Advent Ein Licht im Advent: Die Geschichte des Herrnhuter Sternes
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19. November 2023, 16:08 Uhr
Neben dem Räuchermännchen, Krippe, Stollen und Weihnachtsoratorium ist auch der Herrnhuter Stern für viele Menschen im Advent und in der Weihnachtszeit unverzichtbar. Sein Markenzeichen sind die 25 Zacken. Seinen Ursprung hat der Herrnhuter Stern im Mathematikunterricht der Brüdergemeine vor 200 Jahren in der Oberlausitz in Sachsen. Auch zu DDR-Zeiten wurde er hergestellt – und devisenbringend in den Westen verkauft. Bis heute begeistert er mit seiner einzigartigen Form.
Das hätte sich der griechische Philosoph und Mathematiker Pythagoras nicht träumen lassen, dass einer seiner geometrischen Körper knapp 3.000 Jahre später als religiöses Symbol populär wird. Der Rhombenkuboktaeder ist nicht nur einer der 13 pythagoräischen Körper, sondern auch die Basis für den Herrnhuter Stern, dessen Geschichte vor 200 Jahren tatsächlich in einer Schulstube der Brüdergemeine in Herrnhut begann.
Ein findiger Lehrer hat dort das Basteln von Weihnachtsgeschenken mit dem Geometrieunterricht verbunden. Er fragte, was passiert, wenn man einem Würfel die Ecken abschneidet? Dann kann man daraus ein Rhombenkuboktaeder formen – einen Körper aus 18 Quadraten und acht Dreiecken – die Grundform eines Herrnhuter Sterns.
Stern von Bethlehem als Inspiration für Herrnhuter Stern
Für die Herrnhuter sei der Stern von Anfang mehr als ein mathematisches Modell gewesen, betont Erdmute Frank, Pfarrerin der Brüdergemeine. Nach der alttestamentarischen Schöpfungsgeschichte schuf Gott nicht nur Adam und Eva, sondern auch Himmel und Sterne.
Im Alten Testament wird prophezeit, dass ein Stern aus Jakob aufgehen wird, Jesus wird als Morgenstern bezeichnet – und dann ist da noch der berühmteste aller Sterne: der von Bethlehem. Dieser habe die Weisen aus dem Osten geführt, um dann den Star in der Krippe zu finden, sagt Pfarrerin Franke, also Jesus, das neugeborene Kind. Die traditionelle Farbgebung der Sterne in rot und weiß stehe für das vergossene Blut und die Reinheit von Christus.
Herrnhuter Stern: Von der Bastelei zur Manufaktur
Schon die allerersten in den Schulstuben von Herrnhut gebastelten Sterne reisten in die weite Welt. Die Kinder schickten sie ihren Eltern, die als Missionare in Grönland, Tansania, in Nordamerika oder der Karibik arbeiteten. In den 1890er-Jahren wurden die ersten Bastelbögen verschickt.
1897 entstand der Herrnhuter Stern in der heute noch gebräuchlichen Form. Der Herrnhuter Pieter Hendrick Verbeek konstruierte einen stabilen Metallrahmen, auf den sich die 25 Zacken aufschieben lassen. Das 26. Quadrat bleibt offen für eine Kerze, Petroleumlampe oder Glühbirne. Verbeeck ließ den Stern patentieren und begann mit der gewerblichen Produktion.
1925 wurde dafür eine eigene Firma gegründet, die neben Sternen auch Lampenschirme fertigt und in den 1930er-Jahren zum weltgrößten Lampenschirmproduzenten aufsteigt. In der DDR passierte dann etwas, was man beinahe als göttliches Wunder bezeichnen kann: Die Sterne-Manufaktur wurde 1968 reprivatisiert, nachdem sie 1950 verstaatlicht wurde.
Der Herrnhuter Stern symbolisiert ja den Stern von Bethlehem. Das hat vielleicht die staatlichen Einrichtungen veranlasst zu sagen, wir wollen doch lieber dieses Produkt zurück in die Hände der evangelischen Brüdergemeine geben.
Herrnhuter Sterne aus der DDR für den Westen
Die meisten der Herrnhuter Sterne wurden für Devisen in den Westen exportiert. Das erwies sich nach der friedlichen Revolution als ein Pluspunkt. Der Stern war bekannt und verkaufte sich weiterhin glänzend.
Über 700.000 Herrnhuter Sterne werden heute jährlich hergestellt. Sie leuchten in Kiew, Osaka, Washington, Ramallah, Detroit, Dresden und Düsseldorf. Herrnhuter Sterne strahlen heute nicht nur im traditionellen Rot-Weiß, sondern auch nur in Rot, Weiß oder Gelb, in Blau-Weiß oder Grün; in Kunststoff für den Außenbereich, zentimeterklein für Adventssträuße und Lichterketten oder mannsgroß für Kirchen und Kaufhäuser. Es gibt sie als Sondermodelle jedes Jahr in einer anderen Farbe und als limitierte Edition "Natur" mit floralen Motiven und aus traditionellem Kleisterpapier.
Ein Stern in Kirchen, Kaufhäusern, Weihnachtsmärkten
Das der Stern aus Herrnhut so erfolgreich ist, liegt nicht zuletzt an seiner perfekten Form, dem ästhetischen Wechsel von 17 größeren viereckigen und acht kleineren dreieckigen Zacken. Schon lange strahlt er nicht nur in den Häusern der Brüdergemeine, von evangelischen Kirchen, sondern ebenso in Kaufhäusern, Weihnachtsmärkten, Fußgängerzonen. Und holt uns damit ein bisschen Sternenhimmel auf Erden.
In der Brüdergemeine selbst baut man seit 200 Jahren alljährlich am ersten Advent einen Stern mit 110 Zacken zusammen und hängt ihn im Gemeindesaal auf. Das geduldige Zusammenbauen der Zacken hat dabei einen ganz besonderen Reiz, meint Gemeinhelferin der Brüdergemeine, Erdmute Frank: "Wenn wir Sterne herstellen, sind wir sozusagen ein Stückchen Gottes Handlanger."
Redaktionelle Bearbeitung: op
Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | 27. November 2022 | 11:00 Uhr