Der Aussichtspunkt Hexentanzplatz mit Blick über das Bodetal.
Heute ist der Hexentanzplatz einer der bekanntesten Aussichtspunkte der Region. Doch einst soll hier dunkle Magie ihr Unwesen getrieben haben. Bildrechte: picture alliance / imageBROKER | Stefan Schurr

Zur Walpurgisnacht Sagenumwobener Harz: Zehn magische Orte und ihre Legenden

30. April 2025, 11:17 Uhr

In der Walpurgisnacht – die Nacht zum 1. Mai – versammeln sich einem alten Volksglauben zufolge die Hexen auf dem Brocken. Doch im Harz gibt es noch viele weitere Mythen und Geschichten, die sich um Hexen, Teufel und andere märchenhafte Wesen drehen. Hier stellen wir Ihnen die zehn schönsten Sagen aus der Region vor.

Die Sage vom Hexentanzplatz

Wenn sich der Nebel über das Bodetal legt und der Wind um den Hexentanzplatz pfeift, erzählen sich Wanderer noch heute von Watelinde, der mächtigsten und schrecklichsten Zauberin im Harz. Sie war dafür berüchtigt, junge Mädchen zu ihren Verbündeten zu machen und sie der Zauberkunst zu lehren.

Der Kopf einer Hexe im Profil vor einem Feuer. Man sieht nur ihre dunklen Umrisse.
Jedes Jahr zur Walpurgisnacht kommen die Hexen auf dem Brocken zusammen. Bildrechte: picture alliance/dpa | Matthias Bein

In der Sage vom Hexentanzplatz geht es um die junge Hilda aus Thale, die an einem milden Sommerabend in den Wald geht, um Heilkräuter zu sammeln. Dort begegnet ihr Watelinde, die versucht, sie in ihr Reich zu locken. Doch Hilda gelingt es dank ihres Glaubens den Fängen der Zauberin zu entkommen. Als sich Hilda bekreuzigt, erhebt sich ein starker Wind und ein Sturm zieht auf. Er reißt Watelinde in die Lüfte und schleudert sie mit großer Wucht gegen einen Felsen. Dort, auf dem Hexentanzplatz, erstarrt sie zu Stein. Seitdem, so heißt es, wacht Watelinde als "Hexengroßmutter" noch immer über den Platz.


Das lebende Bild auf Burg Falkenstein

Hoch oben auf einem schroffen Felsen über dem Selketal thront die Burg Falkenstein. Stolz und sagenumwoben, als würde sie seit Jahrhunderten ein uraltes Geheimnis bewahren. Denn im Rittersaal der Burg, dort, wo unzählige Porträts früherer Gräfinnen und Grafen hängen, entdecken aufmerksame Besucherinnen und Besucher ein ganz besonderes Gemälde: Das Porträt einer blassen und geisterhaft wirkenden jungen Frau.

Eine mittelalterliche Burg mit einem hohen Turm thront auf einem Berg. Sicht von leicht unten.
Im Museum Burg Falkenstein gibt es spannende Ausstellungen und so manches Geheimnis zu entdecken. Bildrechte: picture alliance / ZB | Jens Wolf

Die Legende besagt, dass die zerbrechliche Gestalt im Porträt manchmal lebendig wird und ihren Rahmen verlässt. Einsam und traurig schwebt sie dann mit wehenden Schleiern durch die dunklen Gänge und alten Gemächer bis zur Kapelle. Dort hält sie inne, bevor sie umkehrt und wieder in ihr Gemälde eintaucht. Seit dem Ende des Grafengeschlechts soll sie nicht mehr in den Gängen der Burg gesehen worden sein. Doch wer allein durch die Burg streift, so sagt man, meint manchmal ein leises Rascheln oder trauriges Seufzen zu hören.

Die Barbarossasage

Tief im Kyffhäusergebirge, so sagt man, schläft seit Jahrhunderten Kaiser Barbarossa. In seinem unterirdischen Schloss sitzt er, verzaubert, an einem steinernen Tisch. Seine Krone trägt er noch und sein langer roter Bart ist längst um den Tisch herum gewachsen. In der Sage um Kaiser Barbarossa heißt es: Sobald die Raben den Kyffhäuser nicht mehr umkreisen, kommt Barbarossa aus seiner Höhle, um bessere Zeiten einzuläuten.

Skulptur von Kaiser Barbarossa auf dem Kyffhäuser
Jahrhundertelang soll Kaiser Barbarossa auf die Gunst der Stunde warten, um zu den Menschen zurückzukehren. Bildrechte: imago/NBL Bildarchiv

Aufmerksame Besucherinnen und Besucher der Barbarossahöhle können ihn anscheinend im Gestein erkennen. Für alle anderen lohnt sich auch der Besuch des Kyffhäuser. Dort thront er nämlich als Skulptur.


Das quellende Silber

Laut der Sage um das quellende Silber lohnt es sich manchmal, bescheiden zu sein. Eines bitterkalten Winters schickt ein armer Bauer aus der Nähe von Quedlinburg seine Tochter zum Holzsammeln in den Wald. Dort begegnet sie einem zauberhaften Männlein, das sie zu einer Lichtung führt. Auf der Lichtung quellen glänzend silberne Münzen aus der Erde hervor. Anstatt sich aber die Körbe mit Münzen vollzustopfen, sagt das Mädchen, dass es Holz zum Heizen und Kochen brauche und kein Silber. Zufrieden mit ihrer Antwort gibt das Männlein ihr einen Korb mit Silber und einen Korb mit Holz und lässt sie gehen. Von da an muss ihre Familie keine Not mehr leiden.

Symbolbild Wald: Zwischen Tannenwipfeln fallen Sonnenstrahlen auf eine Lichtung
In Sagen aus dem Harz wird oftmals den bescheidenen und anständigen Leuten aus der Not geholfen. Bildrechte: MDR/Lisa Wudy

Seitdem haben schon viele Menschen versucht, diese magische Lichtung zu finden. Aber bisher blieb sie allen anderen als dem Mädchen verborgen. Haben Sie Ihr Glück schon versucht?


Die Sage von der Teufelsmauer

In der Sage von der Teufelsmauer ist der Teufel kurz davor, das Harzgebirge an sich zu reißen. Laut Sage trifft er nämlich eine Abmachung mit Gott: Wenn der Teufel es schafft, in nur einer Nacht eine Grenzmauer zu errichten, die das Harzgebirge vom Harzvorland trennt, soll ihm das Harzgebirge gehören. Gott stellt allerdings eine Bedingung: Die Mauer soll stehen, bevor der erste Hahn kräht.

Schnee liegt auf der Felsformation der Teufelsmauer im Harz.
Der Teufelsmauerstieg ist 35 Kilometer lang und führt Wanderer von Blankenburg bis nach Ballenstedt. Bildrechte: IMAGO / imagebroker

Der Teufel macht sich an die Arbeit und erschafft einen meilenlangen, schmalen Bergrücken aus bizarren Gesteinsformen. Als die Mauer kurz vor dem Morgengrauen fast fertig ist, kommt eine Bäuerin vorbei. Sie trägt einen Hahn, den sie auf dem Markt in Blankenburg verkaufen will. Plötzlich stolpert sie und der Hahn beginnt vor Schreck zu krähen, bevor der letzte Stein in der Mauer verbaut ist. So verliert der Teufel das Harzgebirge. Vor Wut schleudert er den letzten Stein gegen sein Bauwerk. Die Überreste der Mauer stehen noch bis heute im nördlichen Harzvorland. Wir kennen sie unter dem Namen "Teufelsmauer".


Die drei Baumnymphen

In der Sage um die drei Baumnymphen bekommt ein einfacher Mann ein fruchtbares Stück Land an der Bode geschenkt. Er rodet das Gelände, um einen Hof darauf zu bauen. Dabei lässt er vorerst drei große Bäume stehen. In der Nacht begegnen ihm drei Nymphen. Sie bitten ihn inständig darum, ihre drei Lebensbäume nicht zu fällen, denn daran hänge ihr Leben.

Symbolbild: Ein Mann mit einer Sense in der Hand auf einer Blumenwiese. Hinter ihm Wald und Bäume.
Als der Mann morgens aufwacht, denkt er, er hätte das alles nur geträumt. Bildrechte: imago/Westend61

Als Dank dafür versprechen sie ihm und seiner Familie ewiges Glück und Wohlstand. Der Mann gibt ihnen sein Wort und fortan blüht sein Acker wie von Zauberhand. Über Generationen bringt das Land reiche Ernten. Doch als ein Nachfahre des Mannes die alten Bäume fällt, weil er der Geschichte nicht glaubt, verlässt das Glück die Familie.


Die Sage um den Walfisch am Wernigeröder Schloss

Am Schloss in Wernigerode hing jahrzehntelang ein gewaltiger Walknochen. Wie das passiert ist, erzählt die Sage um den Walfisch am Wernigeröder Schloss. Darin heißt es, dass das Schloss während einer schlimmen Flut mal fast von einem riesigen Seeungeheuer verschlungen wurde. Um das zu verhindern, stellte der Graf dem Ungeheuer eine Falle. Er hängte einen Köder aus dem Fenster eines hohen Turms. Der Koloss schnappte zu, konnte sich nicht mehr befreien und blieb an der Schlossmauer hängen. Dadurch verebbte die Flut und das Schloss und seine Bewohnerinnen und Bewohner waren gerettet. Nur noch der große Knochen erinnerte an den unglaublichen Vorfall. Bis 2014 konnte er noch von Besucherinnen und Besuchern des Schlosses bestaunt werden.

Aussicht auf Schloss Wernigerode, Wernigerode, Harz, Sachsen-Anhalt
Einer Sage zufolge soll das Schloss Wernigerode während einer schlimmen Flut fast von einem riesigen Seeungeheuer verschlungen worden sein. Bildrechte: imageBROKER/Andreas Vitting

Der Lügenstein zu Halberstadt

In der Sage vom Lügenstein zu Halberstadt hilft der Teufel dabei, den Halberstädter Dom zu errichten. Er denkt nämlich fälschlicherweise, dass die Menschen ein Wirtshaus bauen wollen. Voller Vorfreude hilft er heimlich beim Bau. Als er endlich merkt, dass das Bauwerk kein Wirtshaus werden soll, will er den fast fertigen Dom zerstören. Durch eine List halten die Menschen den Teufel aber davon ab. Sie schlagen ihm vor, neben dem Dom eine Schenke zu bauen. Der Teufel willigt ein, schleudert aber zur Mahnung einen Felsbrocken mitten auf den Domplatz. Der sogenannte Lügenstein liegt noch heute dort, um die Menschen an ihr Versprechen zu erinnern.

Ein großer Stein liegt auf einer Wiese vor der Mauer einer Kirche.
Die Delle im Stein, so erzählt man sich, stammt vom glühenden Daumen des Teufels selbst. Bildrechte: IMAGO / imagebroker

Iwa und der Waldgeist

Die Sage "Iwa und der Waldgeist" erzählt von einer Zeit, als die Menschen im Harz noch in Einklang mit der Natur lebten. Als eines Tages Iwa ein kleines Dorf im Nordharz besucht, gerät das Gleichgewicht allerdings ins Wanken. Er probiert die rote Beere der Eberesche und findet sie so köstlich, dass er nicht genug von ihr bekommt. Statt achtsam mit der Beere und dem Baum umzugehen, nimmt er sich gierig mehr, als er braucht, bricht Äste ab und reißt Blätter aus. Wütend wegen Iwas Verhalten, belegt ein Waldgeist die Beeren mit einem Fluch, der dafür sorgt, dass nur noch Vögel sie essen können. Seitdem sind sie für Menschen ungenießbar. Und so heißen die Beeren der Eberesche bis heute Vogelbeeren.

Rote Beeren hängen an einem Strauch.
Der Sage nach waren Vogelbeeren vor langer, langer Zeit noch essbar und lecker. Bildrechte: colourbox

Die Sage von der Rosstrappe

Der Rosstrappenfelsen erhebt sich, nicht weit von Thale, hoch über dem Bodetal. Unter ihm ein reißender Fluss. Auf dem Felsvorsprung ist ein eigenartiger, hufförmiger Abdruck im Stein, der dem Felsen seinen Namen gibt. Wie dieser Abdruck entstanden ist, erzählt die Sage von der Rosstrappe.

Blick von der Rosstrappe auf den Fluss Bode und das Bodetal.
Vor diesem Abgrund stand Brunhilde mit ihrem Pferd. Ihre Wahl: Den Riesen heiraten oder den Sprung ins Ungewisse wagen... Bildrechte: IMAGO / Peter Schickert

Sie führt zurück in eine Zeit, als der Harz noch das Reich der Riesen war. Es geht um Brunhilde, die starke Tochter des Riesenkönigs. Sie weigert sich, den finsteren Riesen Bodo zu heiraten. Als er sie eines Tages durch den Wald verfolgt, um sie zur Heirat zu zwingen, flieht Brunhilde auf ihrem riesigen Pferd. Die Verfolgung endet, als das Pferd plötzlich am Rand eines tiefen Abgrunds zum Stehen kommt. Unter ihnen der rauschende Fluss. Mutig wagt Brunhilde trotzdem den Sprung über die Kluft.

Dabei fällt ihre Krone ins reißende Gewässer. Sie und ihr Pferd landen aber sicher auf dem gegenüberliegenden Felsvorsprung, wo sich der Huf des Tieres tief in den Stein eingräbt. Auch Bodo springt mit seinem Pferd über den Fluss. Doch stürzt er der Krone hinterher in die Tiefe. Seitdem, so heißt es, wird der Fluss "Bode" genannt. Und genau dort, an der tiefsten Stelle des Flusses, soll Bodo noch heute die goldene Krone der Königstochter bewachen. Und der Felsvorsprung mit dem Hufabdruck von Brunhildes Pferd heißt noch heute Rosstrappe.

Geländer auf dem Rosstrappenfelsen sorgen dafür, dass Besucher ohne Gefahr in das Bodetal bei Thale im Naturschutzgebiet Bodetal schauen können. Im Vordergrund befindet sich der Hufabdruck, die das Pferd von Brunhilde hinterlassen hat, als sie auf der Flucht das Bodetal übersprang
Das ist der Sage nach der Hufabdruck von Brunhildes riesigem Pferd und heute ein beliebtes Ausflugsziel. Bildrechte: IMAGO / Hohlfeld

Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | 24. April 2025 | 14:15 Uhr

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