Buchtipps Sommerferien 2024: Sechs tolle Bücher für Grundschüler

Wie kann man Zeit sichtbar machen? Wann ist dieses sogenannte "Jetzt"? In diesem Kindersachbuch bietet David Böhm vielfältige Herangehensweisen zum Thema Zeit – in einer verständlichen, aber nicht simplen Sprache und mit abwechslungsreichen visuellen Angeboten.

Das Kinderbuch ist als Wissenschaftsbuch des Jahres 2024 nominiert. Bildrechte: Karl Rauch Verlag

Der Autor denkt in Zeichnungen, Schaubildern und Fotos über Zeitempfinden, Zeitmessung oder auch Zeitzonen nach. Warum ist eine Stunde manchmal so schrecklich lang, warum kann ein ganzer Tag wie im Fluge vergehen? Was bedeutet Zeit für eine Eintagsfliege oder einen langlebigen Hai?

Vom Format her erinnert dieses Buch an einen persönlichen Kalender, in den man Termine einträgt oder auch Erlebnisse festhält. Das Cover ist mit seiner silberglänzenden Oberfläche fast wie ein Spiegel, wodurch auch Dimensionen fließend erscheinen. Dieses Buch ist philosophisch, liefert augenzwinkernd Denkanstöße und macht Zeit irgendwie erfahrbar.

Der zurückhaltende Henry ist gut darin, Sachen zu finden und sie ihren Besitzern zurückzubringen. Egal, ob es sich um ein Stofftier, einen Schlüsselbund, Gehstock oder sogar um ein verlorenes Gebiss handelt. Akribisch notiert der Neunjährige dabei alles in einem Heftchen: Fundstück, Fundort, Datum und ob die Rückgabe geklappt hat. Diese passiert immer heimlich und wird von Henry nur aus sicherer Entfernung beobachtet. Er käme nie auf die Idee, sich selbst vorzustellen. Das ändert sich mit Pippa.

Das berührende Kinderbuch "Henry Kolonko" handelt von Freundschaft und der Verarbeitung eines Verlusts. Bildrechte: Carlsen

Das muntere Mädchen ist in Henrys Haus gezogen und heftet sich - ohne große Umstände und mit viel Selbstbewusstsein - an seine Fersen und beteiligt sich schnell an seinen Streifzügen durch den Leipziger Süden. Gemeinsam finden Henry und Pippa eine weggelaufene Katze mit Knickohr, sie entdecken einen Satz-Schatz und finden heraus, warum der Nachbar so grimmig ist.

Das zu Herzen gehende Kinderbuch erzählt in einem herrlich unangestrengten Ton auch in seinen vielen Nebengeschichten vom Suchen und Finden, vom Verlorengehen, von endgültigem Verlust und bleibenden Erinnerungen. Bei allem zeigt sich, wie abenteuerlich, unterhaltsam und belebend es ist, eine beste Freundin zu haben.

Bei dieser komischen und rasanten Krimi-Komödie muss man beim Lesen genau hinschauen, sonst könnte einem doch glatt ein Hinweis entgehen. Wanda will einen gutgesicherten Tennisball mit berühmter Unterschrift aus einer Villa klauen. Warum, erfährt man erst am Ende. Aber mit wem, wird schnell klar: Desiree kann Unterschriften fälschen, der Meister wickelt alle Leute um den Finger, Kai ist ein Supersportler, Lynn kann mit Werkzeug umgehen und Schulze ist einfach gut darin, unauffällig zu sein.

"Was Wanda will": Der Krimi für Kinder erzählt von einem rasanten Coup und Teamwork. Bildrechte: Mixtvision

Diese talentierte Truppe führt – nach anfänglichem Widerstand – den spektakulären Diebstahl durch, auch wenn einiges nicht so läuft wie geplant. Sind sie vor Wanda noch Einzelgänger, sind sie nach dem Coup ein Team und enge Freunde.

Autorin Lena Hach hat bei den einzelnen Charakteren genau hingeschaut und ihre Figuren präzise ausgestaltet. Anhand der Sketchnotes, die den Coup genauer ausführen, werden die Leserinnen und Leser gekonnt zu Komplizen gemacht. Hier wird eine sehr unterhaltsame und spannende Krimi-Komödie für Kinder erzählt, die voller Situationskomik steckt und trotzdem ernste wie echte Zwischentöne enthält.

Boris hätte so gern ein Haustier, aber seine Eltern sind dagegen. Als seine 16-jährige Nachbarin ins Ausland geht, eröffnet sich eine ungeahnte Möglichkeit. Sie sucht jemanden, der Babette betreut. Doch was für ein Wesen ist Babette? Sie ist gelb, läuft auf zwei Beinen, mag Fernsehen und Flips und kann sogar sprechen. Ist sie ein Hamster? Ein Frettchen oder eine Katze? Irgendwie scheint hier keine Kategorie so richtig zu passen.

Der knallig-bunte Comic "Boris, Babette und lauter Skelette" ist für Kinder ab acht Jahren geeignet. Bildrechte: Kibitz Verlag

Vor seinen Eltern versteckt, richtet Boris Babette eine gemütliche Unterkunft in seinem Zimmer ein. Doch Babette wird immer trauriger. Es ist einfach zu wenig – wie sie meint – gruschelig in ihrem Versteck, denn Babette steht auf gruseliges Zeug wie "Schkelette" oder "Monschter". So harmlos-gelb wie Babette daherkommt, bringt sie Boris Leben dann doch gehörig auf Trapp und durcheinander.

In sechs Kapiteln erzählt der farbenfrohe Comic die skurrile Geschichte, in der ernste Themen wie Mobbing, Hautfarbe oder Zugehörigkeit einfließen. Die klare Bild-Text-Komposition, der leicht-lesbare Text sowie die witzige Farbgestaltung erleichtern schon geübten Erstleserinnen und -Lesern den Zugang zu dieser humorvollen, sehr unterhaltsamen Geschichte.

Das zermürbende Warten hat ein Ende: Endlich hat Royas Familie eine permanente Aufenthaltserlaubnis, lebt in Sicherheit und hat ein eigenes Haus. Und deshalb, das macht Roya ihren Eltern klar, ist es Zeit für ein Haustier. So zieht dann Mischka, das weiß-puschelige Zwergkaninchen, bei der aus Afghanistan geflüchteten Familie ein.

Diesem kleinen Wesen wird sehr viel Aufmerksamkeit geschenkt. Ihm vertraut Roya ihre wenigen Erinnerungen an die Flucht an, auch mit ihren drei älteren Brüdern und den Eltern kommt sie darüber ins Gespräch. Es ist das erste Mal, dass sie überhaupt davon sprechen, was ihnen vor fünf Jahren widerfahren ist.

Dem kleinen Kaninchen kann Roya in dem Kinderbuch "Mischka" alles erzählen. Bildrechte: Thienemann

Dieses Kinderbuch regt Verständnis und Mitgefühl an für das Thema Flucht. Hier gibt ein winziges, flauschiges Wesen einer ganzen Familie Hoffnung: Ihr seid in Sicherheit, ihr seid angekommen. Damit fächert sich das neue Leben für die verschiedenen Generationen auf, deren Erinnerungen ganz unterschiedlich sind. Das alles ist sehr kindgerecht geschrieben und ganz genau beobachtet.

Wie genau Wölfe leben, wie sie jagen und im Rudel zusammenleben, hat der polnische Wissenschaftler Michał Figura in zahlreichen Forschungsprojekten untersucht. Seine Erkenntnisse hat er nun auch in einer sehr anschaulichen Form aufbereitet. Zusammen mit Aleksandra Mizielińska und Daniel Mizieliński, die die acht Wolfsgeschichten grafisch und auch inhaltlich mit umgesetzt haben, hat er einen Kindersachbuch-Comic geschaffen, der uns einem Tier näherbringt, um das immer noch viele falsche Behauptungen kursieren.

Mit Bildern und gut recherchierten Geschichten erzählt dieses Sachbuch über den Wolf. Bildrechte: Moritz Verlag

Allerlei Geschichten und Fakten hat das Team zu diesem faszinierenden Tier zusammengetragen. Das Ganze ist als eine Art Realo-Comic angelegt. Das heißt: Die farbigen Panels sind auf Grundlage vieler Fotos oder auch Filmaufnahmen entstanden. Das Lese-Publikum erfährt zunächst, wie sich der Wolf etwa vom Hund unterscheidet, wo er lebt, wie er sich ernährt und fortpflanzt und wie das Leben im Rudel organisiert ist.

Manches hat man wohl geahnt oder gewusst, aber vieles ist doch überraschend und vor allem auch faszinierend. Der Wolf, trotz seiner Verwandtschaft mit dem vierbeinigen Menschenfreund wie Dackel, Pudel oder Husky scheint doch auch all das Nicht-zu-Zähmende zu sein, das wir für gewöhnlich mit dem Wort Natur umschreiben.

Am Ende wird, wer dieses Buch gelesen bzw. angeschaut hat, von diesem Wesen Wolf mindestens beeindruckt sein. Auf den 260 übersichtlich getexteten und bebilderten Seiten stehen Wissenschaft und Abenteuergeschichte gut verständlich und spannungsreich eng beieinander. Ein Sachcomic – ideal für Kinder und Erwachsene.

Redaktionelle Bearbeitung: vp