Auf dem Schwarz-weiß-Foto schneiden zwei Männer anderen zwei Männern die Haare - es handelt sich um Aktionskunst der Gruppe "Clara Mosch" in der DDR
Gegründet in den 70ern im damaligen Karl-Marx-Stadt, bestand die Künstlergruppe "Clara Mosch" bis November 1982, losgelöst vom Kunst-Ideal der DDR. Ihre Mitglieder, allen voran Thomas Ranft und Michael Morgner, sind nach wie vor prägende Künstler der Stadt. Bildrechte: Lindenau-Museum Altenburg, Archiv Ralf-Rainer Wasse, VG Bild-Kunst Bonn, 2025

Kulturelle Ausflugstipps Wohin am Wochenende? Tipps für Chemnitz, Kalbe und Bad Langensalza

06. März 2025, 15:30 Uhr

Für das erste Wochenende im März empfehlen wir in unseren Tipps die Ausstellung über die Gruppe "Clara Mosch" in der Kulturhauptstadt Chemnitz. Die Aktionskünstler übten damals auf kreative Weise Widerstand gegen die Kulturpolitik in der DDR. In der Künstlerstadt Kalbe in der Altmark ist gerade der jährliche Wintercampus: Alle Ateliers sind geöffnet. Wunderbar ausruhen lässt sich dagegen im Japanischen Garten in Bad Langensalza mit seinen Wasserfällen, heiligen Bäumen und geharkten Kiesflächen.

Man muss stets die Augen offenhalten, sonst verpasst man wichtige Details. Letztens wollte ich einfach so an einem Brückenpfeiler vorbeirennen und entdeckte gerade noch so aus den Augenwinkeln, dass da ein Zettel klebte. Auf ihm stand: "Giersch statt Gier!". Das ist mal eine klare Botschaft! Toll, wie einem Lösungen angeboten werden und dazu noch gratis. Vielleicht sollten wir am Wochenende alle ein paar kluge Zettel aufhängen? Jetzt kommen erstmal die Tipps – denn die Gier nach Kultur gilt immer, sogar in der Fastenzeit.

Chemnitz: Widerstand mit Kunst

Eine Zettelklebeaktion mit verwirrenden Botschaften: Ob das der Künstlergruppe "Clara Mosch" gefallen hätte? Die gründete sich in den Siebzigern und verstand sich als Brandstifter – und manchmal verbrannten die Aktionskünstler ihre Kunst tatsächlich, öffentlich natürlich: Man befand sich im Widerstand gegen die DDR-Kulturpolitik. Gemälde mit glücklich lachenden Arbeitern konnte man bei "Clara Mosch" lange suchen. Sie veranstalteten lieber Aktionen unter freiem Himmel, filmten sich zum Beispiel beim Hinlegen auf einen Plattenweg auf Hiddensee (Siehe Bild oben). Ein bisschen Unsinn soll manchmal schon auch dabei gewesen sein, sagt einer der Mosch-Künstler.

Auf dem schwarz-weiß-Foto sieht man Menschen in regelmäßigen Abständen auf einem Weg liegen, rechts und links weite Felder. Der Ort ist Hiddensee und es handelt sich um eine Kunst-Aktion der Gruppe "Clara Mosch".
Das Pleinair "Plattenweg" schuf die Gruppe "Clara Mosch" 1975 auf Hiddensee. Ein Pleinair bedeutet so viel wie Kunst unter freiem Himmel. Bildrechte: Lindenau-Museum Altenburg, Archiv Ralf-Rainer Wasse, VG Bild-Kunst Bonn, 2025

Nach wenigen Jahren löste sich die Gruppe 1982 auf, die Stasi tat das ihre dazu. Die Kunstsammlungen Chemnitz würdigen dieses Kapitel der lokalen Kunstgeschichte nun mit einer Sonderausstellung. Es wurde sogar ein Salon erschaffen, der den Räumlichkeiten der historischen "Galerie Oben" nachempfunden ist: dem Herzstück der kurzen Kunst-Bewegung im damaligen Karl-Marx-Stadt. Zu sehen sind Videos über die Performances, Plakate, Objekte, Druckgrafiken. Außerdem finden wechselnde Begleitausstellungen statt sowie Künstler*innengespräche, Vorträge, Lesungen und Filmvorführungen.

Service-Informationen zur Ausstellung (zum Ausklappen)

"Galerie Oben und Clara Mosch. Künstlerische Freiräume in Karl-Marx-Stadt"
20. Februar 2025 bis 15. Februar 2026

Wo:
Kunstsammlungen am Theaterplatz
Theaterplatz 1
09111 Chemnitz

Wann:
Dienstag, Donnerstag bis Sonntag, Feiertag: 11 bis 18 Uhr
Mittwoch: 14 bis 21 Uhr

Ein Raum der Ausstellung soll monatlich wechselnd Einzelpräsentationen verschiedener Künstlerinnen und Künstlern zeigen – darunter Thomas Ranft, Michael Morgner, Núria Quevedo, Gerhard Altenbourg, Hans Brockhage, Carlfriedrich Claus, Dagmar Ranft-Schinke, Gregor-Torsten Kozik, Lutz Dammbeck, Klaus Hähner-Springmühl, Erich Wolfgang Hartzsch und Irene Bösch. Eröffnet wird jede Einzelpräsentation an jedem dritten Mittwoch im Monat mit einer Abendveranstaltung, die an die sogenannten Mittwochsveranstaltungen der "Galerie oben" erinnern soll.

Kalbe: Eine Stadt im Kunst-Fieber

Dass in Kalbe dieser Tage geheimnisvolle Zettel auftauchen, liegt im Bereich des Möglichen, denn in dem Altmark-Städtchen regiert momentan die Kunst in Form des alljährlichen Wintercampus. Einen Monat lang arbeiten 14 Künstler*innen aus sieben Nationen in wunderschönen Kleinod-Häusern: Sie zeichnen, modellieren, tanzen, fotografieren, schreiben oder machen verrückte Dinge mit ihrer Stimme. Dabei beziehen sie auch die Einwohner*innen mit ein, zum Beispiel Kitas und Seniorenheime. Alle sind an der Gestaltung der Stadt beteiligt (einige ehemalige Stipendiaten sind mittlerweile sogar hierhergezogen).

Blick auf den Kulturhof, ein saniertes Fachwerkhaus im Sonnenschein und unter blauem Himmel in Kalbe
Der Kulturhof in Kalbe: Hier leben die Künstlerinnen und Künstler während des Wintercampus. Bildrechte: Künstlerstadt Kalbe e.V.

Als die Künstlerin Corinna Köbele vor Jahren nach Kalbe kam, verliebte sie sich in die Stadt und dachte: Wieso macht hier niemand was mit den vielen leeren Häusern. So rief sie Stipendien ins Leben, schuf Räume, in denen Kreativität wuchern darf und etablierte schließlich die "Künstlerstadt".

Service-Informationen zum Wintercampus (zum Ausklappen)

Wintercampus in der Künstlerstadt Kalbe

Atelier-Rundgang am Samstag, 8. März, 14 Uhr
Lesung mit Charlotte Döhrmann am Sonntag, 9. März, 14 Uhr

Bad Langensalza: Langmut im Japanischen Garten

Und nun zu einem Ort, an dem wildgeklebte Zettel völlig fehl am Platz sind: der Japanische Garten in Bad Langensalza. Auch, wenn es bis zur Kirschblüte noch ein bisschen hin ist, gibt es hier Erholung für Auge und Geist in Form von heiligen Bäumen und anmutigen Steinanhäufungen. Plätschernde Wasserfälle massieren ihre Gedanken, zufriedene Kois ziehen ihre Bahnen im Teich unter den Seerosen. Tiefe Kontemplation erlangen Sie ganz sicher, wenn Sie auf das in Wellen geharkte Kiesfeld schauen. Eine Stunde sollten Sie dafür mindestens einplanen – bedenken Sie: Allein die Ausbildung in der Kunst des Kiesrechens (Kare-san-sui) dauert in Japan schon 12 Jahre.

Koiteich mit Stegen und Brücke und Gebäuden im japanischen Stil
Der Japanische Garten in Bad Langensalza. Bildrechte: MDR/Hendrik Sachs

Klingt so, als könnte man hier den Wahnsinn unserer Zeit anhalten. Es heißt auch, auf der sogenannten Zickzackbrücke soll man böse Geister hinter sich lassen können (falls Sie Bedarf haben). Oder Sie trinken einen Tee im Teehaus. In Japan heißt das eben nicht nur: Teebeutel in die Tasse, Wasser drauf. Viel Spaß beim Trainieren Ihrer Langmut.

Eine Frau und ein Mann sitzen sich auf Knien in einem japanisch eingerichteten Raum gegenüber. 1 min
Bildrechte: Mitteldeutscher Rundfunk
1 min

Pünktlich zum Frühjahresbeginn wurden die ersten Besucher mit einem Glas Sekt persönlich empfangen. Der Garten lädt bis Oktober ein, in die asiatische Kultur abzutauchen.

MDR FERNSEHEN Sa 01.03.2025 19:14Uhr 00:26 min

https://www.mdr.de/nachrichten/thueringen/nord-thueringen/unstrut-hainich/garten-oeffnung-langensalza100.html

Rechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Video

Service-Informationen zum Japanischen Garten (zum Ausklappen)

Japanischer Garten

Wo:
Kurpromenade
99947 Bad Langensalza

Wann:
März bis Oktober
täglich 10 Uhr bis 19 Uhr

Eintritt:
4 Euro, ermäßigt 3 Euro

Das Mitführen von Hunden ist nicht gestattet.

Der persönliche Tipp: Tanz!

Wollen Sie mal etwas richtig Schönes sehen? Etwas, bei dem Ihre Augen förmlich rund werden beim Zuschauen? Dann gucken Sie bitte hier in die arte-Mediathek, dort gibt es einen Tanzabend mit dem kanadischen "Ballet BC" aus Vancouver, bekannt für seinen mutigen und innovativen Stil.

Das Ballett besteht aus drei Teilen, choreografiert von Imre und Marne van Opstal, Medhi Walerski und Johan Inger. Letzterer schuf übrigens auch die aktuelle "Schwanensee"-Version an der Semperoper Dresden (die Aufführung am Samstag dort ist leider ausverkauft). Aber mir gefallen vor allem die ersten beiden Stücke. "Heart Drive" handelt von Liebe, Lust und Verlangen und "Silent Tides" zeigt eine intime Choreografie für ein Tänzerpaar (so toll!). Das ist so sinnlich, ach was rede ich, es ist manchmal sogar sexy.

Zugegeben etwas fad von mir, angesichts der derzeitigen Hinwendung des Wetters zur Freundlichkeit Ihnen etwas für "Drinnen" zu empfehlen. Aber: Der Tanzabend ist nur noch bis zum Montag zu sehen und verschwindet dann aus der Streaming-Welt. Es ist also Dringlichkeit geboten.

Im Programm bei: MDR KULTUR – das Radio am 20.02.2025, 8:40 Uhr | MDR Sachsen-Anhalt Heute am 25.02.2025 um 19 Uhr | MDR FERNSEHEN am 01.03.2025, 19:15 Uhr.

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