Berühmte Magdeburger: Christan Friedel, Brigitte Reimann, Bill Kaulitz, Rolf Herricht
Magdeburg hat viele berühmte Söhne und Töchter, zum Beispiel Schauspieler Christian Friedel, Schriftstellerin Brigitte Reimann, Sänger Bill Kaulitz und Kabarettist Rolf Herricht. Bildrechte: DRA, IMAGO, MDR/ Klaus Winkler

Schon gewusst? Diese berühmten Persönlichkeiten aus Magdeburg sollten Sie kennen

10. Oktober 2024, 04:00 Uhr

Tokio Hotel, Christian Friedel, Annett Gröschner, Georg Philipp Telemann, Domenico Müllensiefen, Rolf Herricht und Reinhard Lakomy haben eine Gemeinsamkeit: Sie alle sind Töchter und Söhne der Stadt Magdeburg. Hier wurden sie geboren, starteten ihre Karrieren, wurden weit über die Stadtgrenzen hinaus bekannt oder machten sogar international Karriere – ob in Kunst, Musik, Architektur, Literatur, Theater, Kabarett oder Film und Fernsehen. Wir stellen Ihnen 20 spannende Persönlichkeiten aus Magdeburg vor.

Film, Fernsehen und YouTube

Christian Friedel

Christian Friedel, geboren 1979 in Magdeburg als Sohn eines Chirurgen, gehört zu den vielseitigsten Künstlern seiner Generation. Als Schauspieler, Regisseur und Musiker hat er sich sowohl auf der Leinwand als auch auf der Theaterbühne einen Namen gemacht. Schon in seiner Jugend wirkte er in den Freien Kammerspielen und beim Theater am Jerichower Platz als Komparse, spielte im Rockmusical "Die Fabrik" und probierte sich vom Schauspiel bis zum Ballett durch.

Seinen Durchbruch feierte er 2009 in Michael Hanekes vielfach ausgezeichnetem Film "Das weiße Band", in dem er als Dorfschullehrer eine komplexe und zentrale Rolle verkörperte. Es folgten weitere bedeutende Filmprojekte, darunter die Rolle des Georg Elser im Drama "Elser – Er hätte die Welt verändert" von 2015, in der er den Hitler-Attentäter Georg Elser verkörperte, die ihm großes Lob seitens der Kritiker einbrachte. Auch im Film "The Zone of Interest" machte Friedel von sich Reden, in der Rolle des Auschwitz-Kommandanten Rudolf Höß. Der Film von Jonathan Glazer wurde im März 2024 mit dem Oscar in den Kategorien bester internationaler Film und bester Ton ausgezeichnet.

Christian Friedel
Christian Friedel wurde für seine Rolle als Rudolf Höß im Drama "The Zone of Interest" für den Europäischen Filmpreis nominiert. Bildrechte: MDR TWEENS

Doch Friedel ist nicht nur im Film zu Hause: Als festes Ensemblemitglied des Staatsschauspiels Dresden brilliert er auf der Bühne und zeigt dort immer wieder seine außergewöhnliche Wandlungsfähigkeit. Neben seiner Schauspielkarriere ist der heute in Dresden lebende Friedel auch als Musiker aktiv. Mit seiner Band Woods of Birnam schlägt er gekonnt die Brücke zwischen Musik und Theater und erschafft dabei einzigartige künstlerische Erlebnisse, die das Publikum nachhaltig berühren.

Frank Giering

Er zählte zu den bekanntesten deutschen Schauspielern, bevor er 2010 mit nur 38 Jahren starb – Frank Giering. Geboren wurde er 1971 in Magdeburg. Seinen Durchbruch feierte er mit dem Jugendfilm "Absolute Giganten". Darin spielte er Floyd, der mit seinen beiden besten Freunden eine letzte erlebnisreiche Nacht in Hamburg verbringt, bevor er am nächsten Morgen auf einem Containerschiff in die Welt hinausfährt. In dieser Rolle wurde er dem deutschen Kinopublikum bekannt.

Szene aus dem Film "Absolute Giganten": drei junge Männer lehnen locker an einem Auto
Szene aus dem Film "Absolute Giganten": Florian Lukas (Ricco), Frank Giering (Floyd) und Antoine Monot Jr. (Walter) Bildrechte: IMAGO / United Archives

Aufgewachsen ist Frank Giering in einer für die ehemalige DDR typischen Neubausiedlung im Neustädter Feld im Norden von Magdeburg. Seine ersten Statistenrollen hatte er am Maxim Gorki Theater in seiner Heimatstadt. Nach einigen Jahren an verschiedensten Theatern und einem abgebrochenen Schauspielstudium häuften sich die Angebote für Film- und Fernsehrollen. Der Magdeburger spielte unter anderem den RAF-Terroristen Andreas Baader in Christopher Roths gleichnamigem Film von 2002. In der ZDF-Krimi-Serie "Der Kriminalist" spielte Giering außerdem vier Jahre an der Seite von Christian Berkel. Lange blieb der Schauspieler Magdeburg treu, bevor er nach Berlin zog.

Sven Martinek

Ob Actionheld oder Oberarzt: Der gebürtige Magdeburger Sven Martinek, der am 18. Februar 1964 in der Stadt an der Elbe geboren wurde, ist bekannt für seine Vielseitigkeit. Bereits vor seinem Studium an der Berliner Hochschule für Schauspielkunst Ernst Busch in den 80er-Jahren spielte Martinek die Hauptrolle im Fernsehfilm "Das Mädchen und der Junge" über die erste Liebe zweier Berliner Teenager.

Schauspieler Sven Martinek blickt in die Kamera und trägt einen schwarzen Pullover
Sven Martinek ist eine feste Größe im deutschen Fernsehen und wurde 1964 in Magdeburg geboren. Bildrechte: Family Style Management

Bekanntheit erlangte er durch seine Rolle in der erfolgreichen Krimiserie "Der Clown", in der er ab 1998 die Hauptrolle des Actionhelden Max Zander verkörperte. Danach folgten zahlreiche Auftritte in Fernsehfilmen und Serien. Auch durch seine Rollen in "SOKO Wismar", "Tatort" oder "In aller Freundschaft" gilt er als fester Bestandteil des deutschen Fernsehens.

Friedrich Meinecke

Abenteurer, YouTuber und Outdoor-Experte Friedrich "Fritz" Meinecke ist gebürtiger Magdeburger und lebt und arbeitet nach einigen Zwischenstationen auch wieder dort. Nach Ausbildungen zum Bankkaufmann und Digital Artist und 15 Monaten als Feldjäger bei der Bundeswehr widmete sich Meinecke ab 2014 dem Aufbau seines YouTube-Kanals.

Ein Mann schaut in die Kamera und hält einen Fisch an einer Angelschnur hoch.
Ob in der Wildnis Schwedens oder Kanadas: Fritz Meineckes Projekt "7 vs. Wild" hat viele Fans. Bildrechte: MDR/Fritz Meinecke

Seine wachsende Fangemeinde begeistert er mit seinen Abenteuern in der Natur. Seine Videos drehen sich um Survival-Techniken, Bushcraft und Reisen in entlegene Gebiete. Besonders populär wurde seine YouTube-Serie "7 vs. Wild", in der mehrere Kanditaten in der Wildnis unter extremen Bedingungen überleben müssen. Mit einem Mix aus Spannung, Humor und Wissen zieht Fritz Meinecke Outdoor-Fans und Abenteurer gleichermaßen in seinen Bann.

Literatur

Brigitte Reimann

Brigitte Reimann gilt als eine der wichtigsten literarischen Stimmen der DDR. Die Schriftstellerin wurde nur 39 Jahre alt, doch das Interesse an ihrem Leben und Werk ist bis heute ungebrochen. Zu ihren bekanntesten Werken zählt "Franziska Linderhand" über eine junge Architektin aus bürgerlichem Milieu, die ihren Platz in einer sozialistischen Umwelt sucht. In ihrem unvollendeten Roman, der posthum erschien, verarbeitete Reimann ihre Eindrücke von der Arbeit im Braunkohle-Kombinat und dem Alltag in Hoyerswerda, wo sie von 1960 bis 1968 lebte. Das Buch war auch in Westdeutschland ein Erfolg.

Die DDR-Schriftstellerin Brigitte Reimann auf einer Schwarz-weiß-Aufnahme.
Brigitte Reimann wurde am 21. Juli 1933 in Burg bei Magdeburg geboren. Bildrechte: picture alliance / Zentralbild/dpa-Zentralbild/dpa | Zentralbild

Geboren wurde Reimann 1933 in Burg bei Magdeburg, wo sie auch begraben liegt. Sie machte dort ihr Abitur und arbeitete in ihrer Geburtsstadt im Anschluss zunächst als Grundschullehrerin und schließlich als freie Autorin. Einem größeren Publikum wurde sie erstmals 1956 mit ihrer Erzählung "Die Frau am Pranger" bekannt. Zu Lebzeiten war sie außerdem mit der Erzählung "Die Geschwister" erfolgreich, in der sie sich mit dem Thema der Flucht in den Westen beschäftigte.

Ronald M. Schernikau

Der Schriftsteller und Dramaturg Ronald M. Schernikau wurde 1960 in Magdeburg geboren. Nachdem seine Mutter mit ihm aus der DDR geflüchtet war, wuchs er in Lehrte bei Hannover auf. 1980 erschien sein erfolgreiches Debüt "Die Kleinstadtnovelle" über ein schwules Coming-Out in einer Kleinstadt. Schernikau lebte seine Homosexualität offen aus und war bekennender Kommunist. Er trat bereits mit 16 Jahren der DKP bei, später wurde er Mitglied der SED und Staatsbürger der DDR.

Ende der 80er-Jahre studierte Schernikau am Institut für Literatur "Johannes R. Becher" in Leipzig. Seine essayistische Abschlussarbeit wurde 1989 in Westdeutschland unter dem Titel "Die Tage in L." veröffentlicht. Der Schriftsteller pflegte lange Zeit Korrespondenzen mit literarischen Größen wie Elfride Jelinek und Peter Hacks. Bis zu seinem Tode 1991 lebte Schernikau in Berlin-Hellersdorf. Sein Opus Magnum, das Buch "Legende", erschien posthum 1999.

Annett Gröschner

Die Schriftstellerin, Journalistin und Wissenschaftlerin Annett Gröschner wurde 1964 in Magdeburg geboren und wuchs in dem auf einer Elbinsel gelegenen Stadtteil Werder auf. Nach dem Abitur lebte sie in Schönebeck (Elbe) und arbeitete als Ankleiderin am Theater Magdeburg. Im Sommer 1983 zog sie schließlich für das Studium nach Ost-Berlin. Während ihr erster Roman "Moskauer Eis" noch in Magdeburg spielt und Episoden der eigenen Familiengeschichte behandelt, befasst sich Gröschner in ihren späteren Büchern und Essays vor allem mit der Geschichte und den Veränderungen der Großstadt Berlin, wo sie bis heute lebt.

Schriftstellerin Annett Gröschner trägt schwarze Kleidung und lächelt in die Kamera
Annett Gröschner wurde 2021 mit dem Klopstock-Preis für neue Literatur ausgezeichnet. Bildrechte: Susanne Schleyer

2021 wurde Gröschner mit dem Großen Kunstpreis Berlin durch die Akademie der Künste ausgezeichnet. Im selben Jahr erhielt sie den Klopstock-Preis für neue Literatur, den wichtigsten Literaturpreis in Sachsen-Anhalt. Zuletzt erschien ihr Sachbuch "Drei ostdeutsche Frauen betrinken sich und gründen den idealen Staat", das sie gemeinsam mit Peggy Mädler und Wenke Seemann schrieb.

Domenico Müllensiefen

Der Schriftsteller Domenico Müllensiefen wurde 1987 in Magdeburg geboren und wuchs auf einem Bauernhof in Beetzendorf in der Altmark auf. Sein 2022 erschienenes Debüt "Aus unseren Feuern" machte ihn schlagartig bekannt. Für seinen Arbeiter- und Nachwenderoman über drei Jugendfreunde wurde er mit gleich zwei Literaturpreisen ausgezeichnet. 2024 erschien Müllensiefens zweites Buch "Schnall dich an, es geht los", das vom Leben in der ostdeutschen Provinz nach 1989 handelt.

Der Schriftsteller Domenico Müllensiefen mit seinem Debüt-Roman "Aus unseren Feuern"
Schriftsteller Domenico Müllensiefen wurde 2023 mit dem Klopstock-Förderpreis ausgezeichnet. Bildrechte: Franziska Hentsch / MDR

Seit seinem Studium am Deutschen Literaturinstitut Leipzig lebt Müllensiefen in der sächsischen Metropole. Den Osten zu verlassen, kam für den Autor eigener Aussage nach "nie in Frage". Vor seiner Tätigkeit als freiberuflicher Schriftsteller arbeitete er viele Jahre als Bauleiter sowie Bestatter. Heute lehrt er selbst Kreatives Schreiben, unter anderem bereits als Gast-Dozent an einer Universität in den USA. 

Bühne

Walter Oehmichen

Der Vater der Augsburger Puppenkiste Walter Oehmichen wurde 1901 als Sohn eines Buchhalters in Magdeburg geboren. Nach der Lehre zum Fotografen, studierte er in Düsseldorf Schauspiel und wurde 1931 Oberspielleiter im Augsburger Stadttheater.

Während des Zweiten Weltkriegs war Oehmichen im französischen Calais stationiert. In einer Unterkunft fand er ein Puppentheater und spielte fortan für seine Kameraden. Die Freude am Puppenspiel ließ ihn auch nach dem Krieg nicht mehr los und führte dazu, dass er 1948 die Augsburger Puppenkiste gründete, die schnell nationale Bekanntheit erlangte. Die Bühne wurde vor allem durch ihre Marionettenfiguren und TV-Sendungen wie "Jim Knopf", "Urmel aus dem Eis" und "Der Löwe ist los" berühmt.

Jim Knopf auf der Lokomotive Emma und Lukas der Lokomotivführer
Noch immer beliebt: Jim Knopf (auf der Lokomotive Emma) und Lukas der Lokomotivführer. Bildrechte: IMAGO / epd

Oehmichen schuf eine einzigartige Verbindung zwischen traditionellem Puppenspiel und modernen Inszenierungen. Nach seinem Tod 1977 führte seine Tochter sein Lebenswerk weiter. Bis heute ist die Augsburger Puppenkiste ein Symbol für kreatives, zeitloses Kindertheater.

Bert Neumann

Bühnenbildner und Theaterkünstler Bert Neumann, der vor allem für seine Arbeiten am Berliner Ensemble und der Volksbühne Berlin bekannt war, wurde 1960 als Sohn eines Architektenpaares in Magdeburg geboren. Bis 1985 studierte er an der Kunsthochschule Berlin-Weißensee Bühnen- und Kostümbild und arbeitete anschließend als freier Künstler. Als langjähriger Wegbegleiter von Regisseur Frank Castorf prägte er das Erscheinungsbild der Volksbühne entscheidend.

Porträt eines Mannes mittleren Alters mit blondem Haar, Deitagebart in einem beige-braunem Anzug in Fischgrätmuster und Halstuch.
Der Magdeburger Bert Neumann war neben Frank Castorf Co-Leiter der Berliner Volksbühne. Bildrechte: IMAGO / DRAMA-Berlin.de

Neumann war bekannt für seine unkonventionellen und minimalistischen Bühnenbilder, die oft einfache Materialien wie Sperrholz, Baugerüste oder alltägliche Gegenstände einsetzten. Diese reduzierte Ästhetik schuf Räume, die mehr atmosphärische Stimmungen als realistische Nachbildungen darstellten. Der Humor und die Ironie, die seine Entwürfe durchzogen, öffneten neue Perspektiven auf gesellschaftliche und politische Zusammenhänge. Bert Neumanns plötzlicher Tod 2015 hinterließ eine Lücke, doch sein Erbe wirkt bis heute nach und prägt das Verständnis von Bühne und Raum auf unverwechselbare Weise.

Andreas Kriegenburg

Der Theater- und Opernregisseur Andreas Kriegenburg ist ein international renommierter Theatermacher. Geboren wurde er 1963 in Magdeburg, wo auch seine Theaterlaufbahn begann. Nach dem Abitur absolvierte er zunächst eine Ausbildung zum Modelltischler und arbeitete in der Werkstatt des Theaters Magdeburg. Eine erste Regieassistenz führte ihn ans Gerhart-Hauptmann-Theater in Zittau, später wurde er Hausregisseur an der Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz in Berlin. Nach Engagements in Hannover, Wien, Hamburg und Berlin ist er seit 2016 als freischaffender Regisseur tätig. Für viele Inszenierungen entwirft er auch das Bühnenbild.

Regisseur Andreas Kriegenburg, ein Mann mit grauen Haaren in einem hellbrauen Sakko, er lächelt
Der in Magdeburg geborene Regisseur Andreas Kriegenburg ist ein international gefeierter Theatermacher. Bildrechte: IMAGO / Ernst Wukits

Andreas Kriegenburg inszeniert regelmäßig an großen Bühnen, etwa in Basel, München, Berlin, Rotterdam, Tokio oder Barcelona und war mehrfach als Regisseur bei den Salzburger Festspielen tätig. Seine Arbeiten wurden vielfach ausgezeichnet.

Musik

Georg Philipp Telemann

Er gilt als einer der berühmtesten deutschen Komponisten des Barock: Georg Philipp Telemann, geboren 1681 in Magdeburg. Weil seine Familie sein musikalisches Talent nicht förderte, erlernte er mehrere Instrumente autodidaktisch und begann schon früh, eigene Stücke zu komponieren. In Magdeburg besuchte er das Gymnasium der Altstadt und die Schule am Magdeburger Dom. Telemann begann 1701 ein Jurastudium in Leipzig, widmete sich aber immer mehr seiner eigentlichen Leidenschaft, der Musik. Er freundete sich mit Georg Friedrich Händel an und schrieb Kantaten für die Thomaskirche. Außerdem gründete er in Leipzig sein eigenes Ensemble und wurde Musikdirektor der Universitätskirche.

Zeichnung von Georg Philipp Telemann, ein Mann mit Perücke in barocker Kleidung, er sitzt an einem Tisch
Ein Musikstar der Barockzeit: Georg Philipp Telemann, geboren 1681 in Magdeburg. Bildrechte: imago/Leemage

Nach Stationen als Organist in Leipzig, Sorau und Eisenach wurde Telemann 1712 städtischer Musikdirektor in Frankfurt am Main. Schließlich zog es ihn nach Hamburg, wo er bis zu seinem Tod 1767 das Musikleben maßgeblich prägte und viele Konzerte veranstaltete. Obwohl Telemann zu Lebzeiten berühmt war und mit mehreren Tausend Kompositionen als einer der produktivsten Komponisten der Musikgeschichte gilt, geriet er nach seinem Tod in Vergessenheit. Erst in den 50er-Jahren wurde sein Werk wiederentdeckt und systematisch aufgearbeitet.

Menahem Pressler

Der am 16. Dezember 1923 in Magdeburg geborene Pianist Menahem Pressler war Gründer und jahrzehntelanges Mitglied des legendären Beaux Arts Trio. Im hohen Alter startete er eine Solo-Karriere und galt bis zu seinem Tode 2023 mit 99 Jahren als ältester aktiver Konzertpianist der Welt. Pressler unterrichtete zeitlebens Meisterkuse und prägte so Generationen von Pianistinnen und Pianisten.

Pianist Menahem Pressler: ein alter Mann mit schwarzem Anzug und Hemd
Pianist Menahem Pressler war das Herz des Beaux Arts Trio und wurde 1923 in Magdeburg geboren. Bildrechte: mdr/rbb/Marco Borgreve, honorarfrei

Der Kammermusiker war Ehrenbürger Magdeburgs und erhielt in seiner Geburtsstadt 2021 die deutsche Staatsbürgerschaft, die ihm 1935 per Nazigesetz aberkannt worden war. Seine Eltern waren Juden polnischer Herkunft und führten in Magdeburg ein Geschäft, das in der Pogromnacht 1938 verwüstet wurde. Pressler floh kurz vor Ausbruch des Zweiten Weltkriegs mit seiner Familie nach Palästina. Ab den 50er-Jahren lebte er in den USA, seine letzten Lebensjahre verbrachte er in London.

Reinhard Lakomy

Reinhard Lakomy war einer der bekanntesten Musiker der DDR und Ostdeutschlands. Als Komponist von Kinderliedern erlangte er große Popularität. Mit seinem "Traumzauberbaum" sind Generationen von Kindern in der DDR aufgewachsen. Lakomy wurde 1946 in Magdeburg geboren. Er startete seine Musikkarriere im Jazz und war Mitglied der Klaus-Lenz-Band, eine der bedeutendsten Gruppen der DDR-Jazzszene, und im Günther-Fischer-Quartett. Anfang der 70er-Jahre wendete er sich dem Schlager zu. Mit seiner Gesangspartnerin Angelika Mann feiert er große Erfolge: das Duett "Mir doch egal" gehörte zu den populärsten Liedern der DDR. Er gründete das Lakomy-Ensemble und komponierte auch Filmmusik, unter anderem für den "Polizeiruf".

Musiker Reinhard Lakomy, ein Mann mit langen weißen Haaren, Schnauzer und gelbem Hemd
Reinhard Lakomy war einer der bekanntesten Musiker der DDR. Bildrechte: MDR/Heinrich

Nach vier LPs zog sich Lakomy zunächst aus dem aktiven Musikgeschäft zurück. Mit seiner Frau, der Schriftstellerin Monika Erhardt, komponierte er hauptsächlich Musik für Kinder. Nach der Wiedervereinigung veröffentlichte er das Album "Die 6-Uhr-13-Bahn". 1993 kehrte Lakomy auf die Bühne zurück und veröffentlichte im Jahr 2000 seine Autobiografie "Es war doch nicht das letzte Mal … Erinnerungen". Im Jahr 2013 starb Reinhard Lakomy an Lungenkrebs.

Manfred Schoof

Der Jazztrompeter und Komponist Manfred Schoof wurde 1936 in Magdeburg geboren. Er gilt als Wegbereiter des europäischen Free-Jazz und wird auch "der große Romantiker unter den in Deutschland wirkenden Jazz-Avantgardisten" genannt. Schoof gründete zwei Quintette, Anfang der 70er-Jahre das New Jazz Trio und 1980 das Schoof-Orchester. Lange Jahre arbeitete er mit dem Pianisten Rainer Brüninghaus zusammen. Auch in der Neuen Musik setzte er sich mit eigenen Interpretationen auseinander.

Manfred Schoof, ein Mann mit grauen Haaren im Anzug, er spielt Trompete
Jazztrompeter Manfred Schoof ist ein Pionier des modernen Jazz. Bildrechte: IMAGO / Thomas Frey

Manfred Schoofs musikalisches Schaffen war vielseitig. Er schrieb auch Kompositionen für Filme und Fernsehen, beispielsweise für "Die Sendung mit der Maus". Außerdem komponierte er Chor- und Orchesterwerke, etwa ein mit den Berliner Philharmonikern uraufgeführtes Trompetenkonzert. Schoof war außerdem seit 1981 Dozent für Trompete und Jazz-Geschichte an der Kölner Musikhochschule. Im Jahr 2006 wurde ihm das Bundesverdienstkreuz verliehen.

Bill und Tom Kaulitz: Tokio Hotel

Die Jahre 2005 und 2006 wurden geprägt von einer sehr jungen, aufstrebenden Band, die mit ihrem ersten Album "Schrei" einen wahnsinnigen Erfolg in Deutschland einfahren konnte: Tokio Hotel aus Magdeburg. Sie waren die Shootingstars des Jahres, und das, obwohl die Band nicht gecastet wurde, sondern es aus eigener Kraft ganz nach oben schaffte.

Tokio Hotel im Jahr 2009: Die Mitglieder der Band tragen schwarze Kleidung un posieren für die kamera.
Die Band Tokio Hotel (Aufnahme von 2009) stammt aus Magdeburg. Bildrechte: Universal Music

Im Mittelpunkt der Band stehen die Zwillinge Bill und Tom Kaulitz. Im September 1989 wurden sie in Leipzig geboren. Nach einigen Jahren in der Messestadt zog die Familie nach Magdeburg. Musikalisch wurden die Brüder früh von ihrem Stiefvater geprägt, einem Hardrock-Musiker. 2001 lernten die beiden Elfjährigen Georg Listing und Gustav Schäfer kennen und beschlossen, eine Band zu gründen. Unter dem Namen Devilish gaben sie viele Konzerte im Magdeburger Raum und wurden regional bekannt, bevor sie als Tokio Hotel Welterfolge feierten.

Olaf Malolepski

Der Schlagersänger Olaf Malolepski ist mit den Flippers bekannt geworden und mittlerweile als "Olaf der Flipper" ein erfolgreicher Solokünstler. Geboren wurde er 1946 in Magdeburg. Malolepski spielte in mehreren Bands, bevor er 1967 Mitglied der Dancing Show Band wurde, die sich 1969 in Die Flippers umbenannte. Noch im selben Jahr erschien ihr erster Hit "Weine nicht, kleine Eva". Bis zu ihrer Auflösung im Jahr 2011 veröffentlichten die Flippers 47 Studioalben und gewannen 60 Goldene Schallplatten. Sie waren 19 Mal in den Top 10 der deutschen Album-Charts vertreten.

Schlagersänger Olaf Malolepski in blauem T-Shirt und weißem Sakko, er singt in ein Mikrofon
Schlagersänger Olaf Malolepski feierte seine ersten Erfolge mit den Flippers. Bildrechte: IMAGO/Bildagentur Monn

Olaf Malolepski startete nach der Auflösung der Flippers eine Solokarriere und veröffentlichte bislang acht Soloalben. Überraschend gab es 2022 nochmal einen Hype um die Flippers: Ihr Song "Wir sagen danke schön" feierte ein Comeback. Durch mehrere Remixe wurde das Lied zum Charthit und Olaf Malolepski trat damit 2023 sogar beim Festival "Rock im Park" auf.

Stephan Bormann

Der Gitarrist Stephan Bormann wurde 1966 in Magdeburg geboren und gilt als einer der vielseitigsten Gitarristen Deutschlands. Er studierte in Dresden an der Hochschule für Musik "Carl Maria von Weber", wo er inzwischen selbst als Professor für Gitarre Jazz/Rock/Pop tätig ist. Seit über 20 Jahren tourt er mit dem Cristin Claas Trio und dem Gitarrenduo Hands On Strings. Außerdem ist er seit einigen Jahren mit dem 10 String Orchestra und dem Songland Trio live zu erleben.

Stephan Bormann ist auch als Komponist tätig und hat 2013 das "Solo Guitar Book" veröffentlicht, das verschiedene Ansätze zum Arrangieren für Solo-Gitarre vorstellt. Er hat mit diversen Künstlern zusammengearbeitet und Konzerte unter anderem mit Nils Landgren, Till Brönner, den Klazz Brothers, der Leipzig Big Band oder Günther Fischer gespielt.

Kunst und Architektur

Carl Krayl

Dem Architekten Carl Krayl hat Magdeburg seine bunten Häuser zu verdanken. Er gestaltete ab 1921 rund 100 Häuserfassaden mit futuristischen, dadaistischen und kubistischen Elementen. In Magdeburg erinnern heute außerdem das AOK-Gebäude an der Lüneburger Straße, die Siedlungen in Fermersleben, Neustadt und Cracau und sein letzter Bau, das Oli-Kino, an das architektonische Vermächtnis Krayls. Dieser ließ sich bei seinen Projekten von den Ideen der Architekturrichtung "Neues Bauen" leiten, die sich vor allem dem sozialen Wohnungsbau verschrieb.

Ein Schwarz-Weiß-Bild eines Mannes mit Hut
Machte Magdeburg bunt: Carl Krayl war als Architekt hauptsächlich in Magdeburg tätig. Bildrechte: MDR SACHSEN-ANHALT/Nachlass Familie Krayl

Krayl, der von 1890 bis 1947 lebte, wurde im Nationalsozialismus verfemt und in der DDR nicht beachtet, sodass seine Name lange in Vergessenheit geriet. Erst nach der Wende wurde der Architekt von der Kunsthistorikerin Ute Maasberg bei Recherchen zu ihrer Doktorarbeit wiederentdeckt. 2016 fand in Magdeburg am Kulturhistorischen Museum die erste große Ausstellung zu Carl Krayl statt, kuratiert von Michael Stöneberg. Seiner Einschätzung nach gehört "Krayl zu den wichtigsten Architekten der Moderne der 1920er-Jahre".

Katharina Heise

Die 1886 in Schönebeck bei Magdeburg geborene Katharina Heise war als Künstlerin ihrer Zeit weit voraus. Entgegen des Willens ihrer Eltern besuchte sie ab 1910 die Kunstgewerbeschule in Magdeburg sowie die Damen-Malschule in Dresden, wo sie in Kontakt zur Künstlergruppe Brücke stand. Da der Verkauf eigener Werke männlichen Künstlern vorbehalten war, arbeitete Heise bis 1931 unter dem Pseudonym "Karl Luis Heinrich-Salze". Während des Ersten Weltkriegs eröffnete sie mit ihrer ebenfalls künstlerisch tätigen Schwester ein Atelier in Berlin, das zum Treffpunkt für Kunstschaffende und Intellektuelle wie Max Liebermann und Heinrich Mann wurde.

Die Gips-Skulptur "Tag und Nacht" steht am 30.09.2014 bei einem Pressetermin zur Ausstellung "Die (Un-) Vergessene?" im Salzlandmuseum in Schönebeck/Elbe (Sachsen-Anhalt) in einer Vitrine.
Katharina Heises Gips-Skulptur "Tag und Nacht" ist eines ihrer Meisterwerke. Bildrechte: picture alliance / dpa | Jens Wolf

Auf Empfehlung von Käthe Kollwitz begann Katharina Heise schließlich, sich der Bildhauerei zu widmen und schuf zahlreiche Plastiken und Büsten. Sie wurde außerdem Mitglied im Berliner Frauenkunstverein, dem ältesten Berufsverband von Künstlerinnen im deutschsprachigen Raum. Im Nationalsozialismus wurde Heises Kunst als "entartet" diffamiert und verboten. Bevor sie 1964 starb, verdiente sie ihr Geld mit christlich geprägten Kleinplastiken und Gebrauchskeramik. Heute wird ihre Kunst unter anderem im New Yorker MOMA ausgestellt.

Kabarett

Rolf Herricht

Eines der prägenden Gesichter der DDR-Unterhaltungskultur war der 1927 in Magdeburg geborene Rolf Oskar Ewald Günter Herricht. Mit seinem unverwechselbaren Humor und seinem Talent, Situationskomik und Wortwitz perfekt zu vereinen, wurde er in den 60er- und 70er-Jahren zu einem Publikumsliebling. Besonders seine Zusammenarbeit mit Hans-Joachim Preil im legendären Komiker-Duo hinterließ bleibende Spuren. Ihre Sketche, in denen Herricht oft den naiven Part spielte, sorgten für unzählige Lachsalven und sind bis heute unvergessen.

Rolf Herricht in einer Aufnahme von 1980
Der Magdeburger Rolf Herricht war einer der Stars des DDR-Fernsehens der 60er und 70er Jahre. Bildrechte: MDR/ Klaus Winkler

Doch Herricht war mehr als nur Komiker: In zahlreichen DEFA-Filmen zeigte er auch seine ernstere schauspielerische Seite. Werke wie "Der Mann, der nach der Oma kam" oder "Geliebte weiße Maus" stehen exemplarisch für sein facettenreiches Können. 1981 starb er unerwartet während eines Theaterauftritts. Trotz seines frühen Todes bleibt Rolf Herricht eine feste Größe im kollektiven Gedächtnis der ostdeutschen Kulturgeschichte.

Quellen: Munziger Archiv, schernikau.net, Domenico Müllensiefen, Kanon Verlag, SWR, BR Klassik, Kulturstiftung des Landes Sachsen-Anhalt

Redaktionelle Bearbeitung: Valentina Prljic, Lilly Günthner, Viktoria Adler

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Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | MDR KULTUR Café | 24. März 2024 | 12:00 Uhr

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