Kulturelle Ausflugsziele Wohin am Wochenende? Tipps für Dessau, Pirna und Rudolstadt

Im Nachbarshof steht ein Birnbaum, hoch wie eine Dorfkirche. Noch trägt er. Man kann sich auf den Balkon legen (wenn man temperaturresistent ist) und zuhören, wie in unregelmäßigen Abständen eine Frucht durch die Äste rast und unten mit einem dumpfen Flump aufkommt. Oder ist es ein Plumps, ein Knall, ein Plock? Das überlasse ich Ihnen. Ich jedenfalls kann da lange zuhören. Aber irgendwann muss auch ich wieder aufstehen und mich um das Wochenende kümmern. Hier kommen die Ergebnisse.

Vorab eine kleine Warnung: Das Lesen dieses Wochenendtipps kann Ohrwürmer hervorrufen. (Ich bin bereits Leidtragende.) "Kein schöner Land" heißt ein Theaterabend mit Volksliedern in Rudolstadt. Volkslieder: ernsthaft? Mein voller Ernst. Unser MDR KULTUR-Kritiker sagt sogar: ein Geniestreich, und: "Denn obwohl es keine großartige Handlung rundherum gibt, keine ausdrücklich politische Ebene, kann man diesen Abend als hochpolitisch wahrnehmen." Weil zum Beispiel der Begriff "Heimat" denen weggenommen werde, die ihn für ihre Zwecke ausnutzten. Weil der Abend ganz ohne Botschaft auskomme und genau deswegen eine habe.

Und worum geht es in den Volksliedern: um Krieg, Frieden, Heimweh, Liebeskummer, Abschied oder Sehnsucht – Jahrhundertthemen eben, die versteht jede*r, dargeboten von einem großartigen Ensemble. Es heißt, die Stimmung im Publikum sei geradezu ausgelassen. Am Sonntag, 15 Uhr, ist die letzte Vorstellung – auf der Freilichtbühne an den Thüringer Bauernhäusern, ziehen Sie sich also warm an.

Kinder werden heutzutage bei jeder Gelegenheit fotografiert, die Bilder gerahmt, verschickt, teilweise auf Social-Media-Plattformen zur Schau gestellt, ohne dass sich die Kinder wehren können. Doch es gab eine Zeit, in der niemand auf die Idee gekommen wäre, ein Kind abzubilden. Lange galten Kinder als kleine unvollständige Erwachsene. Das änderte sich wohl erst langsam ab dem 17. Jahrhundert.

In der Anhaltischen Gemäldegalerie Dessau im Schloss Georgium untersucht die Ausstellung "Kindsköpfe", wie sich Kinderporträts vom Barock bis zur Romantik veränderten. Da sind Gemälde zu sehen, auf denen Aristokraten ihren Nachwuchs als reiche, gesunde und herrschaftsfähige Heiratskandidaten in starrer Pose anpreisen. Irgendwann kommen die Bilder in Bewegung, gefährliche Hunde stehen neben Knirpsen voll kindlicher Anmut. Auf einem Gemälde von Philipp Otto Runge aus dem Jahr 1805 steht "Die kleine Luise Perthes" auf einem Stuhl am Fenster. Vielleicht legt sie ihre Hand an den Hals, weil er enger zu werden droht, wenn sie daran denkt, dass das mit dem Großwerden vielleicht nicht so einfach wird. Genauso geht es vielen Kindern heute auch noch. Klingt nach einer nachdenklich stimmenden Ausstellung mit Bildern, die viel erzählen über uns Menschen.

Wie war das: Reden ist Silber, Schweigen ist Gold. Aber wer schreibt, der bleibt. Und damit lassen Sie uns die Floskelkiste lieber wieder schließen, die brauchen Sie am Wochenende in Pirna nun wirklich nicht. Denn dort beginnt das alljährliche Festival "Pirna schreibt": für alle von 8 bis (mindestens) 200 Jahren. In verschiedenen Workshops bekommen Sie Anleitung zum Schreiben von Fantasy, Kurzgeschichten, Lyrik oder wie man richtig flaniert. Möglicherweise entdecken Sie dabei ein kleines wohliges Zuhause in Ihrem Kopf, das nur Ihnen gehört.

Zu den Workshop-Leiterinnen gehört zum Beispiel Ruth-Maria Thomas, die momentan mit ihrem Roman-Debüt "Die schönste Version" auf der Longlist für den Deutschen Buchpreis steht. "Pirna schreibt" findet nicht nur am 14. und 15. September statt, sondern auch am Wochenende darauf. Am 22. September ist dann der abschließende Lesespaziergang – dann können Sie Ihre Texte dem Publikum präsentieren. Hier geht es zum Festival. Übrigens: Am Samstagabend liest außerdem der Schauspieler Götz Schubert in der Stadtbibliothek aus Erich Kästners "Fabian" – die Veranstaltung gehört zum Festival.

Immer wieder hängen Sie auf den Straßen: Gesuchtzettel mit entlaufenen Katzen. Bleiben Sie stehen und lesen sich diese Zettel durch, oder gehen Sie weiter? Ich habe dieses Jahr auch schon solche Vermisstenplakate aufgehängt. Dann bekam ich einen Anruf von den "Superfreunden", zwei Illustratoren und Urban-Art-Künstler: Ob sie den Zettel für den neuen "Streunerkalender" benutzen dürfen? Jetzt ist der Kalender fertig: "Streuner – Von Katzen in Freiheit".

Unser Kater Freddy, den wir dann auch wiedergefunden hatten, ist der September-Boy – also eher "Girl". Denn dank der witzigen Collage sitzt sein Katerkopf auf dem Körper einer Dame in Bluse und wird von einem Mann angeschmachtet. Zum Kugeln! Andere Katzen sind z. B. als Autofahrer oder Astronauten in Szene gesetzt.

Mein Kater ist jedoch vor ein paar Monaten gestorben (was ganz schlimm ist, immer noch), er war alt und krank. Aber mit diesem lustigen Kalender hat er jetzt ein übermütiges Nachleben. Schauen Sie doch mal nach auf Superfreunde.eu. Oder machen Sie einen Spaziergang und halten Sie Ausschau nach Zetteln und vermissten Katzen.

Noch mehr Tipps, zum Beispiel zu Streaming-Highlights in der ARD Audiothek und Mediathek, gibt’s in unseren Newslettern. Ob Filme, Serien, Podcasts oder Dokus – jede Woche bekommen Sie ausgewählte Empfehlungen unserer Autor*innen zum Hören und Binge-Watchen direkt in Ihr Postfach. Zum Beispiel "5 Gründe für die Doku "Wut" oder "5 Podcasts über Klimakrise bis KI". Hier geht's zur Anmeldung für die Mediathekstipps und die Audiothekstipps.