er mit Manfred Krug in einer Wohngemeinschaft, mit dem ihm eine lebenslange Freundschaft verband.
Internationaler Erfolg und Ausreise aus der DDR
Sein Drehbuch für "Jakob der Lügner" wurde abgelehnt. 1969 erschien das Skript als Buch, Becker hatte es zum Roman umgeschrieben. Mit diesem Roman, in dem er seine Erfahrungen im Ghetto verarbeitete, wurde er international bekannt – und das Buch gehört zu den erfolgreichsten der DDR. Es folgten weitere Romane wie "Irreführung der Behörden" (1973) und "Der Boxer" (1976). Wegen seines Protests gegen den Ausschluss Rainer Kunzes aus dem Schriftstellerverband und gegen die Ausbürgerung Wolf Biermanns, wurde Jurek Becker aus der SED und dem Schriftstellerverband ausgeschlossen. Nachdem sein Roman "Schlaflose Tage" in der DDR nicht erscheinen konnte, verließ Jurek Becker 1977 mit einem Zweijahresvisum die DDR.
"Liebling Kreuzberg" – Zusammenarbeit mit Manfred Krug
In der BRD wurde er vor allem durch seine Drehbücher zur Fernsehserie "Liebling Kreuzberg" mit Manfred Krug bekannt. 1986 veröffentlichte er den vielbeachteten Roman "Bronsteins Kinder", bei Suhrkamp im Westen und Hinstorff im Osten. 1992 erschien "Amanda herzlos", sein letzter Roman. Jurek Becker starb am 14. März 1997 in Sieseby (Schleswig-Holstein). Für seine Romane und Drehbücher erhielt er zahlreiche Preise, u.a. den Heinrich-Mann-Preis der Akademie der Künste der DDR (1970), den Bremer Literaturpreis (1974), den Hans-Fallada-Preis der Stadt Neumünster (1990) und den Bundesfilmpreis (1990).
Der Schauspieler Pinkas Braun
Pinkas Braun wuchs als Kind jüdischer Immigranten in der Schweiz auf und brach mit 16 Jahren eine kaufmännische Lehre ab, um Schauspieler zu werden. Parallel dazu erlernte er das Regiehandwerk als Assistent bei Bertolt Brecht.
Braun war ein gefragter Film- und Fernsehdarsteller und verkörperte meist zwielichtige Charaktere. Dem Kinopublikum wurde er durch seine Rollen in Edgar-Wallace-Filmen bekannt. Außerdem spielte er in dem Perry-Rhodan-Kinofilm "Perry Rhodan – SOS aus dem Weltall" (1966) sowie die Titelrolle in der Fernsehserie "Jörg Preda reist um die Welt". Seine markante Stimme machte ihn auch zu einem gefragten Sprecher für Hörbücher und Hörspiele, zum Beispiel in "Der Name der Rose", "Die drei ???" oder in den Paul-Temple-Hörspielen von Francis Durbridge.
Neben seiner Laufbahn als Schauspieler übersetzte er Theaterstücke ins Deutsche. Er avancierte zum Exklusivübersetzer der Werke von Edward Albee, dem er im deutschsprachigen Raum als Gegenwartsdramatiker damit zum Durchbruch verhalf. Braun starb 2008 und wurde auf dem Friedhof der Liberalen Jüdischen Gemeinde in München beigesetzt.
Angaben zur Sendung
MDR KULTUR Lesezeit
31.03. - 11.04. 2025
Jakob der Lügner
Von Jurek Becker
Es liest: Pinkas Braun
(10 Folgen)
Produktion: SWF 1971
Die Lesung ist bis zum 28. September 2025 verfügbar.
Sendung im Radio: 31.03. - 11.04. 2025 | Montag bis Freitag 9:05 Uhr und in der Wiederholung: Montag bis Freitag 19:05 Uhr
Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | MDR KULTUR Lesezeit | 31. März 2025 | 09:05 Uhr