5 Gründe Meisterwerk in Dresden: Warum die "Sixtinische Madonna" so berühmt ist
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24. Oktober 2023, 11:25 Uhr
Schon im 18. Jahrhundert war Dresden ein Anziehungspunkt für Kunstinteressierte. Gerade für Menschen aus dem Norden Europas war die wunderbare Kunstsammlung mit antiken Statuen und Meisterwerken der Renaissance das erste Ziel auf dem Weg nach Italien. Dazu gehört auch die "Sixtinische Madonna" – die beste Mariendarstellung des Malers Raffael und wohl das berühmteste Gemälde der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden (SKD). Warum es auch eines der populärsten Bilder der Kunstgeschichte ist, erklären wir hier.
Raffaelo Sanzio war ein Rockstar der Kunstwelt – nur mit weniger Skandalen. Zeitig wurde der Künstler Vollwaise. Vermutlich erhielt er von seinem Vater erste Lektionen in Malerei. Als Elfjähriger wurde er in die Werkstatt des Meisters Perugino aufgenommen, mit dem er bald mithalten konnte. Bereits in jungen Jahren, sozusagen als Teenager, wurde er mit wichtigen Aufträgen betraut und sogar vom Papst nach Rom geholt.
Der frühe Erfolg und die Aura eines Wunderkinds mehrten seinen Ruhm. Dazu kam sein unerwartet früher Tod mit nur 37 Jahren. Dass die Todesursache wohl für immer unklar bleiben wird – manche vermuten eine falsche Behandlung nach einer Geschlechtskrankheit, andere Malaria oder die Pest –, nährt den Legendenstatus. Schon der Name des Künstlers trägt also zur Popularität des Gemäldes bei und ist der erste Grund für dessen Berühmtheit.
Alle wollten einen Raffael – auch Sachsen
Doch nicht nur das: Als italienischer Künstler der Renaissance, der auch regelmäßig im Dienst der Kirche stand, malte Raffael die Mutter Gottes mehrfach. Die "Sixtinische Madonna" gilt als seine beste Mariendarstellung – der zweite Grund. Der Ruhm des Malers wirkte lange nach, im 18. Jahrhundert wollte jeder Hof, der etwas auf sich hielt, einen Raffael. So schickte auch August III. seine Agenten von Dresden nach Italien, um einen Raffael aufzutreiben. Und sie wurden tatsächlich fündig – in der Klosterkirche San Sisto in Piacenza, wo das Altarbild kaum zugänglich war.
Doch die Mönche brauchten Geld, um ihre Kirche renovieren zu können, so begannen zweijährige Verhandlungen über das Gemälde. Am Ende musste der Fürst politische und diplomatische Muskeln spielen lassen und neben dem stattlichen Kaufpreis auch viel Zoll bezahlen. Doch das war es ihm wert: Der Legende nach schob er sogar seinen Thron zur Seite, um das Gemälde gebührend zu empfangen.
Klare Botschaft des Meisterwerks
Das alles erklärt jedoch noch nicht, warum so viele Menschen von diesem Bild begeistert sind. Es könnte an der unmittelbaren Wirkung liegen. Schon der Aufbau des Gemäldes ist von unaufdringlicher und einnehmender Einfachheit: Die drei großen Figuren bilden zusammen ein Dreieck, in dessen Spitze die Madonna mit dem Kind steht. So wird das Mutter-Kind-Paar ins Zentrum gerückt.
Doch wer sind die anderen beiden Figuren?: In der Kirche Piacenza, für die Papst Julius II. das Bild in Auftrag gab, liegen Überreste der Heiligen Barbara und des Papstes Sixtus II. Beide sind auch auf dem Gemälde dargestellt. Die heilige Barbara wurde der Legende nach von ihrem Vater in einem Turm eingesperrt, um sie vor der Außenwelt zu beschützen – deswegen zeigt auch der Turm am Bildrand die Frau als jene Heilige, bei der in der katholischen Kirche um Schutz vor dem plötzlichen Tod gebeten wird. Sixtus II. auf der anderen Seite steht für die Verbindung zum Diesseits, zur Welt – darum weist sein Finger direkt auf die Betrachter*innen.
In dieser Botschaft liegt der dritte Grund für den Ruhm: Das Himmlische ist uns ganz nah. Öfter sind Vorhänge auf Gemälden zu sehen, die dem Publikum ein Gefühl von Nähe geben sollen. So entsteht im Fall der "Sixtinischen Madonna" das Gefühl, dass sich diese Szene hinter jedem Fenster ereignen könnte. Hinzu kommt die einnehmende Aura der Szenerie: Maria wirkt nicht entrückt, sondern menschlich mit ernstem Blick. Das Kind in ihrem Armen scheint ungewöhnlich ruhig und schaut weise in die Welt. Diese Erhabenheit wird auch durch die klare Farbgebung unterstrichen, wobei das Nebeneinander von Blau, Rot und Grün typisch ist für den Maler Raffael.
Von Dresden in die Welt: Solo-Karriere der Putten
Die Stimmung wird zugleich verstärkt durch die beiden Engelchen am Bildrand. Gelangweilt stützen sich die Putten auf eine Art Fensterbrett und schaffen so erneut Nähe: Sie lehnen auf der Schwelle zu unserer Welt, die ihre somit erreichbar macht. Doch vor allem in ihrem gelangweilten Blick können sich die Betrachter*innen wiederfinden: Darin spiegelt sich das Warten und die Ungeduld, dass die bessere Zeit endlich kommen soll.
Die Solo-Karriere der Engelchen ist der vierte Grund für die Berühmtheit der Sixtinischen Madonna. Gegen Ende des 18. Jahrhunderts wurde es möglich, in großer Menge zu vervielfältigen. Das wurde auch mit den Putten am Bildrand gemacht. Ab 1803 wurde das Motiv beispielsweise auf Postkarten verschickt. So waren sie schnell in der ganzen Welt präsent und wegen ihres fast schon einzigartigen Blicks beliebt. Es war eine für die damalige Zeit beispiellose Marketing-Kampagne, die bis heute nachwirkt. Denn immer noch sind die Engelchen auf Etiketts von Sektflaschen präsent und werden tausendfach parodiert.
Umjubelte Rückkehr 1955 nach Dresden
Der fünfte und letzte Grund ist vermutlich kaum noch präsent, aber dennoch prägend für die heutige Stellung des Werks – und in gewisser Weise von einer neuen Relevanz: Immer wieder musste das Kunstwerk vor dem Krieg versteckt werden. So auch in den 1940er-Jahren, als Bomben auf Dresden fielen. Damals wurde das Bild außerhalb von Dresden versteckt – in einem Eisenbahntunnel bei Großcotta. Dort fand es schließlich die Rote Armee, die das Meisterwerk als eine Art Kriegstrophäe nach Moskau brachte. Zehn Jahre später kehrte das Gemälde unter großem Jubel nach Deutschland zurück. Von dieser Reise erzählte 1960 ein Film und sorgte für neue Bekanntheit. Damals erhielt das Bild auch als Zeichen der Versöhnung einen besonderen Platz in Dresden, den das Werk bis heute hat.
Weitere Informationen (zum Ausklappen)
Die "Sixtinische Madonna" von Raffael ist in den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden, in der Gemäldegalerie "Alte Meister" zu sehen.
Adresse:
Zwinger
Theaterplatz 1, 01067 Dresden
Öffnungszeiten:
Dienstag-Sonntag: 10 bis 17 Uhr
Montag geschlossen
An Öffnungstagen werden 11 und 14 Uhr Führungen durch die Dauerausstellung angeboten. Außerdem gibt es auch regelmäßig interaktive, digitale Führungen.
Barrierefreiheit:
Der stufenlose Zugang zur Gemäldegalerie "Alte Meister" ist über den Theaterplatz möglich (Fahrstuhl schräg gegenüber des Haupteinganges zum Museum).
Es finden regelmäßig Führungen für Blinde und Sehbehinderte, Führungen für Gehörlose mit Gebärdendolmetscher sowie Führungen für Besucher mit Lernschwierigkeiten in leichter Sprache statt.
Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | 24. August 2022 | 08:40 Uhr