Finanzielle Lage von Naturkundemuseen Warum das "Mauritianum" in Altenburg so erfolgreich ist
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21. Februar 2020, 18:50 Uhr
Naturkundemuseen fehlt es nicht selten an finanziellen Mitteln und räumlicher Kapazität. In Altenburg sieht das anders aus: Dort behauptet sich das "Mauritianum" beharrlich gegen alle Trends. Das Haus konnte in den letzten Jahren die Mitarbeiterzahl um ein Vielfaches erhöhen, auch das Museumsbudget wächst und wächst. Wie kann das funktionieren?
Noch vor 15 Jahren hätte Mike Jessat es sich vermutlich nicht vorstellen können, als ausgebildeter Museologe einmal in den praktischen Artenschutz einzusteigen. Damals war er bereits Mitarbeiter am Mauritianum, einem Haus, das Anfang der 2000er-Jahre langsam totgespart wurde. Der Landkreis als Träger stellte immer weniger Geld zur Verfügung, sechs Mitarbeiter mussten sich drei Stellen teilen. Für Sammlungsankäufe hatte das Haus ein Jahresbudget von weniger als 200 Euro.
Naturforschende Gesellschaft als Träger
So kam es zu einem folgenschweren Schritt: Das Museum ging in die Trägerschaft des Vereins "Naturforschende Gesellschaft" über. Der Landkreis schießt seitdem jedes Jahr konstant 300.000 Euro zu. Und das Museum muss sich um alles weitere kümmern. "Mit diesem Deal ist der Landkreis gut gefahren", so Jessat. "Ansonsten hätte es heißen müssen, es wird immer teurer oder es schrumpft immer mehr zusammen." Und die Naturforschende Gesellschaft habe durch die Trägerschaft ganz neue Wege gehen können.
Kuhfladen als Rückszugsort
So steht Mike Jessat, der inzwischen Direktor des Mauritianums ist, auf einer Wiese zwischen Altenburg und Schmölln und stößt mit dem Fuß gegen einen kleinen Berg dicker Kuh-Köttel. "Es sind schon die ersten Löcher drin hier", ruft er. Unter den Kuhfladen sei schon einiges los: "Jetzt gestern waren es 15 Grad, das reicht ja schon, dass die ersten Mistkäfer rumkrabbeln."
Bis vor kurzem war diese Wiese noch ein ganz normaler Acker. Dann aber übernahm das Museum Mauritianum: Gemeinsam mit der Nabu-Stiftung kaufte es die Fläche und "extensiviert" sie nun, heißt: Der Natur wird freie Bahn gelassen, sodass ein natürlicher Rückzugsort für Insekten und Kleintiere entstehen kann.
Investition in Artenschutzprojekte – und Personal
Jessat hat die Freiheit, die durch die Trägerschaft der Naturforschende Gesellschaft entstanden ist, seit 2007 vollends ausgekostet: Er ist zu einem Profi in der Beantragung von EU-Fördergeldern geworden, derzeit laufen neun große Artenschutzprojekte über das Museum. Auf diese Weise konnte er sein Budget verzehnfachen, auf nunmehr drei Millionen Euro im Jahr. Und den Mitarbeiterstamm konnte er auf 40 Personen erhöhen. Darunter ist auch Biologin Anja Rohland.
"Vorteil ist wirklich, dass man relativ spontan mit Ideen kommen kann. Und da auch den Freiraum hat, das zu machen", sagt Rohland. Das setze natürlich den Freiraum voraus, dass man gewisses Maß an Eigeninitaive mitbringt. Rohland hat gerade erst eine Kindergartengruppe im Museum empfangen, nun sitzt sie gemeinsam mit Jessat im Kinder-Laboratorium des Museums.
Mehr als nur "Sterbebegleiter" sein
Denn im Mauritianum greift alles ineinander: Forschungsarbeit, Bildungsarbeit, Sammlungsarbeit und natürlich Ausstellungsarbeit. Für Direktor Jessat ein Konzept, das gut aufgeht. Es habe ihn nie erfüllt, das Schwinden der Artenvielfalt immer nur zu dokumentieren.
"Wir als Museumsmitarbeiter wollten selbst aktiv werden. Mit dieser neuen Freiheit, die wir bekommen haben, haben wir die Möglichkeit, das draußen in der Landschaft selbst umzusetzen", sagt der Museumsdirektor. Genau das sei heute eine der großen Stärken des Mauritianums. Das Museum berichte drüber, dass nicht alles schlechter, sondern besser wird, so Jessat: "Und das befriedigt natürlich viel mehr, als nur Sterbebegleiter zu sein."
Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | 21. Februar 2020 | 18:50 Uhr