Historische Schwarzweiß-Fotografie: Ein Platz in einem Dorf oder in einer Kleinstadt.
Daniel merkt, dass die mitteldeutsche Kleinstadt, in die es die Familie aus dem Schlesischen nach dem Krieg verschlagen hat, unendlich langweilig ist. Bildrechte: IMAGO / BildFunkMV

Lesezeit | 02.04. bis 19.04. 2024 Christoph Hein: Von allem Anfang an | Lesung mit Ulrich Mühe

28. März 2024, 04:00 Uhr

"Von allem Anfang an" – eine Jugend in der DDR

1958 will der 15-jährige Daniel heimlich auf einem West-Berliner Gymnasium sein Abitur machen. Daheim, in der DDR, wird ihm das aus politischen Gründen verweigert. In Rückblenden erzählt Christoph Hein eine fiktive Autobiografie von Schulzeit und Jugend in den 50er-Jahren in der DDR. Da ist Daniel ca. 12 Jahre alt und begreift, dass nichts selbstverständlich ist im Leben.

Er merkt, dass die mitteldeutsche Kleinstadt, in die es die Familie aus dem Schlesischen nach dem Krieg verschlagen hat, unendlich langweilig ist. Ihm fällt auf, dass seine Mutter nicht mehr mit dem Vater redet. Er muss erfahren, dass über die russischen Panzer in Budapest in Westberlin ganz anders berichtet wird als in den Zeitungen daheim. Er lernt Wörter wie schwul und lernt, wie man küsst. Daniel ist nicht mehr Kind und lange nicht erwachsen, ein Alter, in dem alles möglich ist: mit Artisten durchzubrennen oder zumindest nach Westberlin zu reisen, Schauspieler zu werden oder plötzlich im Schlamassel zu sitzen, weil man dem Leben ins Gesicht gesehen hat. Das war einer der Ratschläge von Tante Magdalena: "Dem Leben muss man von allem Anfang an ins Gesicht sehen."

Schriftsteller Christoph Hein wird am 8. April 80 Jahre alt

Christoph Hein wurde am 8. April 1944 als Sohn eines Pfarrers in Heinzendorf/Schlesien geboren. Nach Kriegsende zog die Familie nach Bad Düben bei Leipzig. Da Hein als Pfarrerssohn nicht auf die weiterführende Oberschule durfte, besuchte er bis zum Mauerbau 1961 ein evangelisches altsprachliches Gymnasium in West-Berlin. Über berufliche Umwege gelangte er zum Abitur auf der Abendschule und zum Studium an die Universitäten von Leipzig und Ost-Berlin. Danach arbeitete er als Dramaturg und Autor an der Volksbühne.  

Der Durchbruch gelang ihm 1982/83 mit seiner Novelle "Der fremde Freund", die in der BRD unter dem Titel "Drachenblut" erschien. Das Werk wurde in 22 Sprachen übersetzt und avancierte zum "Kultbuch aus der DDR". Es folgten Romane wie "Horns Ende", "Der Tangospieler", "Landnahme", "Frau Paula Trousseau", "Weiskerns Nachlass", "Glückskind mit Vater" und "Trutz". Seit "Von allem Anfang an" (1998) in einer Aufnahme mit Ulrich Mühe hat MDR KULTUR viele seiner Romane als Radio- und Hörbuch-Premieren präsentiert, zuletzt "Glückskind mit Vater" (2016) mit Ulrich Matthes und 2018 "Verwirrnis" mit Sylvester Groth.

Der Schriftsteller Christoph Hein
Am 8. April feiert der Schriftsteller Christoph Hein seinen 80. Geburtstag. Er gilt als Chronist deutscher Verhältnisse. Bildrechte: IMAGO / epd

Der unvergessliche Schauspieler Ulrich Mühe

Ulrich Mühe, 1953 in Grimma geboren, studierte an der Leipziger Theaterhochschule "Hans Otto". Nach erstem Engagement am Städtischen Theater Karl-Marx-Stadt verpflichtete ihn Heiner Müller 1982 an die Ost-Berliner Volksbühne. 1983 wurde er Mitglied des Ensembles am Deutschen Theater. Ab 1990 folgten Theaterengagements u.a. in Hamburg, bei den Salzburger Festspielen oder am Wiener Burgtheater.

Mühe trat als Sprecher in verschiedenen Hörspiel- und Hörbuchproduktionen auf. Er war in zahlreichen Filmen zu sehen, z. B. in Hermann Zschoches Hölderlin-Film "Hälfte des Lebens" oder Bernhard Wickis "Das Spinnennetz". Als Gerichtspathologe Dr. Robert Kolmaar ging er in der preisgekrönten ZDF-Serie "Der letzte Zeuge" (1998-2000; 2002) ungeklärten Todesfällen nach. Mühe erhielt 2006 den Deutschen Filmpreis sowie den Europäischen Filmpreis als bester Darsteller für seinen Stasihauptmann Gerd Wiesler in dem Kinofilm "Das Leben der Anderen", der 2007 den Oscar als bester fremdsprachiger Film erhielt. Am 22. Juli 2007 starb Ulrich Mühe nach schwerer Krankheit in Walbeck/Sachsen-Anhalt.

Schauspieler Ulrich Mühe, 2006
Schauspieler Ulrich Mühe liest "Von allem Anfang an", hier in einer Fotografie von 2006 Bildrechte: imago/suedraumfoto

Angaben zur Sendung

MDR KULTUR Lesezeit
02.04. - 19.04. 2024
Von allem Anfang an
Von Christoph Hein
Gelesen von Ulrich Mühe
(14 Folgen)
Produktion: MDR 1998

Sendung im Radio: 02.04. - 19.04. 2024 | Montag bis Freitag 9:05 Uhr
Wiederholung: 02.04. - 19.04. 2024 | Montag bis Freitag 19:05 Uhr

Die Lesung steht hier bis zum 28. September 2024 online.

Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | MDR KULTUR Lesezeit | 02. April 2024 | 09:05 Uhr

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