Ein Schwarz-Weiß-Foto: Breakdance-Formation tanz in der DDR vor dem sowjetischem Ehrendenkmal in Stralsund 1986
Die Breakdance-Formation Melodics tanzt 1986 vor dem sowjetischem Ehrendenkmal in Stralsund 1986. Bildrechte: Frank Salewski

Kulturelle Ausflugsziele Wohin am Wochenende? Tipps für Annaberg-Buchholz, Dessau und Suhl

26. September 2024, 15:30 Uhr

Endlich Wochenende! Wir empfehlen Ihnen eine Ausstellung mit Kunstwerken aus geklöppelter Spitze im Erzgebirgsmuseum in Annaberg-Buchholz. In Dessau findet ein ganzes Wochenende mit Workshop, Film, Vortrag, Diskussion und Party zum ostdeutschen HipHop statt: Die Veranstalter wollen, dass dieser in die Liste des Immateriellen Kulturerbes aufgenommen wird. Mit einer Konzert-Lesung in Suhl geben Frank Fröhlich und Hilmar Eichhorn Einblicke in die Plattensammlung des Schriftstellers Hans Fallada.

Dieser Tage kommt es vor, dass Menschen Panik bekommen, wenn sie von "abbaden" sprechen oder von "abgrillen". Ja, Sommer, der ist nun wohl vorüber. Und wer weiß, wie lange die Übergangsjackenzeit noch dauert (Übergangsjacke, ich liebe dieses Wort). Dabei tauschen wir den Sommer doch nur gegen den Herbst, mit seinen freundlichen Kürbissen und dem Blättertango. Gestern ist mir schon eine Kastanie auf den Kopf gefallen – mit einem behaglichen Geräusch. Und zeigte Wirkung, denn sofort fiel mir ein: Ha! Bald ist Wochenende.

Annaberg-Buchholz: Vom Spitzendeckchen zur Klöppel-Kunst

Herbstwetter ist Bastelzeit. Wer jedoch zu Hause schon jetzt aus jeder Ecke von diesen selbstgemachten Kastanien-Eichel-Wesen angestarrt wird, muss sich womöglich eine neue Beschäftigung suchen. Ich werfe das Klöppeln ins Rennen. Nicht nur im Erzgebirge – auf der ganzen Welt wird geklöppelt, und hierzulande zählt diese Technik zur Spitzenerzeugung zum Immateriellen Kulturerbe.

Im Erzgebirgsmuseum Annaberg-Buchholz gibt es eine Sonderausstellung des Bildungsvereins der Kunsthandwerke Prag (auch dort pflegt man die Textilkunst). Das sind nicht Omas Spitzendeckchen (die natürlich auch prima sind), sondern zarte Kunstwerke. Manche Spitzen-Gebilde, die an taubedeckte Spinnweben des Altweibersommers erinnern, wurden anhand von künstlerischen Fotos in Klöppelsprache umgesetzt.

ein kunstvoll geklöppeltes Bild aus Spitze, zu sehen in einer Ausstellung im Erzgebirgsmuseum Annaberg-Buchholz
Kunstwerke aus geklöppelter Spitze sind in einer Ausstellung im Erzgebirgsmuseum in Annaberg-Buchholz zu sehen. Bildrechte: Erzgebirgsmuseum Annaberg-Buchholz

Ich verstehe nichts vom Klöppeln, finde es aber faszinierend: diese endlose Geduld dabei, diese vielen, verwirrenden Hölzchen, die schönen Klickerklacker-Geräusche. In der Ausstellung "Von der Idee zum Kunstwerk" gibt es nicht nur Spitzenwerke zu bestaunen, sondern man erfährt auch etwas über die einzelnen Arbeitsschritte bei den Handarbeitstechniken.

Weitere Informationen zur Ausstellung (zum Ausklappen)

Was
Von der Idee zum Kunstwerk
Sonderausstellung des Bildungsvereins der Kunsthandwerke Prag
14. September 2024 - 2. Februar 2025

Wo
Erzgebirgsmuseum
mit Silberbergwerk "Im Gößner"
Große Kirchgasse 16
09456 Annaberg-Buchholz

Wann
Di bis So: 10:00 bis 17:00 Uhr



Harzmuseum
Klint 10
38855 Wernigerode

Öffnungszeiten
Dienstag bis Samstag, 10 bis 17 Uhr
Sonntag, 10 bis 16 Uhr
montags geschlossen

Eintritt
4 Euro
Kinder (7 bis 17 Jahre) 2 Euro

Dessau: HipHop in Ostdeutschland

Bereits Mitte der achtziger Jahre schwappte der HipHop aus der New Yorker Bronx nach Ostdeutschland. Zwischen Ostsee und Erzgebirge entstand damals eine eigene Subkultur. Auch in Dessau-Roßlau gab und gibt es HipHop. Dort bemüht man sich seit einiger Zeit, dass "ostdeutscher HipHop" in die Liste des Immateriellen Kulturerbe aufgenommen wird (ja, genau wie das Klöppeln!). Zum Auftakt der Kampagne dazu findet am Wochenende eine zweitägige Veranstaltung statt. Mit Workshop, Filmvorführung, Vorträgen, Podiumsdiskussion und natürlich Party.

Ein Schwarz-Weiß-Foto: Breakdance-Formation tanz in der DDR vor dem sowjetischem Ehrendenkmal in Stralsund 1986
Die Breakdance-Formation Melodics tanzt 1986 vor dem sowjetischem Ehrendenkmal in Stralsund 1986. Bildrechte: Frank Salewski

Zur kurzen Einstimmung empfehle ich den Titel "HipHop in der DDR" von der früheren Leipziger HipHop-Band B.Side The Norm (gibt’s auf YouTube). Für eine längere Kontaktaufnahme gibt es die MDR-Doku "Back in the days – Hip Hop und die DDR" (auch auf YouTube) oder das neue MDR-Feature "Elbtal-Bronx: Breaken, Platten und Graffitti – HipHop-History in Dresden". Und wenn Ihnen dann immer noch kühl sein sollte wegen des herbstlichen Wetters – es gilt: Tanzen ist die wärmste Jacke! Es muss ja nicht gleich Breakdance sein – für Musik ist an diesem Wochenende in Dessau jedenfalls gesorgt.

Weitere Informationen (zum Ausklappen)

Programm, Termine und Orte finden Sie auf der Website des Landesheimatbundes Sachsen-Anhalt.

Suhl: Die Plattensammlung von Hans Fallada

Der Schriftsteller Hans Fallada hat viel durchgemacht in seinem Leben – seine glücklichsten Jahre verlebte er in seinem Haus in Carwitz bei Feldberg, heute übrigens als wunderschönes kleines Museum zu besuchen. Dort wohnte er mit seiner Frau Suse und den Kindern Uli, Mücke und Achim. In dem Buch "Heute bei uns zu Haus" erzählt er heiter von diesem Leben zwischen Familie, seinen Bienen, dem Hund Brumbusch, häuslichen Pflichten und dem Alltag als Schriftsteller. Wenn es hieß: "Ruhe, jetzt wird gearbeitet!“ schloss sich die Tür zum Arbeitszimmer. Lauter wurde es sicher, wenn seine Schellackplatten-Sammlung zum Einsatz kam.

Schwarz-Weiß-Foto: Schriftsteller Hans Fallada mit seinen Kindern
Der Schriftsteller Hans Fallada mit zwei seiner Kinder im Garten seines Hauses in Carwitz. Bildrechte: picture-alliance / akg-images | akg-images

Schlager, Volkslieder und Klassik aus dieser Sammlung werden in einer Konzert-Lesung am Freitagabend, 20 Uhr, in der Villa Sauer in Suhl lebendig. Der Musiker Frank Fröhlich intoniert und der Schauspieler Hilmar Eichhorn liest. Herausgekommen ist also eine Konzert-Lesung, im Rahmen des Festivals "Provinzschrei".

Weitere Informationen zum Museum (zum Ausklappen)

"Porträt meiner Kinder"
Konzert-Lesung mit Frank Fröhlich und Hilmar Eichhorn

Wo
Villa Sauer
Bahnhofstraße 20
98527 Suhl

Wann
27. September, 20 Uhr

Der persönliche Tipp: Victor Klemperers Tagebücher

Ich bin gerade dabei, den Podcast "Die Geschichte geht weiter – Victor Klemperers Tagebücher 1918-1959" zu hören. In 15 einstündigen Folgen liest Udo Samel (großartig!) Auszüge aus den Tagebüchern, die Historikerin Leonie Schöler führt am Anfang jeder Folge in das jeweilige Geschehen ein.

In manchen Folgen schnürt es einem den Hals zu. Der Literatur-Professor Klemperer schildert minutiös, wie er in Dresden den Alltag der Judenverfolgung erlebt. Wie die NS-Diktatur ihn demütigt und ihm jegliche Luft zum Atmen nimmt. Überlebt hat er diese Zeit wohl nur wegen seiner "Mischehe" (was für ein garstiges Wort) mit seiner "arischen" Frau Eva Schlemmer.

Sie hören unter anderem von der Weimarer Republik, von der Bombardierung Dresdens und den Anfangsjahren der DDR. Und natürlich tauchen auch hier einige von Klemperers Notizen über die Nazi-Sprache im Dritten Reich auf, die später zu seinem Buch "LTI" führten. Ein eindrückliches Zeitdokument. 

Schwarz-Weiß-Foto von  Victor Klemperer
Victor Klemperers Tagebücher thematisieren den Alltag in der Weimarer Republik, im Nationalsozialismus, im gespaltenen Nachkriegsdeutschland sowie in der frühen DDR. Bildrechte: picture alliance / dpa | Fotoreport

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